er nun auch zwei Söhne sterblicher Weiber, den Dionysos und den Herkules.
Herkules und Eurystheus.
Jupiter, vor Herkules Geburt, hatte im Rathe der Götter erklärt, der erste Perseusenkel, welcher geboren werden würde, sollte der Beherrscher aller übrigen Nach¬ kommen des Perseus werden. Diese Ehre war seinem und Alkmenens Sohne zugedacht. Aber Juno's Hinter¬ list, welche dieses Glück dem Sohne der Nebenbuhlerin nicht gönnte, kam ihm zuvor und ließ den Eurystheus, der auch ein Enkel des Perseus war, obwohl er später als Herkules zur Welt kommen sollte, früher geboren werden. Dadurch war Eurystheus König zu Mycene im Argiverlande, und der später geborene Herkules ihm un¬ terworfen. Jener sah mit Besorgniß den steigenden Ruhm seines jungen Verwandten und berief ihn, als seinen Un¬ terthan, zu sich, um ihm verschiedene Arbeiten aufzutra¬ gen. Da Herkules nicht gehorchte, so ließ Jupiter selbst, der seinem Rathschlusse nicht zuwider handeln wollte, seinem Sohne befehlen, dem Argiverkönige seine Dienste zu widmen. Aber der Halbgott entschloß sich ungerne, der Diener eines Sterblichen zu seyn; er ging nach Delphi und befragte das Orakel darüber. Dieses gab ihm zur Antwort: die von Eurystheus erschlichene Ober¬ herrschaft sey von den Göttern dahin gemildert, daß Her¬ kules zehn Arbeiten, welche Jener ihm auflegen würde, zu vollbringen habe. Wenn Solches geschehen sey, sollte er der Unsterblichkeit theilhaftig werden.
er nun auch zwei Söhne ſterblicher Weiber, den Dionyſos und den Herkules.
Herkules und Euryſtheus.
Jupiter, vor Herkules Geburt, hatte im Rathe der Götter erklärt, der erſte Perſeusenkel, welcher geboren werden würde, ſollte der Beherrſcher aller übrigen Nach¬ kommen des Perſeus werden. Dieſe Ehre war ſeinem und Alkmenens Sohne zugedacht. Aber Juno's Hinter¬ liſt, welche dieſes Glück dem Sohne der Nebenbuhlerin nicht gönnte, kam ihm zuvor und ließ den Euryſtheus, der auch ein Enkel des Perſeus war, obwohl er ſpäter als Herkules zur Welt kommen ſollte, früher geboren werden. Dadurch war Euryſtheus König zu Mycene im Argiverlande, und der ſpäter geborene Herkules ihm un¬ terworfen. Jener ſah mit Beſorgniß den ſteigenden Ruhm ſeines jungen Verwandten und berief ihn, als ſeinen Un¬ terthan, zu ſich, um ihm verſchiedene Arbeiten aufzutra¬ gen. Da Herkules nicht gehorchte, ſo ließ Jupiter ſelbſt, der ſeinem Rathſchluſſe nicht zuwider handeln wollte, ſeinem Sohne befehlen, dem Argiverkönige ſeine Dienſte zu widmen. Aber der Halbgott entſchloß ſich ungerne, der Diener eines Sterblichen zu ſeyn; er ging nach Delphi und befragte das Orakel darüber. Dieſes gab ihm zur Antwort: die von Euryſtheus erſchlichene Ober¬ herrſchaft ſey von den Göttern dahin gemildert, daß Her¬ kules zehn Arbeiten, welche Jener ihm auflegen würde, zu vollbringen habe. Wenn Solches geſchehen ſey, ſollte er der Unſterblichkeit theilhaftig werden.
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er nun auch zwei Söhne ſterblicher Weiber, den Dionyſos
und den Herkules.
Herkules und Euryſtheus.
Jupiter, vor Herkules Geburt, hatte im Rathe der
Götter erklärt, der erſte Perſeusenkel, welcher geboren
werden würde, ſollte der Beherrſcher aller übrigen Nach¬
kommen des Perſeus werden. Dieſe Ehre war ſeinem
und Alkmenens Sohne zugedacht. Aber Juno's Hinter¬
liſt, welche dieſes Glück dem Sohne der Nebenbuhlerin
nicht gönnte, kam ihm zuvor und ließ den Euryſtheus,
der auch ein Enkel des Perſeus war, obwohl er ſpäter
als Herkules zur Welt kommen ſollte, früher geboren
werden. Dadurch war Euryſtheus König zu Mycene im
Argiverlande, und der ſpäter geborene Herkules ihm un¬
terworfen. Jener ſah mit Beſorgniß den ſteigenden Ruhm
ſeines jungen Verwandten und berief ihn, als ſeinen Un¬
terthan, zu ſich, um ihm verſchiedene Arbeiten aufzutra¬
gen. Da Herkules nicht gehorchte, ſo ließ Jupiter ſelbſt,
der ſeinem Rathſchluſſe nicht zuwider handeln wollte,
ſeinem Sohne befehlen, dem Argiverkönige ſeine Dienſte
zu widmen. Aber der Halbgott entſchloß ſich ungerne,
der Diener eines Sterblichen zu ſeyn; er ging nach
Delphi und befragte das Orakel darüber. Dieſes gab
ihm zur Antwort: die von Euryſtheus erſchlichene Ober¬
herrſchaft ſey von den Göttern dahin gemildert, daß Her¬
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/240>, abgerufen am 22.11.2024.
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