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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Soweit Anwärter dieser Beamtenkategorie ihre Ausbildung nicht
in Eisenach oder Aschaffenburg betreiben, erlangen sie diese auf den
übrigen forstlichen Bildungsstätten, die sie als Hospitanten mit ge-
ringeren Ansprüchen bezüglich der Vorbildung besuchen und aus deren
Lehrplan sie nur die für ihre Verhältnisse nötigen Vorlesungen auswählen.

Ungleich lebhafter als in Deutschland ist das Bedürfnis nach forst-
lichen Mittelschulen in Oesterreich wegen des sehr ausgedehnten
Privatwaldbesitzes, wo die Abiturienten solcher Anstalten als Beamte
wegen ihrer geringeren Ansprüche besonders gesucht sind.

In Oesterreich bestehen als forstliche Mittelschulen: die Forstlehr-
anstalten Weisswasser, Eulenberg und Lemberg; für letztere wird
die Vereinigung mit dem dortigen Polytechnikum erstrebt. 1889 wurde
ferner eine technische Mittelschule in Serajewo eröffnet, welche eine
Forst- und eine Bauabteilung umfasst und speziell zur Ausbildung der
Beamten für Bosnien und die Herzegowina bestimmt ist.

In Frankreich besteht eine derartige Schule (ecole secondaire)
in Barres (organisiert 1873).

Die übereinstimmenden Grundsätze für alle forstlichen Mittelschulen
sind folgende:

Für das Verständnis der dort zu haltenden Vorlesungen wird nicht
die volle Maturitas gefordert, sondern nur der Besuch einer verschie-
denen Anzahl von Klassen einer Realschule.

Vor Eintritt in diese Schulen ist stets eine bald längere, bald
kürzere "Vorlehre" zu absolvieren.

Der Unterricht hat eine vorwiegend praktische Tendenz, die staats-
wissenschaftliche Ausbildung fehlt in der Regel ganz (nicht in Eisenach),
und die Naturwissenschaften finden nur so weit Berücksichtigung, als
zum Verständnisse der forstlichen Vorlesungen unbedingt erforderlich ist.

§ 3. Die Ausbildung der Forstschutzbeamten. Eine dritte Stufe der
forstlichen Ausbildung besteht für die Forstschutzbeamten.

Dieselbe ist überall da von besonderer Bedeutung, wo von dieser
Beamtenkategorie nicht nur die Ausübung des Forstschutzes und die
Überwachung der Waldarbeiten, sondern eine weitergehende Unter-
stützung der Verwaltungsbeamten im Betriebe gefordert wird. Ferner
kommt in jenen Staaten, in welchen der Staatsforstbesitz zurücktritt,
der forstpolitische Gesichtspunkt in Betracht, dass es wünschenswert ist,
in den kleineren Gemeinde- und Privatforsten (vom Zwergbesitz natür-
lich abgesehen), wo sich häufig nur diese eine Klasse von Beamten
findet, durch bessere Vorbildung derselben die Forstwirtschaft zu heben.

Allenthalben hat bis vor etwa 25 Jahren die Vorbereitung und
einzige Ausbildung der Schutzbeamten in einer 2--3jährigen Lehrzeit
bestanden, ohne weitere Vorkenntnisse als jene der Elementarschule.
Hierbei traten jedoch verschiedene Missstände hervor, namentlich die

I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Soweit Anwärter dieser Beamtenkategorie ihre Ausbildung nicht
in Eisenach oder Aschaffenburg betreiben, erlangen sie diese auf den
übrigen forstlichen Bildungsstätten, die sie als Hospitanten mit ge-
ringeren Ansprüchen bezüglich der Vorbildung besuchen und aus deren
Lehrplan sie nur die für ihre Verhältnisse nötigen Vorlesungen auswählen.

Ungleich lebhafter als in Deutschland ist das Bedürfnis nach forst-
lichen Mittelschulen in Oesterreich wegen des sehr ausgedehnten
Privatwaldbesitzes, wo die Abiturienten solcher Anstalten als Beamte
wegen ihrer geringeren Ansprüche besonders gesucht sind.

In Oesterreich bestehen als forstliche Mittelschulen: die Forstlehr-
anstalten Weiſswasser, Eulenberg und Lemberg; für letztere wird
die Vereinigung mit dem dortigen Polytechnikum erstrebt. 1889 wurde
ferner eine technische Mittelschule in Serajewo eröffnet, welche eine
Forst- und eine Bauabteilung umfaſst und speziell zur Ausbildung der
Beamten für Bosnien und die Herzegowina bestimmt ist.

In Frankreich besteht eine derartige Schule (école secondaire)
in Barres (organisiert 1873).

Die übereinstimmenden Grundsätze für alle forstlichen Mittelschulen
sind folgende:

Für das Verständnis der dort zu haltenden Vorlesungen wird nicht
die volle Maturitas gefordert, sondern nur der Besuch einer verschie-
denen Anzahl von Klassen einer Realschule.

Vor Eintritt in diese Schulen ist stets eine bald längere, bald
kürzere „Vorlehre“ zu absolvieren.

Der Unterricht hat eine vorwiegend praktische Tendenz, die staats-
wissenschaftliche Ausbildung fehlt in der Regel ganz (nicht in Eisenach),
und die Naturwissenschaften finden nur so weit Berücksichtigung, als
zum Verständnisse der forstlichen Vorlesungen unbedingt erforderlich ist.

§ 3. Die Ausbildung der Forstschutzbeamten. Eine dritte Stufe der
forstlichen Ausbildung besteht für die Forstschutzbeamten.

Dieselbe ist überall da von besonderer Bedeutung, wo von dieser
Beamtenkategorie nicht nur die Ausübung des Forstschutzes und die
Überwachung der Waldarbeiten, sondern eine weitergehende Unter-
stützung der Verwaltungsbeamten im Betriebe gefordert wird. Ferner
kommt in jenen Staaten, in welchen der Staatsforstbesitz zurücktritt,
der forstpolitische Gesichtspunkt in Betracht, daſs es wünschenswert ist,
in den kleineren Gemeinde- und Privatforsten (vom Zwergbesitz natür-
lich abgesehen), wo sich häufig nur diese eine Klasse von Beamten
findet, durch bessere Vorbildung derselben die Forstwirtschaft zu heben.

Allenthalben hat bis vor etwa 25 Jahren die Vorbereitung und
einzige Ausbildung der Schutzbeamten in einer 2—3jährigen Lehrzeit
bestanden, ohne weitere Vorkenntnisse als jene der Elementarschule.
Hierbei traten jedoch verschiedene Miſsstände hervor, namentlich die

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[117/0135] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. Soweit Anwärter dieser Beamtenkategorie ihre Ausbildung nicht in Eisenach oder Aschaffenburg betreiben, erlangen sie diese auf den übrigen forstlichen Bildungsstätten, die sie als Hospitanten mit ge- ringeren Ansprüchen bezüglich der Vorbildung besuchen und aus deren Lehrplan sie nur die für ihre Verhältnisse nötigen Vorlesungen auswählen. Ungleich lebhafter als in Deutschland ist das Bedürfnis nach forst- lichen Mittelschulen in Oesterreich wegen des sehr ausgedehnten Privatwaldbesitzes, wo die Abiturienten solcher Anstalten als Beamte wegen ihrer geringeren Ansprüche besonders gesucht sind. In Oesterreich bestehen als forstliche Mittelschulen: die Forstlehr- anstalten Weiſswasser, Eulenberg und Lemberg; für letztere wird die Vereinigung mit dem dortigen Polytechnikum erstrebt. 1889 wurde ferner eine technische Mittelschule in Serajewo eröffnet, welche eine Forst- und eine Bauabteilung umfaſst und speziell zur Ausbildung der Beamten für Bosnien und die Herzegowina bestimmt ist. In Frankreich besteht eine derartige Schule (école secondaire) in Barres (organisiert 1873). Die übereinstimmenden Grundsätze für alle forstlichen Mittelschulen sind folgende: Für das Verständnis der dort zu haltenden Vorlesungen wird nicht die volle Maturitas gefordert, sondern nur der Besuch einer verschie- denen Anzahl von Klassen einer Realschule. Vor Eintritt in diese Schulen ist stets eine bald längere, bald kürzere „Vorlehre“ zu absolvieren. Der Unterricht hat eine vorwiegend praktische Tendenz, die staats- wissenschaftliche Ausbildung fehlt in der Regel ganz (nicht in Eisenach), und die Naturwissenschaften finden nur so weit Berücksichtigung, als zum Verständnisse der forstlichen Vorlesungen unbedingt erforderlich ist. § 3. Die Ausbildung der Forstschutzbeamten. Eine dritte Stufe der forstlichen Ausbildung besteht für die Forstschutzbeamten. Dieselbe ist überall da von besonderer Bedeutung, wo von dieser Beamtenkategorie nicht nur die Ausübung des Forstschutzes und die Überwachung der Waldarbeiten, sondern eine weitergehende Unter- stützung der Verwaltungsbeamten im Betriebe gefordert wird. Ferner kommt in jenen Staaten, in welchen der Staatsforstbesitz zurücktritt, der forstpolitische Gesichtspunkt in Betracht, daſs es wünschenswert ist, in den kleineren Gemeinde- und Privatforsten (vom Zwergbesitz natür- lich abgesehen), wo sich häufig nur diese eine Klasse von Beamten findet, durch bessere Vorbildung derselben die Forstwirtschaft zu heben. Allenthalben hat bis vor etwa 25 Jahren die Vorbereitung und einzige Ausbildung der Schutzbeamten in einer 2—3jährigen Lehrzeit bestanden, ohne weitere Vorkenntnisse als jene der Elementarschule. Hierbei traten jedoch verschiedene Miſsstände hervor, namentlich die

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/135>, abgerufen am 27.04.2024.