Als Theseus in die Gegend von Epidaurus kam, stürzte dieser Bösewicht aus einem finstern Walde hervor und versperrte ihm den Weg. Der junge Theseus aber rief ihm wohlgemuth zu: "Elender! du kommst mir eben gelegen, deine Keule wird dem wohl anstehen, der als ein zweiter Herkules in der Welt aufzutreten gesonnen ist!" Mit diesem Ausrufe warf er sich auf den Räuber und erschlug ihn nach einem kurzen Kampfe. Dem Ge¬ tödteten nahm er die Keule aus der Hand und trug sie als Siegeszeichen und Waffe von dannen.
Einem andern Frevler begegnete er auf der Land¬ enge von Corinth; dieses war Sinnis der Fichtenbeuger, so genannt, weil er, wenn er einen Wanderer in seine Gewalt bekommen hatte, mit seinen riesenstarken Händen zwei Fichtenwipfel herunter zu beugen pflegte; an die band er seinen Gefangenen und ließ ihn von den zu¬ rückschnellenden Bäumen zerreissen. Mit der Erlegung dieses Ungeheuers weihte Theseus seine Keule ein. Sin¬ nis hatte eine sehr schöne schlanke Tochter, Perigune mit Namen, die Theseus bei der Ermordung ihres Vaters erschrocken hatte fliehen sehen und nun überall suchte. Das Mädchen hatte sich an einen dicht mit Gartenge¬ wächsen bepflanzten Ort versteckt und flehte, als verstän¬ den sie es, mit kindlicher Unschuld diese Sträuche an, indem sie ihnen unter Schwüren gelobte, sie niemals zu verletzen oder zu verbrennen, wenn dieselben sie verdecken und retten wollten. Da sie aber Theseus zurückrief, mit der Versicherung, ihr nichts zu Leide zu thun, vielmehr auf's Beste für sie zu sorgen, kam sie hervor und blieb seitdem in seinem Geleite. Er gab sie später dem Deio¬ neus, dem Sohne des Königes Eurytus von Oechalia
Als Theſeus in die Gegend von Epidaurus kam, ſtürzte dieſer Böſewicht aus einem finſtern Walde hervor und verſperrte ihm den Weg. Der junge Theſeus aber rief ihm wohlgemuth zu: „Elender! du kommſt mir eben gelegen, deine Keule wird dem wohl anſtehen, der als ein zweiter Herkules in der Welt aufzutreten geſonnen iſt!“ Mit dieſem Ausrufe warf er ſich auf den Räuber und erſchlug ihn nach einem kurzen Kampfe. Dem Ge¬ tödteten nahm er die Keule aus der Hand und trug ſie als Siegeszeichen und Waffe von dannen.
Einem andern Frevler begegnete er auf der Land¬ enge von Corinth; dieſes war Sinnis der Fichtenbeuger, ſo genannt, weil er, wenn er einen Wanderer in ſeine Gewalt bekommen hatte, mit ſeinen rieſenſtarken Händen zwei Fichtenwipfel herunter zu beugen pflegte; an die band er ſeinen Gefangenen und ließ ihn von den zu¬ rückſchnellenden Bäumen zerreiſſen. Mit der Erlegung dieſes Ungeheuers weihte Theſeus ſeine Keule ein. Sin¬ nis hatte eine ſehr ſchöne ſchlanke Tochter, Perigune mit Namen, die Theſeus bei der Ermordung ihres Vaters erſchrocken hatte fliehen ſehen und nun überall ſuchte. Das Mädchen hatte ſich an einen dicht mit Gartenge¬ wächſen bepflanzten Ort verſteckt und flehte, als verſtän¬ den ſie es, mit kindlicher Unſchuld dieſe Sträuche an, indem ſie ihnen unter Schwüren gelobte, ſie niemals zu verletzen oder zu verbrennen, wenn dieſelben ſie verdecken und retten wollten. Da ſie aber Theſeus zurückrief, mit der Verſicherung, ihr nichts zu Leide zu thun, vielmehr auf's Beſte für ſie zu ſorgen, kam ſie hervor und blieb ſeitdem in ſeinem Geleite. Er gab ſie ſpäter dem Deio¬ neus, dem Sohne des Königes Eurytus von Oechalia
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Als Theſeus in die Gegend von Epidaurus kam,
ſtürzte dieſer Böſewicht aus einem finſtern Walde hervor
und verſperrte ihm den Weg. Der junge Theſeus aber
rief ihm wohlgemuth zu: „Elender! du kommſt mir eben
gelegen, deine Keule wird dem wohl anſtehen, der als
ein zweiter Herkules in der Welt aufzutreten geſonnen
iſt!“ Mit dieſem Ausrufe warf er ſich auf den Räuber
und erſchlug ihn nach einem kurzen Kampfe. Dem Ge¬
tödteten nahm er die Keule aus der Hand und trug ſie
als Siegeszeichen und Waffe von dannen.
Einem andern Frevler begegnete er auf der Land¬
enge von Corinth; dieſes war Sinnis der Fichtenbeuger,
ſo genannt, weil er, wenn er einen Wanderer in ſeine
Gewalt bekommen hatte, mit ſeinen rieſenſtarken Händen
zwei Fichtenwipfel herunter zu beugen pflegte; an die
band er ſeinen Gefangenen und ließ ihn von den zu¬
rückſchnellenden Bäumen zerreiſſen. Mit der Erlegung
dieſes Ungeheuers weihte Theſeus ſeine Keule ein. Sin¬
nis hatte eine ſehr ſchöne ſchlanke Tochter, Perigune mit
Namen, die Theſeus bei der Ermordung ihres Vaters
erſchrocken hatte fliehen ſehen und nun überall ſuchte.
Das Mädchen hatte ſich an einen dicht mit Gartenge¬
wächſen bepflanzten Ort verſteckt und flehte, als verſtän¬
den ſie es, mit kindlicher Unſchuld dieſe Sträuche an,
indem ſie ihnen unter Schwüren gelobte, ſie niemals zu
verletzen oder zu verbrennen, wenn dieſelben ſie verdecken
und retten wollten. Da ſie aber Theſeus zurückrief, mit
der Verſicherung, ihr nichts zu Leide zu thun, vielmehr
auf's Beſte für ſie zu ſorgen, kam ſie hervor und blieb
ſeitdem in ſeinem Geleite. Er gab ſie ſpäter dem Deio¬
neus, dem Sohne des Königes Eurytus von Oechalia
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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