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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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III. Abschnitt. Die Organe der Forstpolitik.
ministerium angehörige, gesonderte Staatsforstverwaltung doch ihr Augen-
merk vorwiegend auf die Staatsforsten richten wird.

Wegen der theoretischen Möglichkeit, dass auch die Staatsforstver-
waltung den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zuwiderhandeln
und fremde Interessen verletzen könne, hat man gelegentlich die For-
derung gestellt, dass wenigstens die Handhabung der Forstpolizei im
engeren Sinne sowie jene der Forstsicherheitspolizei von der Staats-
forstverwaltung in allen Instanzen vollständig getrennt sein müsse. Die
Oberleitung beider Zweige solle daher verschiedenen Ministerien oder
doch wenigstens verschiedenen Ministerialabteilungen zugeteilt sein. Da
sich hierdurch nicht nur eine bedeutende Personalvermehrung ergeben
würde, sondern auch mancherlei Kompetenzkonflikte unvermeidlich wären,
so ist eine derartige Einrichtung praktisch nirgends durchgeführt, ohne
dass sich bis jetzt ein dringendes Bedürfnis hiernach ergeben hätte.

Am meisten nähert sich die österreichische Organisation dieser
Forderung, indem hier im Ackerbauministerium die verschiedenen Sek-
tionen besondere forsttechnische Räte haben, sowie auch in den mitt-
leren und unteren Instanzen die Staatsforstverwaltung von der Hand-
habung der Forstpolizei vollständig getrennt ist. Eine Beaufsichtigung
der ersteren durch die Forstbeamten der politischen Verwaltung findet
indessen auch hier nicht statt. 1)

Gewöhnlich ist nur eine Trennung in der Weise durchgeführt, dass
die Forstpolizei und die Staatsforstverwaltung verschiedene Ministerial-
abteilungen und Dezernate bilden, während die nämlichen forsttech-
nischen Räte beiderlei Angelegenheiten bearbeiten.

Ausschliesslich für die Zwecke der Forstpolitik fungiert der eid-
genössische
Oberforstinspektor in Bern, welcher lediglich die Aufrecht-

1) In Oesterreich bildet das Ackerbauministerium die oberste Behörde in
forstlichen Angelegenheiten. Laut Verordnung vom 29. I. 1868 umfasst sein Wir-
kungskreis in dieser Beziehung die Handhabung des Forstgesetzes in oberster Linie
sowie die Forst- und Feldpolizei; die legislativen Verhandlungen bezüglich der Forst-,
Jagd- und Feldpolizei (Sektion I, Departement III und IV); die oberste Leitung des
land- und forstwirtschaftlichen Unterrichts und des Versuchswesens (mit einem nur
beschränkten Einflusse auf die dem Ministerium für Kultus und Unterricht unter-
stehende Hochschule für Bodenkultur) (Sektion II, Departement II). Durch Ent-
schliessung vom 1. I. 1869 ist auch die oberste Entscheidung und Erledigung der
Rekurse und Administrativverhandlungen in Jagd-, Feldpolizei- und in Fischerei-
angelegenheiten von dem Ministerium des Innern an das Ackerbauministerium über-
gegangen. Ferner wurde dem Ackerbauministerium vom 1. V. 1872 an die oberste
Verwaltung der Staatsforsten, Staatsdomänen und Montanwerke, dann die Religions-
und Studienfondsgüter übertragen (Sektion II, Departement VII und VIII). Durch
die Gesetze vom 30. VI. 1884 ist die Kompetenz des Ackerbauministeriums für die
Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues (Meliorationsgesetz)
und betr. der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswassern (Wild-
bachverbauung) normiert (Sektion I, Departement IV).

III. Abschnitt. Die Organe der Forstpolitik.
ministerium angehörige, gesonderte Staatsforstverwaltung doch ihr Augen-
merk vorwiegend auf die Staatsforsten richten wird.

Wegen der theoretischen Möglichkeit, daſs auch die Staatsforstver-
waltung den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zuwiderhandeln
und fremde Interessen verletzen könne, hat man gelegentlich die For-
derung gestellt, daſs wenigstens die Handhabung der Forstpolizei im
engeren Sinne sowie jene der Forstsicherheitspolizei von der Staats-
forstverwaltung in allen Instanzen vollständig getrennt sein müsse. Die
Oberleitung beider Zweige solle daher verschiedenen Ministerien oder
doch wenigstens verschiedenen Ministerialabteilungen zugeteilt sein. Da
sich hierdurch nicht nur eine bedeutende Personalvermehrung ergeben
würde, sondern auch mancherlei Kompetenzkonflikte unvermeidlich wären,
so ist eine derartige Einrichtung praktisch nirgends durchgeführt, ohne
daſs sich bis jetzt ein dringendes Bedürfnis hiernach ergeben hätte.

Am meisten nähert sich die österreichische Organisation dieser
Forderung, indem hier im Ackerbauministerium die verschiedenen Sek-
tionen besondere forsttechnische Räte haben, sowie auch in den mitt-
leren und unteren Instanzen die Staatsforstverwaltung von der Hand-
habung der Forstpolizei vollständig getrennt ist. Eine Beaufsichtigung
der ersteren durch die Forstbeamten der politischen Verwaltung findet
indessen auch hier nicht statt. 1)

Gewöhnlich ist nur eine Trennung in der Weise durchgeführt, daſs
die Forstpolizei und die Staatsforstverwaltung verschiedene Ministerial-
abteilungen und Dezernate bilden, während die nämlichen forsttech-
nischen Räte beiderlei Angelegenheiten bearbeiten.

Ausschlieſslich für die Zwecke der Forstpolitik fungiert der eid-
genössische
Oberforstinspektor in Bern, welcher lediglich die Aufrecht-

1) In Oesterreich bildet das Ackerbauministerium die oberste Behörde in
forstlichen Angelegenheiten. Laut Verordnung vom 29. I. 1868 umfaſst sein Wir-
kungskreis in dieser Beziehung die Handhabung des Forstgesetzes in oberster Linie
sowie die Forst- und Feldpolizei; die legislativen Verhandlungen bezüglich der Forst-,
Jagd- und Feldpolizei (Sektion I, Departement III und IV); die oberste Leitung des
land- und forstwirtschaftlichen Unterrichts und des Versuchswesens (mit einem nur
beschränkten Einflusse auf die dem Ministerium für Kultus und Unterricht unter-
stehende Hochschule für Bodenkultur) (Sektion II, Departement II). Durch Ent-
schlieſsung vom 1. I. 1869 ist auch die oberste Entscheidung und Erledigung der
Rekurse und Administrativverhandlungen in Jagd-, Feldpolizei- und in Fischerei-
angelegenheiten von dem Ministerium des Innern an das Ackerbauministerium über-
gegangen. Ferner wurde dem Ackerbauministerium vom 1. V. 1872 an die oberste
Verwaltung der Staatsforsten, Staatsdomänen und Montanwerke, dann die Religions-
und Studienfondsgüter übertragen (Sektion II, Departement VII und VIII). Durch
die Gesetze vom 30. VI. 1884 ist die Kompetenz des Ackerbauministeriums für die
Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues (Meliorationsgesetz)
und betr. der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswassern (Wild-
bachverbauung) normiert (Sektion I, Departement IV).
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[287/0305] III. Abschnitt. Die Organe der Forstpolitik. ministerium angehörige, gesonderte Staatsforstverwaltung doch ihr Augen- merk vorwiegend auf die Staatsforsten richten wird. Wegen der theoretischen Möglichkeit, daſs auch die Staatsforstver- waltung den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zuwiderhandeln und fremde Interessen verletzen könne, hat man gelegentlich die For- derung gestellt, daſs wenigstens die Handhabung der Forstpolizei im engeren Sinne sowie jene der Forstsicherheitspolizei von der Staats- forstverwaltung in allen Instanzen vollständig getrennt sein müsse. Die Oberleitung beider Zweige solle daher verschiedenen Ministerien oder doch wenigstens verschiedenen Ministerialabteilungen zugeteilt sein. Da sich hierdurch nicht nur eine bedeutende Personalvermehrung ergeben würde, sondern auch mancherlei Kompetenzkonflikte unvermeidlich wären, so ist eine derartige Einrichtung praktisch nirgends durchgeführt, ohne daſs sich bis jetzt ein dringendes Bedürfnis hiernach ergeben hätte. Am meisten nähert sich die österreichische Organisation dieser Forderung, indem hier im Ackerbauministerium die verschiedenen Sek- tionen besondere forsttechnische Räte haben, sowie auch in den mitt- leren und unteren Instanzen die Staatsforstverwaltung von der Hand- habung der Forstpolizei vollständig getrennt ist. Eine Beaufsichtigung der ersteren durch die Forstbeamten der politischen Verwaltung findet indessen auch hier nicht statt. 1) Gewöhnlich ist nur eine Trennung in der Weise durchgeführt, daſs die Forstpolizei und die Staatsforstverwaltung verschiedene Ministerial- abteilungen und Dezernate bilden, während die nämlichen forsttech- nischen Räte beiderlei Angelegenheiten bearbeiten. Ausschlieſslich für die Zwecke der Forstpolitik fungiert der eid- genössische Oberforstinspektor in Bern, welcher lediglich die Aufrecht- 1) In Oesterreich bildet das Ackerbauministerium die oberste Behörde in forstlichen Angelegenheiten. Laut Verordnung vom 29. I. 1868 umfaſst sein Wir- kungskreis in dieser Beziehung die Handhabung des Forstgesetzes in oberster Linie sowie die Forst- und Feldpolizei; die legislativen Verhandlungen bezüglich der Forst-, Jagd- und Feldpolizei (Sektion I, Departement III und IV); die oberste Leitung des land- und forstwirtschaftlichen Unterrichts und des Versuchswesens (mit einem nur beschränkten Einflusse auf die dem Ministerium für Kultus und Unterricht unter- stehende Hochschule für Bodenkultur) (Sektion II, Departement II). Durch Ent- schlieſsung vom 1. I. 1869 ist auch die oberste Entscheidung und Erledigung der Rekurse und Administrativverhandlungen in Jagd-, Feldpolizei- und in Fischerei- angelegenheiten von dem Ministerium des Innern an das Ackerbauministerium über- gegangen. Ferner wurde dem Ackerbauministerium vom 1. V. 1872 an die oberste Verwaltung der Staatsforsten, Staatsdomänen und Montanwerke, dann die Religions- und Studienfondsgüter übertragen (Sektion II, Departement VII und VIII). Durch die Gesetze vom 30. VI. 1884 ist die Kompetenz des Ackerbauministeriums für die Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues (Meliorationsgesetz) und betr. der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswassern (Wild- bachverbauung) normiert (Sektion I, Departement IV).

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/305>, abgerufen am 03.05.2024.