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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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Einleitung.

Etwa seit dem 12. Jahrhundert hat die Jagd aufgehört, ein wesent-
liches Glied der volkswirtschaftlichen Produktion zu sein, und ist all-
mählich, namentlich aber seit dem Schlusse des Mittelalters, eine noble
Passion geworden, welche mit den Verhältnissen und Bedürfnissen der
land- und forstwirtschaftlichen Kultur nicht selten im Widerspruche steht.

Die übermässige Hege des Wildstandes in Verbindung mit den ver-
wüstenden Jagdmethoden hatte im 17. und 18. Jahrhundert schwere
Beschädigungen der Landwirtschaft zur Folge und bildete vielfach
einen wesentlichen Grund für deren langsame Entwickelung; erst in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde gegen die ärgsten Miss-
stände Abhilfe geschaffen.

Die grossen Wildmengen des 17. und 18. Jahrhunderts verursachten
aber trotz der niederen Entwickelungsstufe der Forstwirtschaft auch in
den Waldungen recht fühlbaren Schaden. Die Mast diente zur Äsung
des Wildes, nicht zur Verjüngung der Bestände, die jungen Kernwüchse
und Stockausschläge wurden vom Wilde verbissen und geschält, bis in
das höhere Alter der Bestände setzten sich die verschiedenartigen Be-
schädigungen fort, und die Beschreibungen der damaligen Waldzustände
zeigen deutlich die Verschlechterung durch den Einfluss des Wildes.

Die Zunahme der land- und forstwirtschaftlichen Kultur im 19. Jahr-
hundert verschärfte diesen Gegensatz und hatte, allerdings im Zusammen-
hange mit anderen Verhältnissen, die erhebliche Reduktion der Wild-
stände in den Jahren 1848--1850 zur Folge.

Seit jener Zeit ist der Landwirtschaft durch die moderne Ge-
setzgebung, namentlich durch die nunmehr fast durch ganz Deutschland
erlassenen Bestimmungen über den Wildschadensersatz eine ausreichende
Sicherung geboten worden. Die hohen, teilweise ganz enormen Jagd-
pachtbeträge bilden sogar eine recht ansehnliche Einnahmequelle für
viele Gemeinden; der Grundbesitzer mit eigenem Jagdrechte hat die
Regelung dieser Verhältnisse ohnehin in seiner Hand.

Weniger günstig liegt diese Angelegenheit für die Forstwirt-
schaft
, da teils ausreichende gesetzliche Bestimmungen hier mangeln,
teils der vom Wilde verursachte Schaden viel zu wenig erkannt und ge-
würdigt wird. Bei den landwirtschaftlichen Kulturgewächsen, für welche
Saat und Ernte nur um höchstens ein Jahr auseinander liegen, ist die Ein-
wirkung des Wildschadens einfach nachzuweisen. Bei der Forstwirtschaft
verstreichen lange Zeiträume zwischen der Begründung eines Bestandes
und seiner Ernte, hier sind solche Vergleiche über die Einwirkung des
Wildschadens ungleich schwieriger anzustellen. Wenn man aber be-
rücksichtigt, wie durch einigermassen bedeutenden Wildstand die Kultur-
kosten bisweilen um 200--400 Proz. erhöht werden (Eichenkulturen,
welche für 200 M. auszuführen sind, kosten infolge der nötigen Ein-
friedigungen 600--1000 M.), in welch hohem Masse ferner die Entwicke-

Einleitung.

Etwa seit dem 12. Jahrhundert hat die Jagd aufgehört, ein wesent-
liches Glied der volkswirtschaftlichen Produktion zu sein, und ist all-
mählich, namentlich aber seit dem Schlusse des Mittelalters, eine noble
Passion geworden, welche mit den Verhältnissen und Bedürfnissen der
land- und forstwirtschaftlichen Kultur nicht selten im Widerspruche steht.

Die übermäſsige Hege des Wildstandes in Verbindung mit den ver-
wüstenden Jagdmethoden hatte im 17. und 18. Jahrhundert schwere
Beschädigungen der Landwirtschaft zur Folge und bildete vielfach
einen wesentlichen Grund für deren langsame Entwickelung; erst in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde gegen die ärgsten Miſs-
stände Abhilfe geschaffen.

Die groſsen Wildmengen des 17. und 18. Jahrhunderts verursachten
aber trotz der niederen Entwickelungsstufe der Forstwirtschaft auch in
den Waldungen recht fühlbaren Schaden. Die Mast diente zur Äsung
des Wildes, nicht zur Verjüngung der Bestände, die jungen Kernwüchse
und Stockausschläge wurden vom Wilde verbissen und geschält, bis in
das höhere Alter der Bestände setzten sich die verschiedenartigen Be-
schädigungen fort, und die Beschreibungen der damaligen Waldzustände
zeigen deutlich die Verschlechterung durch den Einfluſs des Wildes.

Die Zunahme der land- und forstwirtschaftlichen Kultur im 19. Jahr-
hundert verschärfte diesen Gegensatz und hatte, allerdings im Zusammen-
hange mit anderen Verhältnissen, die erhebliche Reduktion der Wild-
stände in den Jahren 1848—1850 zur Folge.

Seit jener Zeit ist der Landwirtschaft durch die moderne Ge-
setzgebung, namentlich durch die nunmehr fast durch ganz Deutschland
erlassenen Bestimmungen über den Wildschadensersatz eine ausreichende
Sicherung geboten worden. Die hohen, teilweise ganz enormen Jagd-
pachtbeträge bilden sogar eine recht ansehnliche Einnahmequelle für
viele Gemeinden; der Grundbesitzer mit eigenem Jagdrechte hat die
Regelung dieser Verhältnisse ohnehin in seiner Hand.

Weniger günstig liegt diese Angelegenheit für die Forstwirt-
schaft
, da teils ausreichende gesetzliche Bestimmungen hier mangeln,
teils der vom Wilde verursachte Schaden viel zu wenig erkannt und ge-
würdigt wird. Bei den landwirtschaftlichen Kulturgewächsen, für welche
Saat und Ernte nur um höchstens ein Jahr auseinander liegen, ist die Ein-
wirkung des Wildschadens einfach nachzuweisen. Bei der Forstwirtschaft
verstreichen lange Zeiträume zwischen der Begründung eines Bestandes
und seiner Ernte, hier sind solche Vergleiche über die Einwirkung des
Wildschadens ungleich schwieriger anzustellen. Wenn man aber be-
rücksichtigt, wie durch einigermaſsen bedeutenden Wildstand die Kultur-
kosten bisweilen um 200—400 Proz. erhöht werden (Eichenkulturen,
welche für 200 M. auszuführen sind, kosten infolge der nötigen Ein-
friedigungen 600—1000 M.), in welch hohem Maſse ferner die Entwicke-

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[303/0321] Einleitung. Etwa seit dem 12. Jahrhundert hat die Jagd aufgehört, ein wesent- liches Glied der volkswirtschaftlichen Produktion zu sein, und ist all- mählich, namentlich aber seit dem Schlusse des Mittelalters, eine noble Passion geworden, welche mit den Verhältnissen und Bedürfnissen der land- und forstwirtschaftlichen Kultur nicht selten im Widerspruche steht. Die übermäſsige Hege des Wildstandes in Verbindung mit den ver- wüstenden Jagdmethoden hatte im 17. und 18. Jahrhundert schwere Beschädigungen der Landwirtschaft zur Folge und bildete vielfach einen wesentlichen Grund für deren langsame Entwickelung; erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde gegen die ärgsten Miſs- stände Abhilfe geschaffen. Die groſsen Wildmengen des 17. und 18. Jahrhunderts verursachten aber trotz der niederen Entwickelungsstufe der Forstwirtschaft auch in den Waldungen recht fühlbaren Schaden. Die Mast diente zur Äsung des Wildes, nicht zur Verjüngung der Bestände, die jungen Kernwüchse und Stockausschläge wurden vom Wilde verbissen und geschält, bis in das höhere Alter der Bestände setzten sich die verschiedenartigen Be- schädigungen fort, und die Beschreibungen der damaligen Waldzustände zeigen deutlich die Verschlechterung durch den Einfluſs des Wildes. Die Zunahme der land- und forstwirtschaftlichen Kultur im 19. Jahr- hundert verschärfte diesen Gegensatz und hatte, allerdings im Zusammen- hange mit anderen Verhältnissen, die erhebliche Reduktion der Wild- stände in den Jahren 1848—1850 zur Folge. Seit jener Zeit ist der Landwirtschaft durch die moderne Ge- setzgebung, namentlich durch die nunmehr fast durch ganz Deutschland erlassenen Bestimmungen über den Wildschadensersatz eine ausreichende Sicherung geboten worden. Die hohen, teilweise ganz enormen Jagd- pachtbeträge bilden sogar eine recht ansehnliche Einnahmequelle für viele Gemeinden; der Grundbesitzer mit eigenem Jagdrechte hat die Regelung dieser Verhältnisse ohnehin in seiner Hand. Weniger günstig liegt diese Angelegenheit für die Forstwirt- schaft, da teils ausreichende gesetzliche Bestimmungen hier mangeln, teils der vom Wilde verursachte Schaden viel zu wenig erkannt und ge- würdigt wird. Bei den landwirtschaftlichen Kulturgewächsen, für welche Saat und Ernte nur um höchstens ein Jahr auseinander liegen, ist die Ein- wirkung des Wildschadens einfach nachzuweisen. Bei der Forstwirtschaft verstreichen lange Zeiträume zwischen der Begründung eines Bestandes und seiner Ernte, hier sind solche Vergleiche über die Einwirkung des Wildschadens ungleich schwieriger anzustellen. Wenn man aber be- rücksichtigt, wie durch einigermaſsen bedeutenden Wildstand die Kultur- kosten bisweilen um 200—400 Proz. erhöht werden (Eichenkulturen, welche für 200 M. auszuführen sind, kosten infolge der nötigen Ein- friedigungen 600—1000 M.), in welch hohem Maſse ferner die Entwicke-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/321>, abgerufen am 27.11.2024.