Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

B. Zweiter (spezieller) Teil.
waldbesitz zurücktritt und auch die Gemeindeforstwirtschaft eine weit-
gehende Selbständigkeit geniesst. Hier kann die Aufstellung besonderer
Organe für die Forstpolizei notwendig erscheinen.

Am frühesten ist Oesterreich hiermit vorgegangen, wo bereits
1869 ein besonderes forsttechnisches Personal für die politische Verwal-
tung geschaffen wurde, welchem die Durchführung der Forstpolizei in
ihrem ganzen Umfange übertragen ist. 1883 hat eine Neuorganisation
des forstpolitischen Dienstes stattgefunden, und am 27. Juli dieses Jahres
ist die heute massgebende Verordnung des Ackerbauministeriums im
Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern, betreffend das forst-
technische Personal der politischen Verwaltung, erlassen worden.

Mit Rücksicht auf die Kostenersparnis verzichtet in Oesterreich
(ebenso wie oben für Hessen mitgeteilt) der Staat unter Umständen auf
die Entfaltung eines eigenen Regierungsapparates und überlässt im Wege
der Delegation von Hoheitsrechten die Vertretung seiner Interessen Or-
ganen, welche an den betr. Waldungen sonst gar kein Interesse oder
nur jenes des Eigentümers wahrzunehmen haben.

Das forsttechnische Personal der politischen Verwaltung in Oester-
reich besteht: 1. aus den Berufs-Forsttechnikern und Forstwarten der
politischen Verwaltung, 2. aus jenen Forsttechnikern der Staatsforstver-
waltung, welche zugleich der politischen Verwaltung zur Dienstleistung
zugewiesen sind, und 3. aus jenen Privatforsttechnikern, welche sich
freiwillig melden und speziell verpflichtet worden sind.

Die unter 2 und 3 bezeichneten Forsttechniker führen den Titel:
kaiserliche und königliche delegierte Forstinspektionskommissäre.

Solche Forsttechniker (Oberforstkommissäre, Forstinspektionskom-
missäre, Forstinspektionsadjunkten und Forstassistenten) sind nur in
jenen Landesteilen angestellt, wo ein besonders dringendes Bedürfnis
vorliegt. Sie werden teils den Bezirkshauptmannschaften, teils den Forst-
inspektoren beigegeben; z. Z. bestehen 106 Bezirksforstinspektionen. 1)


1) Oesterreich, Verordnung vom 27. VII. 1883, § 1: Das forsttechnische Per-
sonal der politischen Verwaltung hat die Aufgabe: 1. die politischen Behörden in der
Ausübung der staatlichen Forstaufsicht und in der Handhabung der das Forstwesen
betreffenden Gesetze und Verordnungen überhaupt zu unterstützen und zwar insbe-
sondere durch sachlichen Beirat, durch unausgesetzte Beobachtung der forstlichen
Zustände und durch Anzeige der hierbei wahrgenommenen Gesetzwidrigkeiten; 2. die
Forstkultur durch Belehrung der einer Unterweisung oder Anleitung bedürftigen Wald-
besitzer und durch Anregung jener Massnahmen und Vorkehrungen, welche nach den
obwaltenden Verhältnissen zur Hebung der forstlichen Zustände beitragen können, zu
fördern; 3. die Bewirtschaftung der vom Ackerbauminister hierzu bestimmten Wälder
selbst zu führen oder zu leiten; 4. jene Obliegenheiten zu erfüllen, welche diesem Per-
sonale künftig durch besondere Gesetze oder Verordnungen ausdrücklich zugewiesen
werden sollten; 5. können die Forsttechniker der politischen Verwaltung von der poli-
tischen Behörde auch mit der selbständigen Leitung von kommissionellen Lokalerheb-
ungen in Angelegenheiten, welche ihre Dienstesaufgaben betreffen, betraut werden.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
waldbesitz zurücktritt und auch die Gemeindeforstwirtschaft eine weit-
gehende Selbständigkeit genieſst. Hier kann die Aufstellung besonderer
Organe für die Forstpolizei notwendig erscheinen.

Am frühesten ist Oesterreich hiermit vorgegangen, wo bereits
1869 ein besonderes forsttechnisches Personal für die politische Verwal-
tung geschaffen wurde, welchem die Durchführung der Forstpolizei in
ihrem ganzen Umfange übertragen ist. 1883 hat eine Neuorganisation
des forstpolitischen Dienstes stattgefunden, und am 27. Juli dieses Jahres
ist die heute maſsgebende Verordnung des Ackerbauministeriums im
Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern, betreffend das forst-
technische Personal der politischen Verwaltung, erlassen worden.

Mit Rücksicht auf die Kostenersparnis verzichtet in Oesterreich
(ebenso wie oben für Hessen mitgeteilt) der Staat unter Umständen auf
die Entfaltung eines eigenen Regierungsapparates und überläſst im Wege
der Delegation von Hoheitsrechten die Vertretung seiner Interessen Or-
ganen, welche an den betr. Waldungen sonst gar kein Interesse oder
nur jenes des Eigentümers wahrzunehmen haben.

Das forsttechnische Personal der politischen Verwaltung in Oester-
reich besteht: 1. aus den Berufs-Forsttechnikern und Forstwarten der
politischen Verwaltung, 2. aus jenen Forsttechnikern der Staatsforstver-
waltung, welche zugleich der politischen Verwaltung zur Dienstleistung
zugewiesen sind, und 3. aus jenen Privatforsttechnikern, welche sich
freiwillig melden und speziell verpflichtet worden sind.

Die unter 2 und 3 bezeichneten Forsttechniker führen den Titel:
kaiserliche und königliche delegierte Forstinspektionskommissäre.

Solche Forsttechniker (Oberforstkommissäre, Forstinspektionskom-
missäre, Forstinspektionsadjunkten und Forstassistenten) sind nur in
jenen Landesteilen angestellt, wo ein besonders dringendes Bedürfnis
vorliegt. Sie werden teils den Bezirkshauptmannschaften, teils den Forst-
inspektoren beigegeben; z. Z. bestehen 106 Bezirksforstinspektionen. 1)


1) Oesterreich, Verordnung vom 27. VII. 1883, § 1: Das forsttechnische Per-
sonal der politischen Verwaltung hat die Aufgabe: 1. die politischen Behörden in der
Ausübung der staatlichen Forstaufsicht und in der Handhabung der das Forstwesen
betreffenden Gesetze und Verordnungen überhaupt zu unterstützen und zwar insbe-
sondere durch sachlichen Beirat, durch unausgesetzte Beobachtung der forstlichen
Zustände und durch Anzeige der hierbei wahrgenommenen Gesetzwidrigkeiten; 2. die
Forstkultur durch Belehrung der einer Unterweisung oder Anleitung bedürftigen Wald-
besitzer und durch Anregung jener Maſsnahmen und Vorkehrungen, welche nach den
obwaltenden Verhältnissen zur Hebung der forstlichen Zustände beitragen können, zu
fördern; 3. die Bewirtschaftung der vom Ackerbauminister hierzu bestimmten Wälder
selbst zu führen oder zu leiten; 4. jene Obliegenheiten zu erfüllen, welche diesem Per-
sonale künftig durch besondere Gesetze oder Verordnungen ausdrücklich zugewiesen
werden sollten; 5. können die Forsttechniker der politischen Verwaltung von der poli-
tischen Behörde auch mit der selbständigen Leitung von kommissionellen Lokalerheb-
ungen in Angelegenheiten, welche ihre Dienstesaufgaben betreffen, betraut werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0308" n="290"/><fw place="top" type="header">B. Zweiter (spezieller) Teil.</fw><lb/>
waldbesitz zurücktritt und auch die Gemeindeforstwirtschaft eine weit-<lb/>
gehende Selbständigkeit genie&#x017F;st. Hier kann die Aufstellung besonderer<lb/>
Organe für die Forstpolizei notwendig erscheinen.</p><lb/>
            <p>Am frühesten ist <hi rendition="#g">Oesterreich</hi> hiermit vorgegangen, wo bereits<lb/>
1869 ein besonderes forsttechnisches Personal für die politische Verwal-<lb/>
tung geschaffen wurde, welchem die Durchführung der Forstpolizei in<lb/>
ihrem ganzen Umfange übertragen ist. 1883 hat eine Neuorganisation<lb/>
des forstpolitischen Dienstes stattgefunden, und am 27. Juli dieses Jahres<lb/>
ist die heute ma&#x017F;sgebende Verordnung des Ackerbauministeriums im<lb/>
Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern, betreffend das forst-<lb/>
technische Personal der politischen Verwaltung, erlassen worden.</p><lb/>
            <p>Mit Rücksicht auf die Kostenersparnis verzichtet in Oesterreich<lb/>
(ebenso wie oben für Hessen mitgeteilt) der Staat unter Umständen auf<lb/>
die Entfaltung eines eigenen Regierungsapparates und überlä&#x017F;st im Wege<lb/>
der Delegation von Hoheitsrechten die Vertretung seiner Interessen Or-<lb/>
ganen, welche an den betr. Waldungen sonst gar kein Interesse oder<lb/>
nur jenes des Eigentümers wahrzunehmen haben.</p><lb/>
            <p>Das forsttechnische Personal der politischen Verwaltung in Oester-<lb/>
reich besteht: 1. aus den Berufs-Forsttechnikern und Forstwarten der<lb/>
politischen Verwaltung, 2. aus jenen Forsttechnikern der Staatsforstver-<lb/>
waltung, welche zugleich der politischen Verwaltung zur Dienstleistung<lb/>
zugewiesen sind, und 3. aus jenen Privatforsttechnikern, welche sich<lb/>
freiwillig melden und speziell verpflichtet worden sind.</p><lb/>
            <p>Die unter 2 und 3 bezeichneten Forsttechniker führen den Titel:<lb/>
kaiserliche und königliche delegierte Forstinspektionskommissäre.</p><lb/>
            <p>Solche Forsttechniker (Oberforstkommissäre, Forstinspektionskom-<lb/>
missäre, Forstinspektionsadjunkten und Forstassistenten) sind nur in<lb/>
jenen Landesteilen angestellt, wo ein besonders dringendes Bedürfnis<lb/>
vorliegt. Sie werden teils den Bezirkshauptmannschaften, teils den Forst-<lb/>
inspektoren beigegeben; z. Z. bestehen 106 Bezirksforstinspektionen. <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Oesterreich</hi>, Verordnung vom 27. VII. 1883, § 1: Das forsttechnische Per-<lb/>
sonal der politischen Verwaltung hat die Aufgabe: 1. die politischen Behörden in der<lb/>
Ausübung der staatlichen Forstaufsicht und in der Handhabung der das Forstwesen<lb/>
betreffenden Gesetze und Verordnungen überhaupt zu unterstützen und zwar insbe-<lb/>
sondere durch sachlichen Beirat, durch unausgesetzte Beobachtung der forstlichen<lb/>
Zustände und durch Anzeige der hierbei wahrgenommenen Gesetzwidrigkeiten; 2. die<lb/>
Forstkultur durch Belehrung der einer Unterweisung oder Anleitung bedürftigen Wald-<lb/>
besitzer und durch Anregung jener Ma&#x017F;snahmen und Vorkehrungen, welche nach den<lb/>
obwaltenden Verhältnissen zur Hebung der forstlichen Zustände beitragen können, zu<lb/>
fördern; 3. die Bewirtschaftung der vom Ackerbauminister hierzu bestimmten Wälder<lb/>
selbst zu führen oder zu leiten; 4. jene Obliegenheiten zu erfüllen, welche diesem Per-<lb/>
sonale künftig durch besondere Gesetze oder Verordnungen ausdrücklich zugewiesen<lb/>
werden sollten; 5. können die Forsttechniker der politischen Verwaltung von der poli-<lb/>
tischen Behörde auch mit der selbständigen Leitung von kommissionellen Lokalerheb-<lb/>
ungen in Angelegenheiten, welche ihre Dienstesaufgaben betreffen, betraut werden.</note></p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0308] B. Zweiter (spezieller) Teil. waldbesitz zurücktritt und auch die Gemeindeforstwirtschaft eine weit- gehende Selbständigkeit genieſst. Hier kann die Aufstellung besonderer Organe für die Forstpolizei notwendig erscheinen. Am frühesten ist Oesterreich hiermit vorgegangen, wo bereits 1869 ein besonderes forsttechnisches Personal für die politische Verwal- tung geschaffen wurde, welchem die Durchführung der Forstpolizei in ihrem ganzen Umfange übertragen ist. 1883 hat eine Neuorganisation des forstpolitischen Dienstes stattgefunden, und am 27. Juli dieses Jahres ist die heute maſsgebende Verordnung des Ackerbauministeriums im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern, betreffend das forst- technische Personal der politischen Verwaltung, erlassen worden. Mit Rücksicht auf die Kostenersparnis verzichtet in Oesterreich (ebenso wie oben für Hessen mitgeteilt) der Staat unter Umständen auf die Entfaltung eines eigenen Regierungsapparates und überläſst im Wege der Delegation von Hoheitsrechten die Vertretung seiner Interessen Or- ganen, welche an den betr. Waldungen sonst gar kein Interesse oder nur jenes des Eigentümers wahrzunehmen haben. Das forsttechnische Personal der politischen Verwaltung in Oester- reich besteht: 1. aus den Berufs-Forsttechnikern und Forstwarten der politischen Verwaltung, 2. aus jenen Forsttechnikern der Staatsforstver- waltung, welche zugleich der politischen Verwaltung zur Dienstleistung zugewiesen sind, und 3. aus jenen Privatforsttechnikern, welche sich freiwillig melden und speziell verpflichtet worden sind. Die unter 2 und 3 bezeichneten Forsttechniker führen den Titel: kaiserliche und königliche delegierte Forstinspektionskommissäre. Solche Forsttechniker (Oberforstkommissäre, Forstinspektionskom- missäre, Forstinspektionsadjunkten und Forstassistenten) sind nur in jenen Landesteilen angestellt, wo ein besonders dringendes Bedürfnis vorliegt. Sie werden teils den Bezirkshauptmannschaften, teils den Forst- inspektoren beigegeben; z. Z. bestehen 106 Bezirksforstinspektionen. 1) 1) Oesterreich, Verordnung vom 27. VII. 1883, § 1: Das forsttechnische Per- sonal der politischen Verwaltung hat die Aufgabe: 1. die politischen Behörden in der Ausübung der staatlichen Forstaufsicht und in der Handhabung der das Forstwesen betreffenden Gesetze und Verordnungen überhaupt zu unterstützen und zwar insbe- sondere durch sachlichen Beirat, durch unausgesetzte Beobachtung der forstlichen Zustände und durch Anzeige der hierbei wahrgenommenen Gesetzwidrigkeiten; 2. die Forstkultur durch Belehrung der einer Unterweisung oder Anleitung bedürftigen Wald- besitzer und durch Anregung jener Maſsnahmen und Vorkehrungen, welche nach den obwaltenden Verhältnissen zur Hebung der forstlichen Zustände beitragen können, zu fördern; 3. die Bewirtschaftung der vom Ackerbauminister hierzu bestimmten Wälder selbst zu führen oder zu leiten; 4. jene Obliegenheiten zu erfüllen, welche diesem Per- sonale künftig durch besondere Gesetze oder Verordnungen ausdrücklich zugewiesen werden sollten; 5. können die Forsttechniker der politischen Verwaltung von der poli- tischen Behörde auch mit der selbständigen Leitung von kommissionellen Lokalerheb- ungen in Angelegenheiten, welche ihre Dienstesaufgaben betreffen, betraut werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/308
Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/308>, abgerufen am 24.11.2024.