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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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II. Abschnitt. Forstpolizei.
strafsachen der als Staatsanwalt fungierende Forstbeamte schriftlich
hierauf anträgt.

Wird vom Strafmandate kein Gebrauch gemacht oder widerspricht
der Beschuldigte, so findet die Hauptverhandlung beim Amtsgerichte
statt. Die Bestimmungen darüber, ob und unter welchen Umständen
die Zuziehung von Schöffen erforderlich ist, wurden in den einzelnen
Staaten sehr verschiedenartig getroffen.

In Württemberg findet die Verhandlung ohne Schöffen statt, wenn
auf keine höhere Strafe als auf Gefängnis bis zu drei Monaten oder
auf Geldstrafe und die an deren Stelle tretende Freiheitsstrafe zu er-
kennen ist. In Preussen sind Schöffen in allen Fällen zuzuziehen, in
welchen neben Geldstrafe auch Gefängnisstrafe angedroht ist; in Bayern
werden sämtliche Forstrügesachen ohne Zuziehung von Schöffen verhan-
delt und entschieden.

Schwerere Straffälle sind in Preussen, Württemberg, Baden, Elsass-
Lothringen den Schöffengerichten, in Baden unter Umständen (grosser
Forstdiebstahl) sogar den Landgerichten überwiesen.

Strafverfügungen von seiten der Polizeibehörden kommen in
Forststrafsachen nur nach dem württembergischen Forstpolizeigesetze in
einzelnen Fällen zur Anwendung; der Erlass der Strafverfügung findet
alsdann durch den Gemeindevorsteher statt, die Rekurse werden vom
Forstamte oder von der Forstdirektion beschieden.

Als Amtsanwalt fungiert bei den Forststrafgerichten mit Rücksicht
auf die Eigenartigkeit der zur Verhandlung gelangenden Fälle ein
Forstbeamter. Dieser ist der Regel nach ein Staatsforstbeamter, nur
da, wo Staatswaldbesitz fehlt und deshalb die Übertragung dieser
Funktion an Staatsforstbeamte wegen zu grosser Entfernung unzulässig
erscheint, werden geeignete Forstverwaltungsbeamte von Gemeinden
oder Privaten mit derselben betraut. 1)

Die auf eigene Wahrnehmung gegründeten, in den Forstrügever-
zeichnissen gehörig bezeugten Angaben der beeidigten Forstschutzbe-
diensteten und sonstiger Organe der Forststrafgerichte haben volle Be-
weiskraft bis zum Gegenbeweise, sofern nicht besondere Gründe die
Glaubwürdigkeit in Frage stellen.

Den geschädigten Waldeigentümern wird nur in Württemberg von
dem Termine zur Hauptverhandlung Kenntnis gegeben.

Gegen die Urteile der Amtsgerichte (mit oder ohne Zuziehung von
Schöffen) kann die Berufung an das Landgericht eingelegt werden.

Einige Gesetze, z. B. das preussische Forstdiebstahlsgesetz, enthalten
die Bestimmung, dass die Strafkammern in der Berufungsinstanz bei

1) Preussen, Forstdiebstahlsgesetz, § 19: Das Amt des Amtsanwaltes kann
verwaltenden Forstbeamten übertragen werden.

II. Abschnitt. Forstpolizei.
strafsachen der als Staatsanwalt fungierende Forstbeamte schriftlich
hierauf anträgt.

Wird vom Strafmandate kein Gebrauch gemacht oder widerspricht
der Beschuldigte, so findet die Hauptverhandlung beim Amtsgerichte
statt. Die Bestimmungen darüber, ob und unter welchen Umständen
die Zuziehung von Schöffen erforderlich ist, wurden in den einzelnen
Staaten sehr verschiedenartig getroffen.

In Württemberg findet die Verhandlung ohne Schöffen statt, wenn
auf keine höhere Strafe als auf Gefängnis bis zu drei Monaten oder
auf Geldstrafe und die an deren Stelle tretende Freiheitsstrafe zu er-
kennen ist. In Preuſsen sind Schöffen in allen Fällen zuzuziehen, in
welchen neben Geldstrafe auch Gefängnisstrafe angedroht ist; in Bayern
werden sämtliche Forstrügesachen ohne Zuziehung von Schöffen verhan-
delt und entschieden.

Schwerere Straffälle sind in Preuſsen, Württemberg, Baden, Elsaſs-
Lothringen den Schöffengerichten, in Baden unter Umständen (groſser
Forstdiebstahl) sogar den Landgerichten überwiesen.

Strafverfügungen von seiten der Polizeibehörden kommen in
Forststrafsachen nur nach dem württembergischen Forstpolizeigesetze in
einzelnen Fällen zur Anwendung; der Erlaſs der Strafverfügung findet
alsdann durch den Gemeindevorsteher statt, die Rekurse werden vom
Forstamte oder von der Forstdirektion beschieden.

Als Amtsanwalt fungiert bei den Forststrafgerichten mit Rücksicht
auf die Eigenartigkeit der zur Verhandlung gelangenden Fälle ein
Forstbeamter. Dieser ist der Regel nach ein Staatsforstbeamter, nur
da, wo Staatswaldbesitz fehlt und deshalb die Übertragung dieser
Funktion an Staatsforstbeamte wegen zu groſser Entfernung unzulässig
erscheint, werden geeignete Forstverwaltungsbeamte von Gemeinden
oder Privaten mit derselben betraut. 1)

Die auf eigene Wahrnehmung gegründeten, in den Forstrügever-
zeichnissen gehörig bezeugten Angaben der beeidigten Forstschutzbe-
diensteten und sonstiger Organe der Forststrafgerichte haben volle Be-
weiskraft bis zum Gegenbeweise, sofern nicht besondere Gründe die
Glaubwürdigkeit in Frage stellen.

Den geschädigten Waldeigentümern wird nur in Württemberg von
dem Termine zur Hauptverhandlung Kenntnis gegeben.

Gegen die Urteile der Amtsgerichte (mit oder ohne Zuziehung von
Schöffen) kann die Berufung an das Landgericht eingelegt werden.

Einige Gesetze, z. B. das preuſsische Forstdiebstahlsgesetz, enthalten
die Bestimmung, daſs die Strafkammern in der Berufungsinstanz bei

1) Preuſsen, Forstdiebstahlsgesetz, § 19: Das Amt des Amtsanwaltes kann
verwaltenden Forstbeamten übertragen werden.
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[279/0297] II. Abschnitt. Forstpolizei. strafsachen der als Staatsanwalt fungierende Forstbeamte schriftlich hierauf anträgt. Wird vom Strafmandate kein Gebrauch gemacht oder widerspricht der Beschuldigte, so findet die Hauptverhandlung beim Amtsgerichte statt. Die Bestimmungen darüber, ob und unter welchen Umständen die Zuziehung von Schöffen erforderlich ist, wurden in den einzelnen Staaten sehr verschiedenartig getroffen. In Württemberg findet die Verhandlung ohne Schöffen statt, wenn auf keine höhere Strafe als auf Gefängnis bis zu drei Monaten oder auf Geldstrafe und die an deren Stelle tretende Freiheitsstrafe zu er- kennen ist. In Preuſsen sind Schöffen in allen Fällen zuzuziehen, in welchen neben Geldstrafe auch Gefängnisstrafe angedroht ist; in Bayern werden sämtliche Forstrügesachen ohne Zuziehung von Schöffen verhan- delt und entschieden. Schwerere Straffälle sind in Preuſsen, Württemberg, Baden, Elsaſs- Lothringen den Schöffengerichten, in Baden unter Umständen (groſser Forstdiebstahl) sogar den Landgerichten überwiesen. Strafverfügungen von seiten der Polizeibehörden kommen in Forststrafsachen nur nach dem württembergischen Forstpolizeigesetze in einzelnen Fällen zur Anwendung; der Erlaſs der Strafverfügung findet alsdann durch den Gemeindevorsteher statt, die Rekurse werden vom Forstamte oder von der Forstdirektion beschieden. Als Amtsanwalt fungiert bei den Forststrafgerichten mit Rücksicht auf die Eigenartigkeit der zur Verhandlung gelangenden Fälle ein Forstbeamter. Dieser ist der Regel nach ein Staatsforstbeamter, nur da, wo Staatswaldbesitz fehlt und deshalb die Übertragung dieser Funktion an Staatsforstbeamte wegen zu groſser Entfernung unzulässig erscheint, werden geeignete Forstverwaltungsbeamte von Gemeinden oder Privaten mit derselben betraut. 1) Die auf eigene Wahrnehmung gegründeten, in den Forstrügever- zeichnissen gehörig bezeugten Angaben der beeidigten Forstschutzbe- diensteten und sonstiger Organe der Forststrafgerichte haben volle Be- weiskraft bis zum Gegenbeweise, sofern nicht besondere Gründe die Glaubwürdigkeit in Frage stellen. Den geschädigten Waldeigentümern wird nur in Württemberg von dem Termine zur Hauptverhandlung Kenntnis gegeben. Gegen die Urteile der Amtsgerichte (mit oder ohne Zuziehung von Schöffen) kann die Berufung an das Landgericht eingelegt werden. Einige Gesetze, z. B. das preuſsische Forstdiebstahlsgesetz, enthalten die Bestimmung, daſs die Strafkammern in der Berufungsinstanz bei 1) Preuſsen, Forstdiebstahlsgesetz, § 19: Das Amt des Amtsanwaltes kann verwaltenden Forstbeamten übertragen werden.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/297>, abgerufen am 22.11.2024.