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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Die Erfolge und Misserfolge des preussischen Waldgenossenschafts-
gesetzes zeigen, dass auf dem Wege der Freiwilligkeit fast gar nichts
und bei weitgehenden Anforderungen bezüglich der Majorität selbst
unter Anwendung des bedingten Zwanges nur sehr wenig für die
Bildung der Waldgenossenschaften zu erreichen ist.

Der Grund hierfür liegt in dem Mangel an Einsicht und technischen
Kenntnissen in den beteiligten Kreisen.

Ungleich wirksamer sind jene Gesetze, welche einen ausgiebigen
Zwang und eventuell sogar die Expropriation gegenüber der wider-
strebenden Minorität gestatten.

So räumt z. B. das italienische Gesetz von 1877 bei Aufforstungs-
arbeiten im Schutzwaldgebiete der Majorität, wenn dieselbe wenigstens
4/5 der betreffenden Fläche besitzt, unter gewissen Voraussetzungen das
Expropriationsrecht gegen die widerstrebenden Besitzer ein, um so die
Erreichung eines im öffentlichen Interesse als notwendig erkannten
Zieles sicher zu stellen 1); ebenso statuiert das Gesetz vom 1. März 1888
die Expropriation von seiten der Genossenschaft oder von Amts wegen
gegen Grundbesitzer, welche sich weigern, die beschlossenen Aufforstungs-
arbeiten auszuführen.

Das ungarische Forstgesetz von 1879 erfordert zur Bildung von
Waldgenossenschaften für Aufforstungen im Schutzwaldgebiete keinerlei

genossenschaft ist nur zulässig a) in den Fällen des § 23 bei 1 (Schutzgenossen-
schaften), wenn die Mehrzahl der Beteiligten, nach dem Katastral-Reinertrag der
Grundstücke berechnet, dem Antrage zustimmt; b) in den Fällen des § 23 bei 2
(Wirtschaftsgenossenschaften), wenn mindestens ein Drittel der Beteiligten dem An-
trage zustimmt und die beteiligten Grundstücke derselben mehr als die Hälfte des
Katastral-Reinertrages sämtlicher beteiligten Grundstücke haben.
Das Waldkulturgesetz für Wittgenstein verlangt die Zustimmung der Mehr-
zahl nach dem Katastral-Reinertrag.
Das italienische Gesetz vom 20. VI. 1877 verlangt einfache Majorität der
Interessenten (maggioranza degli interessati) und räumt den Widerstrebenden die
Befugnis ein, ihre Grundstücke der Majorität um den Schätzungspreis zu oktroyieren
(i proprietari dissidenti hanno pero il diritto di esimersi da siffato obbligo, cedando
i terreni al consorzio a prezzo di stima, nel qual caso e obbligatorio l'acquisto pel
consorzio stesso).
Das weitere Gesetz vom 1. III. 1888 zur Beförderung der Aufforstungen ver-
langt zur Genossenschaftsbildung, dass mindestens die Besitzer von 3/5 der Fläche,
welche die Hälfte des gesamten Katastralwertes oder in Ermangelung dessen die
Hälfte des Schätzungswertes umfassen, der Genossenschaftsbildung zustimmt.
1) Italien, Gesetz vom 20. VI. 1877 Art. 14: Ove trattisi di semplici opere
di rimboschimento, e dato facolta al Consorzio di procedere, nei modi indicati
dalla legge, all' espropriazione dei terreni essistenti nell' area del rimboschimento
stesso, qualora i propriatiri di codesti terreni non abbiano voluto, o non vogliano
partecipare al consorzio, e venga approvato, che le colture forestali non possono
eseguirsi senza la partecipazione dei dissidenti, o che questi approfitterebbero delle
colture stesse.
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Die Erfolge und Miſserfolge des preuſsischen Waldgenossenschafts-
gesetzes zeigen, daſs auf dem Wege der Freiwilligkeit fast gar nichts
und bei weitgehenden Anforderungen bezüglich der Majorität selbst
unter Anwendung des bedingten Zwanges nur sehr wenig für die
Bildung der Waldgenossenschaften zu erreichen ist.

Der Grund hierfür liegt in dem Mangel an Einsicht und technischen
Kenntnissen in den beteiligten Kreisen.

Ungleich wirksamer sind jene Gesetze, welche einen ausgiebigen
Zwang und eventuell sogar die Expropriation gegenüber der wider-
strebenden Minorität gestatten.

So räumt z. B. das italienische Gesetz von 1877 bei Aufforstungs-
arbeiten im Schutzwaldgebiete der Majorität, wenn dieselbe wenigstens
⅘ der betreffenden Fläche besitzt, unter gewissen Voraussetzungen das
Expropriationsrecht gegen die widerstrebenden Besitzer ein, um so die
Erreichung eines im öffentlichen Interesse als notwendig erkannten
Zieles sicher zu stellen 1); ebenso statuiert das Gesetz vom 1. März 1888
die Expropriation von seiten der Genossenschaft oder von Amts wegen
gegen Grundbesitzer, welche sich weigern, die beschlossenen Aufforstungs-
arbeiten auszuführen.

Das ungarische Forstgesetz von 1879 erfordert zur Bildung von
Waldgenossenschaften für Aufforstungen im Schutzwaldgebiete keinerlei

genossenschaft ist nur zulässig a) in den Fällen des § 23 bei 1 (Schutzgenossen-
schaften), wenn die Mehrzahl der Beteiligten, nach dem Katastral-Reinertrag der
Grundstücke berechnet, dem Antrage zustimmt; b) in den Fällen des § 23 bei 2
(Wirtschaftsgenossenschaften), wenn mindestens ein Drittel der Beteiligten dem An-
trage zustimmt und die beteiligten Grundstücke derselben mehr als die Hälfte des
Katastral-Reinertrages sämtlicher beteiligten Grundstücke haben.
Das Waldkulturgesetz für Wittgenstein verlangt die Zustimmung der Mehr-
zahl nach dem Katastral-Reinertrag.
Das italienische Gesetz vom 20. VI. 1877 verlangt einfache Majorität der
Interessenten (maggioranza degli interessati) und räumt den Widerstrebenden die
Befugnis ein, ihre Grundstücke der Majorität um den Schätzungspreis zu oktroyieren
(i proprietari dissidenti hanno però il diritto di esimersi da siffato obbligo, cedando
i terreni al consorzio a prezzo di stima, nel qual caso è obbligatorio l’acquisto pel
consorzio stesso).
Das weitere Gesetz vom 1. III. 1888 zur Beförderung der Aufforstungen ver-
langt zur Genossenschaftsbildung, daſs mindestens die Besitzer von ⅗ der Fläche,
welche die Hälfte des gesamten Katastralwertes oder in Ermangelung dessen die
Hälfte des Schätzungswertes umfassen, der Genossenschaftsbildung zustimmt.
1) Italien, Gesetz vom 20. VI. 1877 Art. 14: Ove trattisi di semplici opere
di rimboschimento, è dato facoltà al Consorzio di procedere, nei modi indicati
dalla legge, all’ espropriazione dei terreni essistenti nell’ area del rimboschimento
stesso, qualora i propriatiri di codesti terreni non abbiano voluto, o non vogliano
partecipare al consorzio, e venga approvato, che le colture forestali non possono
eseguirsi senza la partecipazione dei dissidenti, o che questi approfitterebbero delle
colture stesse.
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[203/0221] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. Die Erfolge und Miſserfolge des preuſsischen Waldgenossenschafts- gesetzes zeigen, daſs auf dem Wege der Freiwilligkeit fast gar nichts und bei weitgehenden Anforderungen bezüglich der Majorität selbst unter Anwendung des bedingten Zwanges nur sehr wenig für die Bildung der Waldgenossenschaften zu erreichen ist. Der Grund hierfür liegt in dem Mangel an Einsicht und technischen Kenntnissen in den beteiligten Kreisen. Ungleich wirksamer sind jene Gesetze, welche einen ausgiebigen Zwang und eventuell sogar die Expropriation gegenüber der wider- strebenden Minorität gestatten. So räumt z. B. das italienische Gesetz von 1877 bei Aufforstungs- arbeiten im Schutzwaldgebiete der Majorität, wenn dieselbe wenigstens ⅘ der betreffenden Fläche besitzt, unter gewissen Voraussetzungen das Expropriationsrecht gegen die widerstrebenden Besitzer ein, um so die Erreichung eines im öffentlichen Interesse als notwendig erkannten Zieles sicher zu stellen 1); ebenso statuiert das Gesetz vom 1. März 1888 die Expropriation von seiten der Genossenschaft oder von Amts wegen gegen Grundbesitzer, welche sich weigern, die beschlossenen Aufforstungs- arbeiten auszuführen. Das ungarische Forstgesetz von 1879 erfordert zur Bildung von Waldgenossenschaften für Aufforstungen im Schutzwaldgebiete keinerlei 2) 1) Italien, Gesetz vom 20. VI. 1877 Art. 14: Ove trattisi di semplici opere di rimboschimento, è dato facoltà al Consorzio di procedere, nei modi indicati dalla legge, all’ espropriazione dei terreni essistenti nell’ area del rimboschimento stesso, qualora i propriatiri di codesti terreni non abbiano voluto, o non vogliano partecipare al consorzio, e venga approvato, che le colture forestali non possono eseguirsi senza la partecipazione dei dissidenti, o che questi approfitterebbero delle colture stesse. 2) genossenschaft ist nur zulässig a) in den Fällen des § 23 bei 1 (Schutzgenossen- schaften), wenn die Mehrzahl der Beteiligten, nach dem Katastral-Reinertrag der Grundstücke berechnet, dem Antrage zustimmt; b) in den Fällen des § 23 bei 2 (Wirtschaftsgenossenschaften), wenn mindestens ein Drittel der Beteiligten dem An- trage zustimmt und die beteiligten Grundstücke derselben mehr als die Hälfte des Katastral-Reinertrages sämtlicher beteiligten Grundstücke haben. Das Waldkulturgesetz für Wittgenstein verlangt die Zustimmung der Mehr- zahl nach dem Katastral-Reinertrag. Das italienische Gesetz vom 20. VI. 1877 verlangt einfache Majorität der Interessenten (maggioranza degli interessati) und räumt den Widerstrebenden die Befugnis ein, ihre Grundstücke der Majorität um den Schätzungspreis zu oktroyieren (i proprietari dissidenti hanno però il diritto di esimersi da siffato obbligo, cedando i terreni al consorzio a prezzo di stima, nel qual caso è obbligatorio l’acquisto pel consorzio stesso). Das weitere Gesetz vom 1. III. 1888 zur Beförderung der Aufforstungen ver- langt zur Genossenschaftsbildung, daſs mindestens die Besitzer von ⅗ der Fläche, welche die Hälfte des gesamten Katastralwertes oder in Ermangelung dessen die Hälfte des Schätzungswertes umfassen, der Genossenschaftsbildung zustimmt.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/221>, abgerufen am 05.12.2024.