Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

tur aus der Gleichheit der Entwicklungsgesetze
der Elementartheile der Thiere und Pflanzen nach-
zuweisen.

Das Hauptresultat der Untersuchung ist, dass
ein gemeinsames Entwicklungsprinzip allen ein-
zelnen Elementartheilen aller Organismen zum
Grunde liegt, ungefähr so wie alle Krystalle
trotz der Verschiedenheit ihrer Form sich doch
nach denselben Gesetzen bilden. Ich habe den
Sinn eines solchen Vergleichs im Anfange des
dritten Abschnittes dieser Abhandlung ausführli-
cher auseinanderzusetzen mich bemüht und will
hier noch die wichtigsten geschichtlichen Mo-
mente in Bezug auf die Ausbildung dieser Idee
hervorheben.

Sobald man das Mikroskop zur Erforschung
der Struktur der Pflanzen benutzte, musste die
grosse Einfachheit derselben im Vergleich mit
der Structur der Thiere auffallen. Während die
Pflanzen sich ganz aus Zellen zusammengesetzt
zeigten, waren die Elementartheile der Thiere
äusserst manchfaltig und die meisten derselben
schienen mit Zellen gar nichts gemeinsam zu ha-
ben. Dies harmonirte mit einer längst geltenden
Ansicht, dass nämlich das Wachsthum der Thiere,
deren Gewebe mit Gefässen versehen sind, we-
sentlich verschieden sei von dem der Pflanzen.
Den ohne Gefässe wachsenden Elementarthei-
len der Pflanzen schrieb man ein selbstständiges
Leben zu, man betrachtet sie gewisser Maassen
als Individuen, die erst die ganze Pflanze zu-

tur aus der Gleichheit der Entwicklungsgesetze
der Elementartheile der Thiere und Pflanzen nach-
zuweisen.

Das Hauptresultat der Untersuchung ist, daſs
ein gemeinsames Entwicklungsprinzip allen ein-
zelnen Elementartheilen aller Organismen zum
Grunde liegt, ungefähr so wie alle Krystalle
trotz der Verschiedenheit ihrer Form sich doch
nach denselben Gesetzen bilden. Ich habe den
Sinn eines solchen Vergleichs im Anfange des
dritten Abschnittes dieser Abhandlung ausführli-
cher auseinanderzusetzen mich bemüht und will
hier noch die wichtigsten geschichtlichen Mo-
mente in Bezug auf die Ausbildung dieser Idee
hervorheben.

Sobald man das Mikroskop zur Erforschung
der Struktur der Pflanzen benutzte, muſste die
groſse Einfachheit derselben im Vergleich mit
der Structur der Thiere auffallen. Während die
Pflanzen sich ganz aus Zellen zusammengesetzt
zeigten, waren die Elementartheile der Thiere
äuſserst manchfaltig und die meisten derselben
schienen mit Zellen gar nichts gemeinsam zu ha-
ben. Dies harmonirte mit einer längst geltenden
Ansicht, daſs nämlich das Wachsthum der Thiere,
deren Gewebe mit Gefäſsen versehen sind, we-
sentlich verschieden sei von dem der Pflanzen.
Den ohne Gefäſse wachsenden Elementarthei-
len der Pflanzen schrieb man ein selbstständiges
Leben zu, man betrachtet sie gewisser Maaſsen
als Individuen, die erst die ganze Pflanze zu-

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="IV"/>
tur aus der Gleichheit der Entwicklungsgesetze<lb/>
der Elementartheile der Thiere und Pflanzen nach-<lb/>
zuweisen.</p><lb/>
        <p>Das Hauptresultat der Untersuchung ist, da&#x017F;s<lb/>
ein gemeinsames Entwicklungsprinzip allen ein-<lb/>
zelnen Elementartheilen aller Organismen zum<lb/>
Grunde liegt, ungefähr so wie alle Krystalle<lb/>
trotz der Verschiedenheit ihrer Form sich doch<lb/>
nach denselben Gesetzen bilden. Ich habe den<lb/>
Sinn eines solchen Vergleichs im Anfange des<lb/>
dritten Abschnittes dieser Abhandlung ausführli-<lb/>
cher auseinanderzusetzen mich bemüht und will<lb/>
hier noch die wichtigsten geschichtlichen Mo-<lb/>
mente in Bezug auf die Ausbildung dieser Idee<lb/>
hervorheben.</p><lb/>
        <p>Sobald man das Mikroskop zur Erforschung<lb/>
der Struktur der Pflanzen benutzte, mu&#x017F;ste die<lb/>
gro&#x017F;se Einfachheit derselben im Vergleich mit<lb/>
der Structur der Thiere auffallen. Während die<lb/>
Pflanzen sich ganz aus Zellen zusammengesetzt<lb/>
zeigten, waren die Elementartheile der Thiere<lb/>
äu&#x017F;serst manchfaltig und die meisten derselben<lb/>
schienen mit Zellen gar nichts gemeinsam zu ha-<lb/>
ben. Dies harmonirte mit einer längst geltenden<lb/>
Ansicht, da&#x017F;s nämlich das Wachsthum der Thiere,<lb/>
deren Gewebe mit Gefä&#x017F;sen versehen sind, we-<lb/>
sentlich verschieden sei von dem der Pflanzen.<lb/>
Den ohne Gefä&#x017F;se wachsenden Elementarthei-<lb/>
len der Pflanzen schrieb man ein selbstständiges<lb/>
Leben zu, man betrachtet sie gewisser Maa&#x017F;sen<lb/>
als Individuen, die erst die ganze Pflanze zu-<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[IV/0010] tur aus der Gleichheit der Entwicklungsgesetze der Elementartheile der Thiere und Pflanzen nach- zuweisen. Das Hauptresultat der Untersuchung ist, daſs ein gemeinsames Entwicklungsprinzip allen ein- zelnen Elementartheilen aller Organismen zum Grunde liegt, ungefähr so wie alle Krystalle trotz der Verschiedenheit ihrer Form sich doch nach denselben Gesetzen bilden. Ich habe den Sinn eines solchen Vergleichs im Anfange des dritten Abschnittes dieser Abhandlung ausführli- cher auseinanderzusetzen mich bemüht und will hier noch die wichtigsten geschichtlichen Mo- mente in Bezug auf die Ausbildung dieser Idee hervorheben. Sobald man das Mikroskop zur Erforschung der Struktur der Pflanzen benutzte, muſste die groſse Einfachheit derselben im Vergleich mit der Structur der Thiere auffallen. Während die Pflanzen sich ganz aus Zellen zusammengesetzt zeigten, waren die Elementartheile der Thiere äuſserst manchfaltig und die meisten derselben schienen mit Zellen gar nichts gemeinsam zu ha- ben. Dies harmonirte mit einer längst geltenden Ansicht, daſs nämlich das Wachsthum der Thiere, deren Gewebe mit Gefäſsen versehen sind, we- sentlich verschieden sei von dem der Pflanzen. Den ohne Gefäſse wachsenden Elementarthei- len der Pflanzen schrieb man ein selbstständiges Leben zu, man betrachtet sie gewisser Maaſsen als Individuen, die erst die ganze Pflanze zu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/10
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/10>, abgerufen am 18.04.2024.