Die Erfindung des letzteren Verfahrens fällt dem englischen Uhrmacher Huntsman zu (1700). Mit der Herstellung von stählernen Uhrfedern beschäftigt, zerbrachen ihm während der Arbeit viele dieser Federn, der ungleichmäßigen Be-
[Abbildung]
Fig. 49.
Centrifugalstahl.
schaffenheit des Roh- stahles wegen. Er stellte den Versuch an, kleine Quantitäten von Cementstahl im schärf- sten Ofenfeuer in Tiegeln umzuschmel- zen, was vollkommen gelang. Das Ver- fahren blieb durch lange Zeiträume das Geheimniß englischer Fabriken, welche für ihren Stahl enorme Preise verlangten. Alle Mühen, hinter das Geheimniß zu kommen, blieben vergeblich, bis es dem Begründer der Krupp'schen Eisen- werke gelang, der Lösung des Problems näher zu kommen. Sein Sohn producirte schon tadellosen Tiegel- gußstahl -- oder schlechtweg "Guß- stahl" -- und durch diese Technik haben schließlich die genann- ten Werke ihren Welt- ruf erlangt.
Beim Gärbeproceß (Raffinirstahl) werden Rohschienen zerschnitten, in Packete zusammengelegt und ausgestreckt, ein Proceß, den man mehrfach wiederholen kann, bis alle Ungleichheiten beseitigt sind. Werden dabei zwischen die Stahlstäbe Stäbe von Weicheisen eingelegt und das Ausstrecken dann nach gewissen Regeln bei gleichzeitigem Zusammenwinden oder Verdrehen der Stäbe durchgeführt, so erhält man den sogenannten Damaststahl, der beim Blankfeilen und Aetzen mit Scheide-
Zweiter Abſchnitt.
Die Erfindung des letzteren Verfahrens fällt dem engliſchen Uhrmacher Huntsman zu (1700). Mit der Herſtellung von ſtählernen Uhrfedern beſchäftigt, zerbrachen ihm während der Arbeit viele dieſer Federn, der ungleichmäßigen Be-
[Abbildung]
Fig. 49.
Centrifugalſtahl.
ſchaffenheit des Roh- ſtahles wegen. Er ſtellte den Verſuch an, kleine Quantitäten von Cementſtahl im ſchärf- ſten Ofenfeuer in Tiegeln umzuſchmel- zen, was vollkommen gelang. Das Ver- fahren blieb durch lange Zeiträume das Geheimniß engliſcher Fabriken, welche für ihren Stahl enorme Preiſe verlangten. Alle Mühen, hinter das Geheimniß zu kommen, blieben vergeblich, bis es dem Begründer der Krupp'ſchen Eiſen- werke gelang, der Löſung des Problems näher zu kommen. Sein Sohn producirte ſchon tadelloſen Tiegel- gußſtahl — oder ſchlechtweg »Guß- ſtahl« — und durch dieſe Technik haben ſchließlich die genann- ten Werke ihren Welt- ruf erlangt.
Beim Gärbeproceß (Raffinirſtahl) werden Rohſchienen zerſchnitten, in Packete zuſammengelegt und ausgeſtreckt, ein Proceß, den man mehrfach wiederholen kann, bis alle Ungleichheiten beſeitigt ſind. Werden dabei zwiſchen die Stahlſtäbe Stäbe von Weicheiſen eingelegt und das Ausſtrecken dann nach gewiſſen Regeln bei gleichzeitigem Zuſammenwinden oder Verdrehen der Stäbe durchgeführt, ſo erhält man den ſogenannten Damaſtſtahl, der beim Blankfeilen und Aetzen mit Scheide-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0076"n="56"/><fwplace="top"type="header">Zweiter Abſchnitt.</fw><lb/><p>Die Erfindung des letzteren Verfahrens fällt dem engliſchen Uhrmacher<lb/><hirendition="#g">Huntsman</hi> zu (1700). Mit der Herſtellung von ſtählernen Uhrfedern beſchäftigt,<lb/>
zerbrachen ihm während der Arbeit viele dieſer Federn, der ungleichmäßigen Be-<lb/><figure><head>Fig. 49.</head><p> Centrifugalſtahl.</p></figure>ſchaffenheit des Roh-<lb/>ſtahles wegen. Er<lb/>ſtellte den Verſuch an,<lb/>
kleine Quantitäten von<lb/>
Cementſtahl im ſchärf-<lb/>ſten Ofenfeuer in<lb/>
Tiegeln umzuſchmel-<lb/>
zen, was vollkommen<lb/>
gelang. Das Ver-<lb/>
fahren blieb durch<lb/>
lange Zeiträume das<lb/>
Geheimniß engliſcher<lb/>
Fabriken, welche für<lb/>
ihren Stahl enorme<lb/>
Preiſe verlangten. Alle<lb/>
Mühen, hinter das<lb/>
Geheimniß zu kommen,<lb/>
blieben vergeblich, bis<lb/>
es dem Begründer der<lb/><hirendition="#g">Krupp</hi>'ſchen Eiſen-<lb/>
werke gelang, der<lb/>
Löſung des Problems<lb/>
näher zu kommen. Sein<lb/>
Sohn producirte ſchon<lb/>
tadelloſen <hirendition="#g">Tiegel-<lb/>
gußſtahl</hi>— oder<lb/>ſchlechtweg »Guß-<lb/>ſtahl« — und durch<lb/>
dieſe Technik haben<lb/>ſchließlich die genann-<lb/>
ten Werke ihren Welt-<lb/>
ruf erlangt.</p><lb/><p>Beim <hirendition="#g">Gärbeproceß</hi> (Raffinirſtahl) werden Rohſchienen zerſchnitten, in Packete<lb/>
zuſammengelegt und ausgeſtreckt, ein Proceß, den man mehrfach wiederholen kann,<lb/>
bis alle Ungleichheiten beſeitigt ſind. Werden dabei zwiſchen die Stahlſtäbe Stäbe<lb/>
von Weicheiſen eingelegt und das Ausſtrecken dann nach gewiſſen Regeln bei<lb/>
gleichzeitigem Zuſammenwinden oder Verdrehen der Stäbe durchgeführt, ſo erhält<lb/>
man den ſogenannten <hirendition="#g">Damaſtſtahl</hi>, der beim Blankfeilen und Aetzen mit Scheide-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[56/0076]
Zweiter Abſchnitt.
Die Erfindung des letzteren Verfahrens fällt dem engliſchen Uhrmacher
Huntsman zu (1700). Mit der Herſtellung von ſtählernen Uhrfedern beſchäftigt,
zerbrachen ihm während der Arbeit viele dieſer Federn, der ungleichmäßigen Be-
[Abbildung Fig. 49. Centrifugalſtahl.]
ſchaffenheit des Roh-
ſtahles wegen. Er
ſtellte den Verſuch an,
kleine Quantitäten von
Cementſtahl im ſchärf-
ſten Ofenfeuer in
Tiegeln umzuſchmel-
zen, was vollkommen
gelang. Das Ver-
fahren blieb durch
lange Zeiträume das
Geheimniß engliſcher
Fabriken, welche für
ihren Stahl enorme
Preiſe verlangten. Alle
Mühen, hinter das
Geheimniß zu kommen,
blieben vergeblich, bis
es dem Begründer der
Krupp'ſchen Eiſen-
werke gelang, der
Löſung des Problems
näher zu kommen. Sein
Sohn producirte ſchon
tadelloſen Tiegel-
gußſtahl — oder
ſchlechtweg »Guß-
ſtahl« — und durch
dieſe Technik haben
ſchließlich die genann-
ten Werke ihren Welt-
ruf erlangt.
Beim Gärbeproceß (Raffinirſtahl) werden Rohſchienen zerſchnitten, in Packete
zuſammengelegt und ausgeſtreckt, ein Proceß, den man mehrfach wiederholen kann,
bis alle Ungleichheiten beſeitigt ſind. Werden dabei zwiſchen die Stahlſtäbe Stäbe
von Weicheiſen eingelegt und das Ausſtrecken dann nach gewiſſen Regeln bei
gleichzeitigem Zuſammenwinden oder Verdrehen der Stäbe durchgeführt, ſo erhält
man den ſogenannten Damaſtſtahl, der beim Blankfeilen und Aetzen mit Scheide-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/76>, abgerufen am 29.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.