Dicke beim New-Yorker Caisson bildeten. Um die Caissons luftdicht zu machen, wurden alle Fugen kalfatert und überdies die Innenseiten der Caissons theils mit Blech- platten bekleidet, theils mit wasserdichtem Anstrich versehen. Die Arbeitskammern waren durch fünf starke Querwände in sechs Abtheilungen getheilt, eine An- ordnung, die sich aus der Erwägung ergab, daß im Falle des Entweichens der comprimirten Luft nicht die ganze Last auf den Rändern der Seitenwände zu ruhen komme.
Zur Verbindung mit der Außenwelt dienten bei jedem Caisson zwei Luft- schachte von mehr als einem Meter Durchmesser. Sie mündeten an der Decke der Caissons in die wasserdicht ausgezimmerten Hohlräume der Pfeiler, durch welche die Arbeiter auf- und abstiegen. Die Luftschleusen befanden sich beim Brooklyner Caisson am oberen Ende des Schachtes, unmittelbar über der Decke des Caissons, während sie beim New-Yorker Caisson nach unten verlegt und paarweise an jedem Luftschacht angebracht wurden, um dem ganzen Arbeitercontingent von 120 Mann mit einemmale den Ein- und Austritt zu gestatten. Die Materialförderung fand durch entsprechende Wasserschachte statt, die aus Kesselblech hergestellt waren und gleichfalls durch die Hohlräume der Pfeiler führten. Durch successive Verlängerung wurden sie immer über Hochwasser gehalten. In jedem dieser Caissons arbeitete eine zangenartig sich schließende Cumming'sche Baggerschaufel, welche das Material in die Höhe förderte. Daß aber diese Wasserschachte leicht zu einer großen Calamität werden konnten, zeigte ein Zwischenfall beim Brooklyner Caisson, die demselben verhängnißvoll hätte werden können. Es war an einem Sonntagmorgen, bei tiefem Ebbestand, als plötzlich ein Wasserschacht mit ungeheuerem Getöse "ausgeblasen" wurde, Wasser, Steine und Schlamm bis zu der ungeheueren Höhe von 150 Meter emporschleudernd. Durch diese plötzliche Entleerung der Luftkammer wurde auf den Caisson ein Druck von etwa 18.000 Tonnen ausgeübt; er hielt jedoch Stand und erlitt außer der Zerknickung mehrerer Querwände, in Folge einer plötzlichen Senkung, keine nennenswerthe Beschädigung.
Eine andere interessante Einrichtung waren die "Sandausbläser" im New- Yorker-Caisson, die eine höchst vehemente Thätigkeit entwickelten und in zwei Minuten einen Cubikmeter Sand entfernten. Der um die untere Mündung aufgeschaufelte Sand wurde bis zu 150 Meter Höhe emporgeschleudert; mitgerissene Steine ver- letzten die Arbeiter, indem sie ihnen die Finger wegrissen, oder die Arme zer- schmetterten. Die Luftzuführung erfolgte durch Compressoren mit Dampfbetrieb. Großer Vorsicht bedurfte es, um in den hölzernen Caissons den Ausbruch von Feuers- brünsten zu verhüten. Trotzdem trat dieser Fall wiederholt ein und gelegentlich nahm ein solcher Brand derartige Dimensionen an, daß er bis zur sechsten Balken- lage vordrang und der Caisson unter Wasser gesetzt werden mußte. Die Aufstellung des Brooklyner Caissons hatte 27 Monate in Anspruch genommen. Er enthält über 3000 Cubikmeter Holz und 250 Tonnen Eisen; die in ihm geförderte Aushub- masse betrug 15.000 Cubikmeter.
Der eiſerne Brückenbau.
Dicke beim New-Yorker Caiſſon bildeten. Um die Caiſſons luftdicht zu machen, wurden alle Fugen kalfatert und überdies die Innenſeiten der Caiſſons theils mit Blech- platten bekleidet, theils mit waſſerdichtem Anſtrich verſehen. Die Arbeitskammern waren durch fünf ſtarke Querwände in ſechs Abtheilungen getheilt, eine An- ordnung, die ſich aus der Erwägung ergab, daß im Falle des Entweichens der comprimirten Luft nicht die ganze Laſt auf den Rändern der Seitenwände zu ruhen komme.
Zur Verbindung mit der Außenwelt dienten bei jedem Caiſſon zwei Luft- ſchachte von mehr als einem Meter Durchmeſſer. Sie mündeten an der Decke der Caiſſons in die waſſerdicht ausgezimmerten Hohlräume der Pfeiler, durch welche die Arbeiter auf- und abſtiegen. Die Luftſchleuſen befanden ſich beim Brooklyner Caiſſon am oberen Ende des Schachtes, unmittelbar über der Decke des Caiſſons, während ſie beim New-Yorker Caiſſon nach unten verlegt und paarweiſe an jedem Luftſchacht angebracht wurden, um dem ganzen Arbeitercontingent von 120 Mann mit einemmale den Ein- und Austritt zu geſtatten. Die Materialförderung fand durch entſprechende Waſſerſchachte ſtatt, die aus Keſſelblech hergeſtellt waren und gleichfalls durch die Hohlräume der Pfeiler führten. Durch ſucceſſive Verlängerung wurden ſie immer über Hochwaſſer gehalten. In jedem dieſer Caiſſons arbeitete eine zangenartig ſich ſchließende Cumming'ſche Baggerſchaufel, welche das Material in die Höhe förderte. Daß aber dieſe Waſſerſchachte leicht zu einer großen Calamität werden konnten, zeigte ein Zwiſchenfall beim Brooklyner Caiſſon, die demſelben verhängnißvoll hätte werden können. Es war an einem Sonntagmorgen, bei tiefem Ebbeſtand, als plötzlich ein Waſſerſchacht mit ungeheuerem Getöſe »ausgeblaſen« wurde, Waſſer, Steine und Schlamm bis zu der ungeheueren Höhe von 150 Meter emporſchleudernd. Durch dieſe plötzliche Entleerung der Luftkammer wurde auf den Caiſſon ein Druck von etwa 18.000 Tonnen ausgeübt; er hielt jedoch Stand und erlitt außer der Zerknickung mehrerer Querwände, in Folge einer plötzlichen Senkung, keine nennenswerthe Beſchädigung.
Eine andere intereſſante Einrichtung waren die »Sandausbläſer« im New- Yorker-Caiſſon, die eine höchſt vehemente Thätigkeit entwickelten und in zwei Minuten einen Cubikmeter Sand entfernten. Der um die untere Mündung aufgeſchaufelte Sand wurde bis zu 150 Meter Höhe emporgeſchleudert; mitgeriſſene Steine ver- letzten die Arbeiter, indem ſie ihnen die Finger wegriſſen, oder die Arme zer- ſchmetterten. Die Luftzuführung erfolgte durch Compreſſoren mit Dampfbetrieb. Großer Vorſicht bedurfte es, um in den hölzernen Caiſſons den Ausbruch von Feuers- brünſten zu verhüten. Trotzdem trat dieſer Fall wiederholt ein und gelegentlich nahm ein ſolcher Brand derartige Dimenſionen an, daß er bis zur ſechſten Balken- lage vordrang und der Caiſſon unter Waſſer geſetzt werden mußte. Die Aufſtellung des Brooklyner Caiſſons hatte 27 Monate in Anſpruch genommen. Er enthält über 3000 Cubikmeter Holz und 250 Tonnen Eiſen; die in ihm geförderte Aushub- maſſe betrug 15.000 Cubikmeter.
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Der eiſerne Brückenbau.
Dicke beim New-Yorker Caiſſon bildeten. Um die Caiſſons luftdicht zu machen, wurden
alle Fugen kalfatert und überdies die Innenſeiten der Caiſſons theils mit Blech-
platten bekleidet, theils mit waſſerdichtem Anſtrich verſehen. Die Arbeitskammern
waren durch fünf ſtarke Querwände in ſechs Abtheilungen getheilt, eine An-
ordnung, die ſich aus der Erwägung ergab, daß im Falle des Entweichens der
comprimirten Luft nicht die ganze Laſt auf den Rändern der Seitenwände zu
ruhen komme.
Zur Verbindung mit der Außenwelt dienten bei jedem Caiſſon zwei Luft-
ſchachte von mehr als einem Meter Durchmeſſer. Sie mündeten an der Decke der
Caiſſons in die waſſerdicht ausgezimmerten Hohlräume der Pfeiler, durch welche
die Arbeiter auf- und abſtiegen. Die Luftſchleuſen befanden ſich beim Brooklyner
Caiſſon am oberen Ende des Schachtes, unmittelbar über der Decke des Caiſſons,
während ſie beim New-Yorker Caiſſon nach unten verlegt und paarweiſe an jedem
Luftſchacht angebracht wurden, um dem ganzen Arbeitercontingent von 120 Mann
mit einemmale den Ein- und Austritt zu geſtatten. Die Materialförderung fand
durch entſprechende Waſſerſchachte ſtatt, die aus Keſſelblech hergeſtellt waren und
gleichfalls durch die Hohlräume der Pfeiler führten. Durch ſucceſſive Verlängerung
wurden ſie immer über Hochwaſſer gehalten. In jedem dieſer Caiſſons arbeitete
eine zangenartig ſich ſchließende Cumming'ſche Baggerſchaufel, welche das Material
in die Höhe förderte. Daß aber dieſe Waſſerſchachte leicht zu einer großen Calamität
werden konnten, zeigte ein Zwiſchenfall beim Brooklyner Caiſſon, die demſelben
verhängnißvoll hätte werden können. Es war an einem Sonntagmorgen, bei tiefem
Ebbeſtand, als plötzlich ein Waſſerſchacht mit ungeheuerem Getöſe »ausgeblaſen«
wurde, Waſſer, Steine und Schlamm bis zu der ungeheueren Höhe von 150 Meter
emporſchleudernd. Durch dieſe plötzliche Entleerung der Luftkammer wurde auf den
Caiſſon ein Druck von etwa 18.000 Tonnen ausgeübt; er hielt jedoch Stand und
erlitt außer der Zerknickung mehrerer Querwände, in Folge einer plötzlichen Senkung,
keine nennenswerthe Beſchädigung.
Eine andere intereſſante Einrichtung waren die »Sandausbläſer« im New-
Yorker-Caiſſon, die eine höchſt vehemente Thätigkeit entwickelten und in zwei Minuten
einen Cubikmeter Sand entfernten. Der um die untere Mündung aufgeſchaufelte
Sand wurde bis zu 150 Meter Höhe emporgeſchleudert; mitgeriſſene Steine ver-
letzten die Arbeiter, indem ſie ihnen die Finger wegriſſen, oder die Arme zer-
ſchmetterten. Die Luftzuführung erfolgte durch Compreſſoren mit Dampfbetrieb. Großer
Vorſicht bedurfte es, um in den hölzernen Caiſſons den Ausbruch von Feuers-
brünſten zu verhüten. Trotzdem trat dieſer Fall wiederholt ein und gelegentlich
nahm ein ſolcher Brand derartige Dimenſionen an, daß er bis zur ſechſten Balken-
lage vordrang und der Caiſſon unter Waſſer geſetzt werden mußte. Die Aufſtellung
des Brooklyner Caiſſons hatte 27 Monate in Anſpruch genommen. Er enthält über
3000 Cubikmeter Holz und 250 Tonnen Eiſen; die in ihm geförderte Aushub-
maſſe betrug 15.000 Cubikmeter.
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/367>, abgerufen am 27.11.2024.
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