durchschlagen sollten. Vielmehr wollen wir warten, bis Memnon da ist, der Aethiopier, aus dem Lande der schwarzen Männer, der wohl mit seinem unzähligen Volke schon unterwegs ist, uns Hülfe zu bringen! Es ist schon viel Zeit verflossen, seit meine Boten zu ihm gegangen sind. Deßwegen haltet nur noch ein Kleines aus; und müßtet ihr selbst im Kampfe Alle umkommen, so ist es doch besser, als bei Fremdlingen, von Schande gebeugt, sein Leben fristen zu müssen!"
Zwischen diese entgegengesetzten Meinungen trat ein bedächtlicher Mann unter den Trojanern, der Held Polydamas, und gab seinen Rath mit folgenden Worten: "Wenn Memnon wirklich kommt, so habe ich nichts dage¬ gen, König und Herr! Aber ich befürchte, der Mann wird mit sammt seinen Gefährten den Tod bei uns finden, und den Unsrigen nur noch mehr Unheil bereiten. Doch bin auch ich keineswegs der Meinung, daß wir das Land unsrer Väter verlassen sollten. Vielmehr wäre, wenn es auch jetzt spät ist, doch immer noch das Beste, wenn wir die Ursache dieses ganzen Krieges, die Fürstin Helena mit allem dem, was sie uns aus Sparta zugebracht hat, den Griechen wieder auslieferten, ehe sich die Feinde in unsre Habe getheilt und die Stadt mit Feuer verzehrt haben!"
Dieser Rede gaben die Trojaner zwar im Herzen stillen Beifall, doch wagten sie nicht, ihrem Könige laut zu widersprechen. Auf der andern Seite erhub sich Paris, Helena's Gemahl, und beschuldigte den Schutzredner der Griechen, wie er Polydamas nannte, der äußersten Feig¬ heit. "Ein Mann, der dazu rathen kann, würde im Felde der Erste seyn, der die Flucht ergriffe," sprach er.
durchſchlagen ſollten. Vielmehr wollen wir warten, bis Memnon da iſt, der Aethiopier, aus dem Lande der ſchwarzen Männer, der wohl mit ſeinem unzähligen Volke ſchon unterwegs iſt, uns Hülfe zu bringen! Es iſt ſchon viel Zeit verfloſſen, ſeit meine Boten zu ihm gegangen ſind. Deßwegen haltet nur noch ein Kleines aus; und müßtet ihr ſelbſt im Kampfe Alle umkommen, ſo iſt es doch beſſer, als bei Fremdlingen, von Schande gebeugt, ſein Leben friſten zu müſſen!“
Zwiſchen dieſe entgegengeſetzten Meinungen trat ein bedächtlicher Mann unter den Trojanern, der Held Polydamas, und gab ſeinen Rath mit folgenden Worten: „Wenn Memnon wirklich kommt, ſo habe ich nichts dage¬ gen, König und Herr! Aber ich befürchte, der Mann wird mit ſammt ſeinen Gefährten den Tod bei uns finden, und den Unſrigen nur noch mehr Unheil bereiten. Doch bin auch ich keineswegs der Meinung, daß wir das Land unſrer Väter verlaſſen ſollten. Vielmehr wäre, wenn es auch jetzt ſpät iſt, doch immer noch das Beſte, wenn wir die Urſache dieſes ganzen Krieges, die Fürſtin Helena mit allem dem, was ſie uns aus Sparta zugebracht hat, den Griechen wieder auslieferten, ehe ſich die Feinde in unſre Habe getheilt und die Stadt mit Feuer verzehrt haben!“
Dieſer Rede gaben die Trojaner zwar im Herzen ſtillen Beifall, doch wagten ſie nicht, ihrem Könige laut zu widerſprechen. Auf der andern Seite erhub ſich Paris, Helena's Gemahl, und beſchuldigte den Schutzredner der Griechen, wie er Polydamas nannte, der äußerſten Feig¬ heit. „Ein Mann, der dazu rathen kann, würde im Felde der Erſte ſeyn, der die Flucht ergriffe,“ ſprach er.
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durchſchlagen ſollten. Vielmehr wollen wir warten, bis
Memnon da iſt, der Aethiopier, aus dem Lande der
ſchwarzen Männer, der wohl mit ſeinem unzähligen Volke
ſchon unterwegs iſt, uns Hülfe zu bringen! Es iſt ſchon
viel Zeit verfloſſen, ſeit meine Boten zu ihm gegangen
ſind. Deßwegen haltet nur noch ein Kleines aus; und
müßtet ihr ſelbſt im Kampfe Alle umkommen, ſo iſt es
doch beſſer, als bei Fremdlingen, von Schande gebeugt,
ſein Leben friſten zu müſſen!“
Zwiſchen dieſe entgegengeſetzten Meinungen trat ein
bedächtlicher Mann unter den Trojanern, der Held
Polydamas, und gab ſeinen Rath mit folgenden Worten:
„Wenn Memnon wirklich kommt, ſo habe ich nichts dage¬
gen, König und Herr! Aber ich befürchte, der Mann
wird mit ſammt ſeinen Gefährten den Tod bei uns finden,
und den Unſrigen nur noch mehr Unheil bereiten. Doch
bin auch ich keineswegs der Meinung, daß wir das Land
unſrer Väter verlaſſen ſollten. Vielmehr wäre, wenn es
auch jetzt ſpät iſt, doch immer noch das Beſte, wenn wir
die Urſache dieſes ganzen Krieges, die Fürſtin Helena mit
allem dem, was ſie uns aus Sparta zugebracht hat, den
Griechen wieder auslieferten, ehe ſich die Feinde in unſre
Habe getheilt und die Stadt mit Feuer verzehrt haben!“
Dieſer Rede gaben die Trojaner zwar im Herzen
ſtillen Beifall, doch wagten ſie nicht, ihrem Könige laut
zu widerſprechen. Auf der andern Seite erhub ſich Paris,
Helena's Gemahl, und beſchuldigte den Schutzredner der
Griechen, wie er Polydamas nannte, der äußerſten Feig¬
heit. „Ein Mann, der dazu rathen kann, würde im Felde
der Erſte ſeyn, der die Flucht ergriffe,“ ſprach er.
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/355>, abgerufen am 25.11.2024.
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