Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Im Ararat-Gebiet. In den letzten hundertfünfzig Jahren hat Kars sünf Be- Im Jahre 1855 spielten sich die Ereignisse schon wesentlich 1 Hammer-Purgstall, "Gesch. d. o. Reiches", VIII, 56. 2 O. R. Chesney, "Die russisch-türkischen Feldzüge 1828--1829", 147.
(Uebers.) Im Ararat-Gebiet. In den letzten hundertfünfzig Jahren hat Kars ſünf Be- Im Jahre 1855 ſpielten ſich die Ereigniſſe ſchon weſentlich 1 Hammer-Purgſtall, „Geſch. d. o. Reiches“, VIII, 56. 2 O. R. Chesney, „Die ruſſiſch-türkiſchen Feldzüge 1828—1829“, 147.
(Ueberſ.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0046" n="14"/> <fw place="top" type="header">Im Ararat-Gebiet.</fw><lb/> <p>In den letzten hundertfünfzig Jahren hat Kars ſünf Be-<lb/> lagerungen erlebt, darunter zwei mit ſiegreichem Ausgange, und<lb/> zwar 1735 gegen Nadir Schah von Perſien, der mit 100,000<lb/> Mann und einem erdrückenden Artillerie-Park vor der Feſtung<lb/> erſchienen war <note place="foot" n="1">Hammer-Purgſtall, „Geſch. d. o. Reiches“, <hi rendition="#aq">VIII</hi>, 56.</note>, und dann im Jahre 1807, als die ruſſiſchen<lb/> Streitkräfte gelegentlich des perſiſchen Krieges einen Handſtreich<lb/> auf die Feſtung verſuchten. Dafür iſt ſie in den drei folgenden<lb/> Belagerungen unterlegen, und zwar 1828 nach kaum vier Tagen,<lb/> 1855 nach einer regelrechten ſechsmonatlichen Belagerung und<lb/> neueſtens durch Sturm und Handſtreich zugleich, deren Details<lb/> bereits in den „Einleitenden Bemerkungen“ berührt wurden.<lb/> Als die Ruſſen unter Marſchall Paskiewitſch-Eriwanski vor Kars<lb/> erſchienen, befand ſich daſſelbe in nahezu gleichem Zuſtande, wie<lb/> hundert Jahre vorher unter Nadir Schah. Von Außenwerken<lb/> gab es auch nicht eine Spur, und ſo mußte es den Angreifern<lb/> ein Leichtes ſein, ſich in unmittelbarer Nähe des Platzes, auf<lb/> dem dominirenden linken Ufer des Karsfluſſes, der Citadelle gegen-<lb/> über feſtzuſetzen (zwiſchen dem heutigen Werke Veli-Paſcha-Tabia<lb/> und der Vorſtadt Temur-Paſcha) und den eigentlichen Haupt-<lb/> angriff von Süden her kräftigſt zu unterſtützen. Die Angreifer<lb/> hatten ſich eheſtens in der, hart an die Feſtung im Süden an-<lb/> ſchließende Vorſtadt Orta-Kapu feſtgeſetzt, ſodann Breſche in die<lb/> alte Wallmauer gelegt und in der Feſtung ſelbſt eingeniſtet.<lb/> Auf die Citadelle beſchränkt, willigte der Kommandant äußerſt<lb/> vorſchnell in die ruſſiſcherſeits von ihm verlangte Kapitulation<lb/> ein, die auch am 23. Juni, olſo nur acht Tage nach Ueberſchrei-<lb/> tung des Arpatſchai erfolgte, in dem Augenblicke, als das Entſatz-<lb/> heer des Kioſſa Mehemet Paſcha in der Ebene von Kars in<lb/> Sicht kam. Die ganze Garniſon, bei 10,000 Mann, nebſt 150<lb/> Stück ſchweren Geſchützes fielen in die Hände des Siegers<note place="foot" n="2">O. R. Chesney, „Die ruſſiſch-türkiſchen Feldzüge 1828—1829“, 147.<lb/><hi rendition="#et">(Ueberſ.)</hi></note>.</p><lb/> <p>Im Jahre 1855 ſpielten ſich die Ereigniſſe ſchon weſentlich<lb/> anders ab, ja ſie beſitzen eine gewiſſe Aehnlichkeit mit denen des<lb/> letzten Krieges. Der Cernirung und Belagerung von Kars ging<lb/> damals die mörderiſche Schlacht von Kurukdara voran, die ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0046]
Im Ararat-Gebiet.
In den letzten hundertfünfzig Jahren hat Kars ſünf Be-
lagerungen erlebt, darunter zwei mit ſiegreichem Ausgange, und
zwar 1735 gegen Nadir Schah von Perſien, der mit 100,000
Mann und einem erdrückenden Artillerie-Park vor der Feſtung
erſchienen war 1, und dann im Jahre 1807, als die ruſſiſchen
Streitkräfte gelegentlich des perſiſchen Krieges einen Handſtreich
auf die Feſtung verſuchten. Dafür iſt ſie in den drei folgenden
Belagerungen unterlegen, und zwar 1828 nach kaum vier Tagen,
1855 nach einer regelrechten ſechsmonatlichen Belagerung und
neueſtens durch Sturm und Handſtreich zugleich, deren Details
bereits in den „Einleitenden Bemerkungen“ berührt wurden.
Als die Ruſſen unter Marſchall Paskiewitſch-Eriwanski vor Kars
erſchienen, befand ſich daſſelbe in nahezu gleichem Zuſtande, wie
hundert Jahre vorher unter Nadir Schah. Von Außenwerken
gab es auch nicht eine Spur, und ſo mußte es den Angreifern
ein Leichtes ſein, ſich in unmittelbarer Nähe des Platzes, auf
dem dominirenden linken Ufer des Karsfluſſes, der Citadelle gegen-
über feſtzuſetzen (zwiſchen dem heutigen Werke Veli-Paſcha-Tabia
und der Vorſtadt Temur-Paſcha) und den eigentlichen Haupt-
angriff von Süden her kräftigſt zu unterſtützen. Die Angreifer
hatten ſich eheſtens in der, hart an die Feſtung im Süden an-
ſchließende Vorſtadt Orta-Kapu feſtgeſetzt, ſodann Breſche in die
alte Wallmauer gelegt und in der Feſtung ſelbſt eingeniſtet.
Auf die Citadelle beſchränkt, willigte der Kommandant äußerſt
vorſchnell in die ruſſiſcherſeits von ihm verlangte Kapitulation
ein, die auch am 23. Juni, olſo nur acht Tage nach Ueberſchrei-
tung des Arpatſchai erfolgte, in dem Augenblicke, als das Entſatz-
heer des Kioſſa Mehemet Paſcha in der Ebene von Kars in
Sicht kam. Die ganze Garniſon, bei 10,000 Mann, nebſt 150
Stück ſchweren Geſchützes fielen in die Hände des Siegers 2.
Im Jahre 1855 ſpielten ſich die Ereigniſſe ſchon weſentlich
anders ab, ja ſie beſitzen eine gewiſſe Aehnlichkeit mit denen des
letzten Krieges. Der Cernirung und Belagerung von Kars ging
damals die mörderiſche Schlacht von Kurukdara voran, die ſich
1 Hammer-Purgſtall, „Geſch. d. o. Reiches“, VIII, 56.
2 O. R. Chesney, „Die ruſſiſch-türkiſchen Feldzüge 1828—1829“, 147.
(Ueberſ.)
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