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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Dritter Abschnitt.

Bei den Turbinen wirkt das Wasser nicht, wie z. B. im Wesentlichen bei
den oberschlächtigen und rückenschlächtigen Wasserrädern durch sein Gewicht, auch
nicht, wie bei einfachen unterschlächtigen Rädern, durch Stoß -- der bei guten
Turbinen nach Thunlichkeit vermieden werden soll -- sondern durch allmähliche
Abgabe des ihm zufolge seiner Geschwindigkeit innewohnenden Arbeitsvermögens.
Diese Wirkung kommt dadurch zu Stande, daß man das Wasser aus einem fest-
stehenden Leitapparat in geeigneter Richtung mit möglichst großer Ausfluß-
geschwindigkeit gegen entsprechend gekrümmte Schaufeln eines Laufrades dem die
Arbeit aufnehmenden und übertragenden Bestandtheil der Turbine strömen läßt.
[Abbildung] Fig. 191.

Wassermotor.

Das Wasser wird
durch die Form der
Schaufeln gezwungen,
die Richtung seiner
Bewegung fortgesetzt
zu ändern, und fließt
schließlich nach dem
Durchströmen der von
den Schaufeln im
Laufrad gebildeten
Canäle mit einer
Geschwindigkeit ab,
welche gegen die dem
ganzen Gefälle ent-
sprechende Geschwin-
digkeit umso kleiner
ist, je mehr Arbeit dem Wasser in der Turbine entzogen wurde.

Man unterscheidet im Großen und Ganzen zweierlei Arten von Turbinen:
Druckturbinen und Ueberdruckturbinen. Bei den ersteren behält, abgesehen von
Reibungsverlusten (und der Höhe des Laufrades bei Axialturbinen), das Wasser
die relative Eintrittsgeschwindigkeit bei und es füllt die Canäle des Laufrades nicht
völlig aus; bei den Ueberdruckturbinen dagegen muß wegen des beim Eintritt in
das Laufrad vorhandenen Ueberdruckes das Wasser die Canäle allenthalben aus-
füllen und es muß vermöge des ganzen Constructionssystemes die relative Ge-
schwindigkeit beim Durchfluß durch das Laufrad wachsen. ...

Außerdem unterscheidet man: "Freistrahlturbinen" (Druckturbinen mit freiem
Strahl), bei welchen die Wasserkraft höchstens an der Eintritts- und an der Aus-
trittsstelle des Laufrades in Berührung mit den Convexen ist, im Uebrigen aber
frei an den concaven Schaufelseiten abfließt; "Grenzturbinen", bei welchen der
Wasserstrahl auf allen Seiten die Canalwandungen netzt; "Axialturbinen" (Ueber-
druckturbinen), deren Anordnung hinsichtlich der Bewegung des Wassers vom Ober-
zum Unterwasserspiegel die natürlichste ist; "Doppelkranzturbinen" für Wasser-

Dritter Abſchnitt.

Bei den Turbinen wirkt das Waſſer nicht, wie z. B. im Weſentlichen bei
den oberſchlächtigen und rückenſchlächtigen Waſſerrädern durch ſein Gewicht, auch
nicht, wie bei einfachen unterſchlächtigen Rädern, durch Stoß — der bei guten
Turbinen nach Thunlichkeit vermieden werden ſoll — ſondern durch allmähliche
Abgabe des ihm zufolge ſeiner Geſchwindigkeit innewohnenden Arbeitsvermögens.
Dieſe Wirkung kommt dadurch zu Stande, daß man das Waſſer aus einem feſt-
ſtehenden Leitapparat in geeigneter Richtung mit möglichſt großer Ausfluß-
geſchwindigkeit gegen entſprechend gekrümmte Schaufeln eines Laufrades dem die
Arbeit aufnehmenden und übertragenden Beſtandtheil der Turbine ſtrömen läßt.
[Abbildung] Fig. 191.

Waſſermotor.

Das Waſſer wird
durch die Form der
Schaufeln gezwungen,
die Richtung ſeiner
Bewegung fortgeſetzt
zu ändern, und fließt
ſchließlich nach dem
Durchſtrömen der von
den Schaufeln im
Laufrad gebildeten
Canäle mit einer
Geſchwindigkeit ab,
welche gegen die dem
ganzen Gefälle ent-
ſprechende Geſchwin-
digkeit umſo kleiner
iſt, je mehr Arbeit dem Waſſer in der Turbine entzogen wurde.

Man unterſcheidet im Großen und Ganzen zweierlei Arten von Turbinen:
Druckturbinen und Ueberdruckturbinen. Bei den erſteren behält, abgeſehen von
Reibungsverluſten (und der Höhe des Laufrades bei Axialturbinen), das Waſſer
die relative Eintrittsgeſchwindigkeit bei und es füllt die Canäle des Laufrades nicht
völlig aus; bei den Ueberdruckturbinen dagegen muß wegen des beim Eintritt in
das Laufrad vorhandenen Ueberdruckes das Waſſer die Canäle allenthalben aus-
füllen und es muß vermöge des ganzen Conſtructionsſyſtemes die relative Ge-
ſchwindigkeit beim Durchfluß durch das Laufrad wachſen. ...

Außerdem unterſcheidet man: »Freiſtrahlturbinen« (Druckturbinen mit freiem
Strahl), bei welchen die Waſſerkraft höchſtens an der Eintritts- und an der Aus-
trittsſtelle des Laufrades in Berührung mit den Convexen iſt, im Uebrigen aber
frei an den concaven Schaufelſeiten abfließt; »Grenzturbinen«, bei welchen der
Waſſerſtrahl auf allen Seiten die Canalwandungen netzt; »Axialturbinen« (Ueber-
druckturbinen), deren Anordnung hinſichtlich der Bewegung des Waſſers vom Ober-
zum Unterwaſſerſpiegel die natürlichſte iſt; »Doppelkranzturbinen« für Waſſer-

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[230/0264] Dritter Abſchnitt. Bei den Turbinen wirkt das Waſſer nicht, wie z. B. im Weſentlichen bei den oberſchlächtigen und rückenſchlächtigen Waſſerrädern durch ſein Gewicht, auch nicht, wie bei einfachen unterſchlächtigen Rädern, durch Stoß — der bei guten Turbinen nach Thunlichkeit vermieden werden ſoll — ſondern durch allmähliche Abgabe des ihm zufolge ſeiner Geſchwindigkeit innewohnenden Arbeitsvermögens. Dieſe Wirkung kommt dadurch zu Stande, daß man das Waſſer aus einem feſt- ſtehenden Leitapparat in geeigneter Richtung mit möglichſt großer Ausfluß- geſchwindigkeit gegen entſprechend gekrümmte Schaufeln eines Laufrades dem die Arbeit aufnehmenden und übertragenden Beſtandtheil der Turbine ſtrömen läßt. [Abbildung Fig. 191. Waſſermotor.] Das Waſſer wird durch die Form der Schaufeln gezwungen, die Richtung ſeiner Bewegung fortgeſetzt zu ändern, und fließt ſchließlich nach dem Durchſtrömen der von den Schaufeln im Laufrad gebildeten Canäle mit einer Geſchwindigkeit ab, welche gegen die dem ganzen Gefälle ent- ſprechende Geſchwin- digkeit umſo kleiner iſt, je mehr Arbeit dem Waſſer in der Turbine entzogen wurde. Man unterſcheidet im Großen und Ganzen zweierlei Arten von Turbinen: Druckturbinen und Ueberdruckturbinen. Bei den erſteren behält, abgeſehen von Reibungsverluſten (und der Höhe des Laufrades bei Axialturbinen), das Waſſer die relative Eintrittsgeſchwindigkeit bei und es füllt die Canäle des Laufrades nicht völlig aus; bei den Ueberdruckturbinen dagegen muß wegen des beim Eintritt in das Laufrad vorhandenen Ueberdruckes das Waſſer die Canäle allenthalben aus- füllen und es muß vermöge des ganzen Conſtructionsſyſtemes die relative Ge- ſchwindigkeit beim Durchfluß durch das Laufrad wachſen. ... Außerdem unterſcheidet man: »Freiſtrahlturbinen« (Druckturbinen mit freiem Strahl), bei welchen die Waſſerkraft höchſtens an der Eintritts- und an der Aus- trittsſtelle des Laufrades in Berührung mit den Convexen iſt, im Uebrigen aber frei an den concaven Schaufelſeiten abfließt; »Grenzturbinen«, bei welchen der Waſſerſtrahl auf allen Seiten die Canalwandungen netzt; »Axialturbinen« (Ueber- druckturbinen), deren Anordnung hinſichtlich der Bewegung des Waſſers vom Ober- zum Unterwaſſerſpiegel die natürlichſte iſt; »Doppelkranzturbinen« für Waſſer-

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/264>, abgerufen am 19.05.2024.