schloß sie liebkosend in die Arme, und sprach unter freund¬ lichem Lächeln zu ihr: "Welcher von den Göttern hat es gewagt, dich zu mißhandeln, mein zartes Töchterchen?" "Vater," antwortete sie, "dein Weib hat mir ein Leids gethan, die zornige Juno, die alle Götter zu Streit und Hader empört." Da lachte Jupiter, streichelte sie und sprach ihr Trost ein.
Drunten aber ging Phöbus Apollo hinein in die Stadt der Trojaner, denn ihm war ernstlich bange, die Danaer möchten, dem Schicksale zum Trotz, noch heute die Mauer der schönen Veste niederreißen. Die übrigen Götter eilten, die einen voll Siegeslust, die andern voll Zorn und Gram, in den Olymp zurück, und setzten sich um den Vater, den Donnergott, im Kreise.
Achilles und Hektor vor den Thoren.
Auf einem hohen Thurme der Stadt stand der greise König Priamus, und schaute nieder auf den gewaltigen Peliden, wie er die fliehenden Trojaner vor sich hertrieb, ohne daß ein Gott oder ein Sterblicher erschien, ihn ab¬ zuwehren. Wehklagend stieg der König vom Thurme her¬ nieder, und ermahnte die Hüter der Mauer: "Oeffnet die Thorflügel und haltet sie, bis alle die fliehenden Völker sich in die Stadt hereingedrängt haben, denn Achilles tobt ganz nahe dem Schwarm, und mir ahnet schlimmer Aus¬ gang. Sind sie innerhalb der Mauer, so fuget mir die Flügel wieder wohl ineinander, sonst stürmt der Verderb¬ liche hinter ihnen durch das Thor zu uns herein! Die
ſchloß ſie liebkoſend in die Arme, und ſprach unter freund¬ lichem Lächeln zu ihr: „Welcher von den Göttern hat es gewagt, dich zu mißhandeln, mein zartes Töchterchen?“ „Vater,“ antwortete ſie, „dein Weib hat mir ein Leids gethan, die zornige Juno, die alle Götter zu Streit und Hader empört.“ Da lachte Jupiter, ſtreichelte ſie und ſprach ihr Troſt ein.
Drunten aber ging Phöbus Apollo hinein in die Stadt der Trojaner, denn ihm war ernſtlich bange, die Danaer möchten, dem Schickſale zum Trotz, noch heute die Mauer der ſchönen Veſte niederreißen. Die übrigen Götter eilten, die einen voll Siegesluſt, die andern voll Zorn und Gram, in den Olymp zurück, und ſetzten ſich um den Vater, den Donnergott, im Kreiſe.
Achilles und Hektor vor den Thoren.
Auf einem hohen Thurme der Stadt ſtand der greiſe König Priamus, und ſchaute nieder auf den gewaltigen Peliden, wie er die fliehenden Trojaner vor ſich hertrieb, ohne daß ein Gott oder ein Sterblicher erſchien, ihn ab¬ zuwehren. Wehklagend ſtieg der König vom Thurme her¬ nieder, und ermahnte die Hüter der Mauer: „Oeffnet die Thorflügel und haltet ſie, bis alle die fliehenden Völker ſich in die Stadt hereingedrängt haben, denn Achilles tobt ganz nahe dem Schwarm, und mir ahnet ſchlimmer Aus¬ gang. Sind ſie innerhalb der Mauer, ſo fuget mir die Flügel wieder wohl ineinander, ſonſt ſtürmt der Verderb¬ liche hinter ihnen durch das Thor zu uns herein! Die
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ſchloß ſie liebkoſend in die Arme, und ſprach unter freund¬
lichem Lächeln zu ihr: „Welcher von den Göttern hat es
gewagt, dich zu mißhandeln, mein zartes Töchterchen?“
„Vater,“ antwortete ſie, „dein Weib hat mir ein Leids
gethan, die zornige Juno, die alle Götter zu Streit und
Hader empört.“ Da lachte Jupiter, ſtreichelte ſie und
ſprach ihr Troſt ein.
Drunten aber ging Phöbus Apollo hinein in die Stadt
der Trojaner, denn ihm war ernſtlich bange, die Danaer
möchten, dem Schickſale zum Trotz, noch heute die Mauer
der ſchönen Veſte niederreißen. Die übrigen Götter eilten,
die einen voll Siegesluſt, die andern voll Zorn und Gram,
in den Olymp zurück, und ſetzten ſich um den Vater, den
Donnergott, im Kreiſe.
Achilles und Hektor vor den Thoren.
Auf einem hohen Thurme der Stadt ſtand der greiſe
König Priamus, und ſchaute nieder auf den gewaltigen
Peliden, wie er die fliehenden Trojaner vor ſich hertrieb,
ohne daß ein Gott oder ein Sterblicher erſchien, ihn ab¬
zuwehren. Wehklagend ſtieg der König vom Thurme her¬
nieder, und ermahnte die Hüter der Mauer: „Oeffnet die
Thorflügel und haltet ſie, bis alle die fliehenden Völker
ſich in die Stadt hereingedrängt haben, denn Achilles tobt
ganz nahe dem Schwarm, und mir ahnet ſchlimmer Aus¬
gang. Sind ſie innerhalb der Mauer, ſo fuget mir die
Flügel wieder wohl ineinander, ſonſt ſtürmt der Verderb¬
liche hinter ihnen durch das Thor zu uns herein! Die
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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