Wenn die Schienenwege sich als das wichtigste Mittel zur Verbreitung der Cultur und Verallgemeinerung der Interessen erwiesen haben, müssen wir gleichwohl die schnellfahrenden Oceandampfer als die wahren und gewissermaßen typischen Träger des Weltverkehrs ansehen. Der un- geheuere Aufschwung, den der Austausch von materiellen und geistigen Gütern auf unserem Planeten seit Schöpfung des Dampfverkehrs zur See genommen, wäre an sich ein schwerwiegender Beweis von der segensvollen Bedeutung dieses modernen civilisatorischen Mittels.
Wie dort, auf dem Festlande, sind auch zur See die maßgebenden Factoren Dampf und Eisen. Die Dampfschiffahrt hat uns in rascher Folge bis dahin unbekannte Absatz- und Productionsgebiete erschlossen, sie hat die räumlichen Ver- hältnisse, welche gerade auf den Oceanen zu maßgebender Geltung kommen, erheblich modificirt, sie hat den Kampf mit den Naturgewalten aufgenommen, indem sie dem Winde einen stärkeren Motor, dem Wellendrange einen stärkeren Schiffskörper -- den eisernen -- entgegensetzte; sie hat schließlich ermöglicht, daß in die entlegenen Einsamkeiten des Erdballes Leben einströmte. Zuletzt darf nicht übersehen werden, daß nur die großen eisernen Dampfer in der Lage waren, jene großartigen sub- marinen Kabellegungen zu bewerkstelligen, welche vollends alle Raum- und Zeit- verhältnisse im internationalen Verkehr verschoben und den großartigen Apparat des modernen Weltverkehrs krönten.
Der Dampfbetrieb zur See hatte indeß weit größere Schwierigkeiten zu über- winden als jener zu Land, obwohl beide Bestrebungen so ziemlich gleichalterig sind. Im Jahre 1786 war es Murdock, einem Arbeitsgenossen James Watt's, gelungen, das Modell eines Dampfwagens herzustellen und eine Versuchsfahrt mit demselben zu bewerkstelligen; nur zwei Jahre später (1788) durchfurchte ein vom Mechaniker William Symington construirter Versuchsdampfer den Spiegel des Sees von Dalstwinton. Allerdings hatte schon mehr als sieben Jahrzehnte
Erſter Abſchnitt.
Die Entwickelung des eiſernen Schiffbaues.
Wenn die Schienenwege ſich als das wichtigſte Mittel zur Verbreitung der Cultur und Verallgemeinerung der Intereſſen erwieſen haben, müſſen wir gleichwohl die ſchnellfahrenden Oceandampfer als die wahren und gewiſſermaßen typiſchen Träger des Weltverkehrs anſehen. Der un- geheuere Aufſchwung, den der Austauſch von materiellen und geiſtigen Gütern auf unſerem Planeten ſeit Schöpfung des Dampfverkehrs zur See genommen, wäre an ſich ein ſchwerwiegender Beweis von der ſegensvollen Bedeutung dieſes modernen civiliſatoriſchen Mittels.
Wie dort, auf dem Feſtlande, ſind auch zur See die maßgebenden Factoren Dampf und Eiſen. Die Dampfſchiffahrt hat uns in raſcher Folge bis dahin unbekannte Abſatz- und Productionsgebiete erſchloſſen, ſie hat die räumlichen Ver- hältniſſe, welche gerade auf den Oceanen zu maßgebender Geltung kommen, erheblich modificirt, ſie hat den Kampf mit den Naturgewalten aufgenommen, indem ſie dem Winde einen ſtärkeren Motor, dem Wellendrange einen ſtärkeren Schiffskörper — den eiſernen — entgegenſetzte; ſie hat ſchließlich ermöglicht, daß in die entlegenen Einſamkeiten des Erdballes Leben einſtrömte. Zuletzt darf nicht überſehen werden, daß nur die großen eiſernen Dampfer in der Lage waren, jene großartigen ſub- marinen Kabellegungen zu bewerkſtelligen, welche vollends alle Raum- und Zeit- verhältniſſe im internationalen Verkehr verſchoben und den großartigen Apparat des modernen Weltverkehrs krönten.
Der Dampfbetrieb zur See hatte indeß weit größere Schwierigkeiten zu über- winden als jener zu Land, obwohl beide Beſtrebungen ſo ziemlich gleichalterig ſind. Im Jahre 1786 war es Murdock, einem Arbeitsgenoſſen James Watt's, gelungen, das Modell eines Dampfwagens herzuſtellen und eine Verſuchsfahrt mit demſelben zu bewerkſtelligen; nur zwei Jahre ſpäter (1788) durchfurchte ein vom Mechaniker William Symington conſtruirter Verſuchsdampfer den Spiegel des Sees von Dalstwinton. Allerdings hatte ſchon mehr als ſieben Jahrzehnte
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Erſter Abſchnitt.
Die Entwickelung des eiſernen Schiffbaues.
Wenn die Schienenwege ſich als das wichtigſte Mittel zur Verbreitung
der Cultur und Verallgemeinerung der Intereſſen erwieſen haben,
müſſen wir gleichwohl die ſchnellfahrenden Oceandampfer als die
wahren und gewiſſermaßen typiſchen Träger des Weltverkehrs anſehen. Der un-
geheuere Aufſchwung, den der Austauſch von materiellen und geiſtigen Gütern auf
unſerem Planeten ſeit Schöpfung des Dampfverkehrs zur See genommen, wäre an
ſich ein ſchwerwiegender Beweis von der ſegensvollen Bedeutung dieſes modernen
civiliſatoriſchen Mittels.
Wie dort, auf dem Feſtlande, ſind auch zur See die maßgebenden Factoren
Dampf und Eiſen. Die Dampfſchiffahrt hat uns in raſcher Folge bis dahin
unbekannte Abſatz- und Productionsgebiete erſchloſſen, ſie hat die räumlichen Ver-
hältniſſe, welche gerade auf den Oceanen zu maßgebender Geltung kommen, erheblich
modificirt, ſie hat den Kampf mit den Naturgewalten aufgenommen, indem ſie dem
Winde einen ſtärkeren Motor, dem Wellendrange einen ſtärkeren Schiffskörper —
den eiſernen — entgegenſetzte; ſie hat ſchließlich ermöglicht, daß in die entlegenen
Einſamkeiten des Erdballes Leben einſtrömte. Zuletzt darf nicht überſehen werden,
daß nur die großen eiſernen Dampfer in der Lage waren, jene großartigen ſub-
marinen Kabellegungen zu bewerkſtelligen, welche vollends alle Raum- und Zeit-
verhältniſſe im internationalen Verkehr verſchoben und den großartigen Apparat
des modernen Weltverkehrs krönten.
Der Dampfbetrieb zur See hatte indeß weit größere Schwierigkeiten zu über-
winden als jener zu Land, obwohl beide Beſtrebungen ſo ziemlich gleichalterig
ſind. Im Jahre 1786 war es Murdock, einem Arbeitsgenoſſen James Watt's,
gelungen, das Modell eines Dampfwagens herzuſtellen und eine Verſuchsfahrt
mit demſelben zu bewerkſtelligen; nur zwei Jahre ſpäter (1788) durchfurchte ein
vom Mechaniker William Symington conſtruirter Verſuchsdampfer den Spiegel
des Sees von Dalstwinton. Allerdings hatte ſchon mehr als ſieben Jahrzehnte
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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