beraubt dalagen. Unter heißen Thränen wuschen die Tro¬ janer den Ihrigen, deren viel mehrere waren, das Blut von den Gliedern; aber alle laute Wehklage verbot Pria¬ mus. So huben sie sie verstummt auf die Wagen und thürmten unter großer Herzensbetrübniß die Scheiterhaufen auf. Dasselbe thaten die Griechen, gleichfalls mit trauri¬ gem Herzen, und als die Glut ausgelodert, kehrten sie zu ihren Schiffen zurück. Der Tag war über dieser Arbeit zu Ende gegangen und das Abendmahl begann. Gerade zur rechten Zeit waren aus Lemnos von Euneus, dem Sohne Jasons und Hypsipyle's, Lastschiffe mit einer La¬ dung edlen Weines angekommen, den der Gastfreund den verwandten Griechen zum Geschenke sandte, viel tausend Krüge. Da ward ein lieblicher Festschmaus gerüstet, und als die Griechen ihre Beute bei den Schiffen untergebracht, setzten sie sich zum Mahle.
Auch die Trojaner wollten sich beim Schmause von der Schlacht erholen. Aber Jupiter ließ ihnen keine Ruhe und schreckte sie die ganze Nacht hindurch mit Donner¬ schlägen, die sich von Zeit zu Zeit wiederholten und ihnen neues Unglück zu verkündigen schienen. Entsetzen faßte sie, und sie wagten den Becher nicht an den Mund zu führen, ohne dem zürnenden Göttervater ein Trankopfer auszugießen.
beraubt dalagen. Unter heißen Thränen wuſchen die Tro¬ janer den Ihrigen, deren viel mehrere waren, das Blut von den Gliedern; aber alle laute Wehklage verbot Pria¬ mus. So huben ſie ſie verſtummt auf die Wagen und thürmten unter großer Herzensbetrübniß die Scheiterhaufen auf. Daſſelbe thaten die Griechen, gleichfalls mit trauri¬ gem Herzen, und als die Glut ausgelodert, kehrten ſie zu ihren Schiffen zurück. Der Tag war über dieſer Arbeit zu Ende gegangen und das Abendmahl begann. Gerade zur rechten Zeit waren aus Lemnos von Eunëus, dem Sohne Jaſons und Hypſipyle's, Laſtſchiffe mit einer La¬ dung edlen Weines angekommen, den der Gaſtfreund den verwandten Griechen zum Geſchenke ſandte, viel tauſend Krüge. Da ward ein lieblicher Feſtſchmaus gerüſtet, und als die Griechen ihre Beute bei den Schiffen untergebracht, ſetzten ſie ſich zum Mahle.
Auch die Trojaner wollten ſich beim Schmauſe von der Schlacht erholen. Aber Jupiter ließ ihnen keine Ruhe und ſchreckte ſie die ganze Nacht hindurch mit Donner¬ ſchlägen, die ſich von Zeit zu Zeit wiederholten und ihnen neues Unglück zu verkündigen ſchienen. Entſetzen faßte ſie, und ſie wagten den Becher nicht an den Mund zu führen, ohne dem zürnenden Göttervater ein Trankopfer auszugießen.
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beraubt dalagen. Unter heißen Thränen wuſchen die Tro¬
janer den Ihrigen, deren viel mehrere waren, das Blut
von den Gliedern; aber alle laute Wehklage verbot Pria¬
mus. So huben ſie ſie verſtummt auf die Wagen und
thürmten unter großer Herzensbetrübniß die Scheiterhaufen
auf. Daſſelbe thaten die Griechen, gleichfalls mit trauri¬
gem Herzen, und als die Glut ausgelodert, kehrten ſie zu
ihren Schiffen zurück. Der Tag war über dieſer Arbeit
zu Ende gegangen und das Abendmahl begann. Gerade
zur rechten Zeit waren aus Lemnos von Eunëus, dem
Sohne Jaſons und Hypſipyle's, Laſtſchiffe mit einer La¬
dung edlen Weines angekommen, den der Gaſtfreund den
verwandten Griechen zum Geſchenke ſandte, viel tauſend
Krüge. Da ward ein lieblicher Feſtſchmaus gerüſtet, und
als die Griechen ihre Beute bei den Schiffen untergebracht,
ſetzten ſie ſich zum Mahle.
Auch die Trojaner wollten ſich beim Schmauſe von
der Schlacht erholen. Aber Jupiter ließ ihnen keine Ruhe
und ſchreckte ſie die ganze Nacht hindurch mit Donner¬
ſchlägen, die ſich von Zeit zu Zeit wiederholten und ihnen
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ſie, und ſie wagten den Becher nicht an den Mund zu
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/174>, abgerufen am 25.11.2024.
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