Ein in voller Thätigkeit begriffener Converter bietet ein überwältigendes Schauspiel. Mit betäubendem Brausen entströmt der in den Kamin hineinragenden Mündung der Birne eine mehrere Meter lange grünweiße Flamme. Ist die Ent- kohlung weit vorgeschritten, so nimmt diese Erscheinung wesentlich ab und schließlich sinkt die Flammensäule zu einem gedämpften dunkleren Schein herab. Nach erfolgter Rückkohlung, wobei die Birne gesenkt wird, um den Einsatz (flüssiges Roheisen) einbringen zu können, geht, sobald die erstere wieder aufgerichtet wird, von Neuem das Schnauben und Pusten, verbunden mit einem bis zur Dachconstruction empor- geschleuderten Funkenstieben los: ein Schauspiel, wie es kein Feuerwerk darzu- bieten vermag.
Ein dritter Converter endlich steht gießbereit. Er wird mittelst einer kleinen Dampfmaschine so weit gedreht, daß der Inhalt in die Gießgrube beziehungsweise in die dort bereit gestellte Pfanne abfließt. Man hat sonach alle Stadien des Bessemerns gleichzeitig vor sich, und dieser Umstand ist es, welcher diese Operationen so vielgestaltig macht, daß der Laie schier verwirrt dieselben verfolgt. Krahne be- sorgen den Aushub der Blöcke, welche noch rothglühend auf kleine, von Pferden gezogene Wägelchen kommen und ihrer weiteren Bearbeitung zugeführt werden. Das Gießen geht relativ ruhig vor sich. Die Schmelzmasse ist weißglühend und sammelt sich in der Pfanne ohne aufzubrodeln oder zu wallen. Ebenso ruhig geht die Er- starrung vor sich.
Da die Bessemeranlage auf dem sauren Verfahren beruht, muß selbstver- ständlich sehr phosphorarmes Eisen verwendet werden, über welches die Krupp'sche Fabrik glücklicherweise in reichem Maße verfügt. Das Erzeugniß ist dementsprechend von ausgezeichneter Güte und findet fast ausschließlich zu Eisenbahnschienen Ver- wendung. Die einzelnen Stahlblöcke haben ein Gewicht von 1000 Kilogramm. Sie kommen noch rothglühend ins Vorwalzwerk, wo sie zunächst in Flammöfen gleich- mäßig durchwärmt und hierauf durch das Vorwalzwerk gezogen und etwa auf die Hälfte ihrer ursprünglichen Dicke herabgewalzt und nach dem Schienenwalzwerk transportiert werden.
Da das Bessemern bedeutende maschinelle Anlagen erfordert, müssen wir auch einen Blick in den an die Hütte anstoßenden Maschinensaal werfen. Hier sehen wir zunächst die Pumpwerke für die hydraulischen Krahne, alsdann die "Rootsblower", welche den Cupolöfen Wind zuführen, endlich die großen Cylindergebläse von mehreren hundert Pferdekräften, welche mit ungeheuerer Kraft die Luft durch die gefüllten Converter hindurchpressen. Zum eigentlichen Betriebe der letzteren dient aber eine in einem besonderen Gebäude untergebrachte Gebläsemaschine von 2000 Pferdekräften, welche zur Zeit die größte dieser Art auf der ganzen Erde ist. Etwa 14 Meter hoch, erhebt sie sich in einem dreistöckigen Aufbau und bietet einen imposanten Anblick. Von der Leistungsfähigkeit dieser Maschine kann man sich eine annähernde Vorstellung machen, wenn man erfährt, daß sie gleichzeitig fünf Chargen verblasen kann.
Erſter Abſchnitt.
Ein in voller Thätigkeit begriffener Converter bietet ein überwältigendes Schauſpiel. Mit betäubendem Brauſen entſtrömt der in den Kamin hineinragenden Mündung der Birne eine mehrere Meter lange grünweiße Flamme. Iſt die Ent- kohlung weit vorgeſchritten, ſo nimmt dieſe Erſcheinung weſentlich ab und ſchließlich ſinkt die Flammenſäule zu einem gedämpften dunkleren Schein herab. Nach erfolgter Rückkohlung, wobei die Birne geſenkt wird, um den Einſatz (flüſſiges Roheiſen) einbringen zu können, geht, ſobald die erſtere wieder aufgerichtet wird, von Neuem das Schnauben und Puſten, verbunden mit einem bis zur Dachconſtruction empor- geſchleuderten Funkenſtieben los: ein Schauſpiel, wie es kein Feuerwerk darzu- bieten vermag.
Ein dritter Converter endlich ſteht gießbereit. Er wird mittelſt einer kleinen Dampfmaſchine ſo weit gedreht, daß der Inhalt in die Gießgrube beziehungsweiſe in die dort bereit geſtellte Pfanne abfließt. Man hat ſonach alle Stadien des Beſſemerns gleichzeitig vor ſich, und dieſer Umſtand iſt es, welcher dieſe Operationen ſo vielgeſtaltig macht, daß der Laie ſchier verwirrt dieſelben verfolgt. Krahne be- ſorgen den Aushub der Blöcke, welche noch rothglühend auf kleine, von Pferden gezogene Wägelchen kommen und ihrer weiteren Bearbeitung zugeführt werden. Das Gießen geht relativ ruhig vor ſich. Die Schmelzmaſſe iſt weißglühend und ſammelt ſich in der Pfanne ohne aufzubrodeln oder zu wallen. Ebenſo ruhig geht die Er- ſtarrung vor ſich.
Da die Beſſemeranlage auf dem ſauren Verfahren beruht, muß ſelbſtver- ſtändlich ſehr phosphorarmes Eiſen verwendet werden, über welches die Krupp'ſche Fabrik glücklicherweiſe in reichem Maße verfügt. Das Erzeugniß iſt dementſprechend von ausgezeichneter Güte und findet faſt ausſchließlich zu Eiſenbahnſchienen Ver- wendung. Die einzelnen Stahlblöcke haben ein Gewicht von 1000 Kilogramm. Sie kommen noch rothglühend ins Vorwalzwerk, wo ſie zunächſt in Flammöfen gleich- mäßig durchwärmt und hierauf durch das Vorwalzwerk gezogen und etwa auf die Hälfte ihrer urſprünglichen Dicke herabgewalzt und nach dem Schienenwalzwerk transportiert werden.
Da das Beſſemern bedeutende maſchinelle Anlagen erfordert, müſſen wir auch einen Blick in den an die Hütte anſtoßenden Maſchinenſaal werfen. Hier ſehen wir zunächſt die Pumpwerke für die hydrauliſchen Krahne, alsdann die »Rootsblower«, welche den Cupolöfen Wind zuführen, endlich die großen Cylindergebläſe von mehreren hundert Pferdekräften, welche mit ungeheuerer Kraft die Luft durch die gefüllten Converter hindurchpreſſen. Zum eigentlichen Betriebe der letzteren dient aber eine in einem beſonderen Gebäude untergebrachte Gebläſemaſchine von 2000 Pferdekräften, welche zur Zeit die größte dieſer Art auf der ganzen Erde iſt. Etwa 14 Meter hoch, erhebt ſie ſich in einem dreiſtöckigen Aufbau und bietet einen impoſanten Anblick. Von der Leiſtungsfähigkeit dieſer Maſchine kann man ſich eine annähernde Vorſtellung machen, wenn man erfährt, daß ſie gleichzeitig fünf Chargen verblaſen kann.
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Erſter Abſchnitt.
Ein in voller Thätigkeit begriffener Converter bietet ein überwältigendes
Schauſpiel. Mit betäubendem Brauſen entſtrömt der in den Kamin hineinragenden
Mündung der Birne eine mehrere Meter lange grünweiße Flamme. Iſt die Ent-
kohlung weit vorgeſchritten, ſo nimmt dieſe Erſcheinung weſentlich ab und ſchließlich
ſinkt die Flammenſäule zu einem gedämpften dunkleren Schein herab. Nach erfolgter
Rückkohlung, wobei die Birne geſenkt wird, um den Einſatz (flüſſiges Roheiſen)
einbringen zu können, geht, ſobald die erſtere wieder aufgerichtet wird, von Neuem
das Schnauben und Puſten, verbunden mit einem bis zur Dachconſtruction empor-
geſchleuderten Funkenſtieben los: ein Schauſpiel, wie es kein Feuerwerk darzu-
bieten vermag.
Ein dritter Converter endlich ſteht gießbereit. Er wird mittelſt einer kleinen
Dampfmaſchine ſo weit gedreht, daß der Inhalt in die Gießgrube beziehungsweiſe
in die dort bereit geſtellte Pfanne abfließt. Man hat ſonach alle Stadien des
Beſſemerns gleichzeitig vor ſich, und dieſer Umſtand iſt es, welcher dieſe Operationen
ſo vielgeſtaltig macht, daß der Laie ſchier verwirrt dieſelben verfolgt. Krahne be-
ſorgen den Aushub der Blöcke, welche noch rothglühend auf kleine, von Pferden
gezogene Wägelchen kommen und ihrer weiteren Bearbeitung zugeführt werden. Das
Gießen geht relativ ruhig vor ſich. Die Schmelzmaſſe iſt weißglühend und ſammelt
ſich in der Pfanne ohne aufzubrodeln oder zu wallen. Ebenſo ruhig geht die Er-
ſtarrung vor ſich.
Da die Beſſemeranlage auf dem ſauren Verfahren beruht, muß ſelbſtver-
ſtändlich ſehr phosphorarmes Eiſen verwendet werden, über welches die Krupp'ſche
Fabrik glücklicherweiſe in reichem Maße verfügt. Das Erzeugniß iſt dementſprechend
von ausgezeichneter Güte und findet faſt ausſchließlich zu Eiſenbahnſchienen Ver-
wendung. Die einzelnen Stahlblöcke haben ein Gewicht von 1000 Kilogramm. Sie
kommen noch rothglühend ins Vorwalzwerk, wo ſie zunächſt in Flammöfen gleich-
mäßig durchwärmt und hierauf durch das Vorwalzwerk gezogen und etwa auf die
Hälfte ihrer urſprünglichen Dicke herabgewalzt und nach dem Schienenwalzwerk
transportiert werden.
Da das Beſſemern bedeutende maſchinelle Anlagen erfordert, müſſen wir auch
einen Blick in den an die Hütte anſtoßenden Maſchinenſaal werfen. Hier ſehen wir
zunächſt die Pumpwerke für die hydrauliſchen Krahne, alsdann die »Rootsblower«,
welche den Cupolöfen Wind zuführen, endlich die großen Cylindergebläſe von
mehreren hundert Pferdekräften, welche mit ungeheuerer Kraft die Luft durch die
gefüllten Converter hindurchpreſſen. Zum eigentlichen Betriebe der letzteren dient
aber eine in einem beſonderen Gebäude untergebrachte Gebläſemaſchine von
2000 Pferdekräften, welche zur Zeit die größte dieſer Art auf der ganzen Erde
iſt. Etwa 14 Meter hoch, erhebt ſie ſich in einem dreiſtöckigen Aufbau und bietet
einen impoſanten Anblick. Von der Leiſtungsfähigkeit dieſer Maſchine kann man
ſich eine annähernde Vorſtellung machen, wenn man erfährt, daß ſie gleichzeitig
fünf Chargen verblaſen kann.
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/174>, abgerufen am 22.11.2024.
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