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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Hoch-Armenien.
welche hier den ziemlich breiten Araxes überspannt1, erwähnens-
werth, als vielmehr in Rücksicht seiner Lage an zwei sehr wich-
tigen Communicationen. Von hier führt nämlich der einzige
practicable Weg über die Randketten des östlichen Eufratbeckens
an Toprak-Kaleh vorüber nach Bajazid2, und schon einmal
haben sich hier die russischen Colonnen (1828), welche auf ihren
concentrischen Angriffslinien ins Herz Armeniens, Erzerum, ein-
drangen, vereinigt, um die letzte Schranke desselben, das relativ
nur 800 Fuß hohe Dewe-Bojun-Gebirge im Westen zu über-
schreiten.

Wir gelangen dahin, wenn wir die Wanderung thalaufwärts
des Araxes verfolgen. Unmittelbar hinter Köprüköj taucht der
Blick südwärts in die rasch ansteigende felsige Thalschlucht, in
die der eigentliche Quellarm des Flusses niederbraust. Die rie-
sigen Gipfel-Höhen des "Tausend-Seen-Gebirges", das noch kein
Europäer erklommen, bergen seine Quellen. Nach dieser Richtung
erblickt man auch einen schwach markirten Paßeinschnitt in der,
nahezu 21 Meilen langen, ungegliederten Gebirgsmauer, die
einzig mögliche Passage zwischen dem Araxes- und Van-Becken.
Es soll dies jener Paß sein, den Xenophon und seine 10,000

1 Tschöban-Köprü, d. i. die "Hirtenbrücke", auf den Karten.
2 Toprak-Kaleh liegt etwa zwei Meilen des eigentlichen Weges, der
sich westlich des größeren armenischen Dorfes Mulla-Suleiman in zwei
Gebirgswege gabelt. Der südliche, identisch mit dem herkömmlichen, uralten
Karawanenweg Erzerum-Bajazid-Tabris zieht über Daghar durch das
wildromantische Felsenthor von Kara-Derbend, ein Defile von gewaltigen
Basaltwänden und Klippen gebildet, dann weiter über grasige Lehnen der
südlichen Araxes-Thalseite nach Köprüköj, dem oben genannten Vereinigungs-
punkte mit der Karser Straße. Der zweite Paßweg setzt nur drei Stunden
nördlich von Kara-Derbend über das Kösch-Gebirge und ist weitaus be-
schwerlicher. Auf seiner kahlen Scheitelhöhe, zu der man durch unwegsame
Geröllschluchten gelangt, liegt noch bis Ende Juni der Schnee und selbst
auf den jenseitigen Lehnen -- saftige Weiden mit spärlicher Baum-Vege-
tation -- beginnt erst im Juni das Frühjahr und knospen erst in diesem
Monat die Weiden und Platanen, welche bei dem Dorfe Deli-Baba ange-
troffen werden. Im Allgemeinen sind beide Paßpassagen nur elende
Saumwege, der südliche, durch das Felsenthor Kara-Derbend, aber immer-
hin für Lastthiere gangbar, nicht aber für Fuhrwerke und sei es auch der
elendeste Karren. (Vgl. J. Brant, Journey etc., -- dann auch bei Eli
Smith, Miss. res.)

Hoch-Armenien.
welche hier den ziemlich breiten Araxes überſpannt1, erwähnens-
werth, als vielmehr in Rückſicht ſeiner Lage an zwei ſehr wich-
tigen Communicationen. Von hier führt nämlich der einzige
practicable Weg über die Randketten des öſtlichen Eufratbeckens
an Toprak-Kaleh vorüber nach Bajazid2, und ſchon einmal
haben ſich hier die ruſſiſchen Colonnen (1828), welche auf ihren
concentriſchen Angriffslinien ins Herz Armeniens, Erzerum, ein-
drangen, vereinigt, um die letzte Schranke deſſelben, das relativ
nur 800 Fuß hohe Dewe-Bojun-Gebirge im Weſten zu über-
ſchreiten.

Wir gelangen dahin, wenn wir die Wanderung thalaufwärts
des Araxes verfolgen. Unmittelbar hinter Köprüköj taucht der
Blick ſüdwärts in die raſch anſteigende felſige Thalſchlucht, in
die der eigentliche Quellarm des Fluſſes niederbrauſt. Die rie-
ſigen Gipfel-Höhen des „Tauſend-Seen-Gebirges“, das noch kein
Europäer erklommen, bergen ſeine Quellen. Nach dieſer Richtung
erblickt man auch einen ſchwach markirten Paßeinſchnitt in der,
nahezu 21 Meilen langen, ungegliederten Gebirgsmauer, die
einzig mögliche Paſſage zwiſchen dem Araxes- und Van-Becken.
Es ſoll dies jener Paß ſein, den Xenophon und ſeine 10,000

1 Tſchöban-Köprü, d. i. die „Hirtenbrücke“, auf den Karten.
2 Toprak-Kaleh liegt etwa zwei Meilen des eigentlichen Weges, der
ſich weſtlich des größeren armeniſchen Dorfes Mulla-Suleiman in zwei
Gebirgswege gabelt. Der ſüdliche, identiſch mit dem herkömmlichen, uralten
Karawanenweg Erzerum-Bajazid-Tabris zieht über Daghar durch das
wildromantiſche Felſenthor von Kara-Derbend, ein Defilé von gewaltigen
Baſaltwänden und Klippen gebildet, dann weiter über graſige Lehnen der
ſüdlichen Araxes-Thalſeite nach Köprüköj, dem oben genannten Vereinigungs-
punkte mit der Karſer Straße. Der zweite Paßweg ſetzt nur drei Stunden
nördlich von Kara-Derbend über das Köſch-Gebirge und iſt weitaus be-
ſchwerlicher. Auf ſeiner kahlen Scheitelhöhe, zu der man durch unwegſame
Geröllſchluchten gelangt, liegt noch bis Ende Juni der Schnee und ſelbſt
auf den jenſeitigen Lehnen — ſaftige Weiden mit ſpärlicher Baum-Vege-
tation — beginnt erſt im Juni das Frühjahr und knospen erſt in dieſem
Monat die Weiden und Platanen, welche bei dem Dorfe Deli-Baba ange-
troffen werden. Im Allgemeinen ſind beide Paßpaſſagen nur elende
Saumwege, der ſüdliche, durch das Felſenthor Kara-Derbend, aber immer-
hin für Laſtthiere gangbar, nicht aber für Fuhrwerke und ſei es auch der
elendeſte Karren. (Vgl. J. Brant, Journey etc., — dann auch bei Eli
Smith, Miss. res.)
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[46/0078] Hoch-Armenien. welche hier den ziemlich breiten Araxes überſpannt 1, erwähnens- werth, als vielmehr in Rückſicht ſeiner Lage an zwei ſehr wich- tigen Communicationen. Von hier führt nämlich der einzige practicable Weg über die Randketten des öſtlichen Eufratbeckens an Toprak-Kaleh vorüber nach Bajazid 2, und ſchon einmal haben ſich hier die ruſſiſchen Colonnen (1828), welche auf ihren concentriſchen Angriffslinien ins Herz Armeniens, Erzerum, ein- drangen, vereinigt, um die letzte Schranke deſſelben, das relativ nur 800 Fuß hohe Dewe-Bojun-Gebirge im Weſten zu über- ſchreiten. Wir gelangen dahin, wenn wir die Wanderung thalaufwärts des Araxes verfolgen. Unmittelbar hinter Köprüköj taucht der Blick ſüdwärts in die raſch anſteigende felſige Thalſchlucht, in die der eigentliche Quellarm des Fluſſes niederbrauſt. Die rie- ſigen Gipfel-Höhen des „Tauſend-Seen-Gebirges“, das noch kein Europäer erklommen, bergen ſeine Quellen. Nach dieſer Richtung erblickt man auch einen ſchwach markirten Paßeinſchnitt in der, nahezu 21 Meilen langen, ungegliederten Gebirgsmauer, die einzig mögliche Paſſage zwiſchen dem Araxes- und Van-Becken. Es ſoll dies jener Paß ſein, den Xenophon und ſeine 10,000 1 Tſchöban-Köprü, d. i. die „Hirtenbrücke“, auf den Karten. 2 Toprak-Kaleh liegt etwa zwei Meilen des eigentlichen Weges, der ſich weſtlich des größeren armeniſchen Dorfes Mulla-Suleiman in zwei Gebirgswege gabelt. Der ſüdliche, identiſch mit dem herkömmlichen, uralten Karawanenweg Erzerum-Bajazid-Tabris zieht über Daghar durch das wildromantiſche Felſenthor von Kara-Derbend, ein Defilé von gewaltigen Baſaltwänden und Klippen gebildet, dann weiter über graſige Lehnen der ſüdlichen Araxes-Thalſeite nach Köprüköj, dem oben genannten Vereinigungs- punkte mit der Karſer Straße. Der zweite Paßweg ſetzt nur drei Stunden nördlich von Kara-Derbend über das Köſch-Gebirge und iſt weitaus be- ſchwerlicher. Auf ſeiner kahlen Scheitelhöhe, zu der man durch unwegſame Geröllſchluchten gelangt, liegt noch bis Ende Juni der Schnee und ſelbſt auf den jenſeitigen Lehnen — ſaftige Weiden mit ſpärlicher Baum-Vege- tation — beginnt erſt im Juni das Frühjahr und knospen erſt in dieſem Monat die Weiden und Platanen, welche bei dem Dorfe Deli-Baba ange- troffen werden. Im Allgemeinen ſind beide Paßpaſſagen nur elende Saumwege, der ſüdliche, durch das Felſenthor Kara-Derbend, aber immer- hin für Laſtthiere gangbar, nicht aber für Fuhrwerke und ſei es auch der elendeſte Karren. (Vgl. J. Brant, Journey etc., — dann auch bei Eli Smith, Miss. res.)

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/78>, abgerufen am 22.11.2024.