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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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ich verlange nichts von dir zurück, als den Königscepter
und den Thron, auf welchem einst mein Vater saß."
Pelias war in seinem Geiste schnell besonnen. Er er¬
wiederte freundlich: "Ich bin willig deine Forderung zu
erfüllen, dafür sollst aber auch du mir eine Bitte gewäh¬
ren und eine That für mich ausrichten, die deiner Ju¬
gend wohl ansteht und deren mein Greisenalter nicht
mehr fähig ist. Denn mir erscheint seit lange in nächt¬
lichen Träumen der Schatten des Phrixus und verlangt
von mir, ich solle seine Seele zufrieden stellen, nach Kol¬
chis zum Könige Aeetes reisen und von da seine Gebeine
und das Vließ des goldenen Widders zurückholen. Den
Ruhm dieser Unternehmung habe ich dir zugedacht: Wenn
du mit der herrlichen Beute zurückkehrst, sollst du Reich
und Scepter in Besitz nehmen."


Anlaß und Beginn des Argonautenzuges.

Mit dem goldenen Vließe aber verhielt es sich also:
Phrixus, ein Sohn des Böotischen Königs Athamas, hatte
viel von der Nebengattin seines Vaters, seiner bösen
Stiefmutter Ino, zu dulden. Um ihn vor ihren Nach¬
stellungen zu bewahren, raubte ihn, mit Hülfe seiner
Schwester Helle, die eigene Mutter Nephele. Sie setzte
die Kinder auf einen geflügelten Widder, dessen Vließ
oder Fell von gediegenem Golde war und welchen sie
von dem Gotte Merkurius zum Geschenk erhalten hatte.
Auf diesem Wunderthiere ritten Bruder und Schwester
durch die Luft über Land und Meere hin. Unterwegs
wurde das Mägdlein von Schwindel überwältigt. Sie

ich verlange nichts von dir zurück, als den Königſcepter
und den Thron, auf welchem einſt mein Vater ſaß.“
Pelias war in ſeinem Geiſte ſchnell beſonnen. Er er¬
wiederte freundlich: „Ich bin willig deine Forderung zu
erfüllen, dafür ſollſt aber auch du mir eine Bitte gewäh¬
ren und eine That für mich ausrichten, die deiner Ju¬
gend wohl anſteht und deren mein Greiſenalter nicht
mehr fähig iſt. Denn mir erſcheint ſeit lange in nächt¬
lichen Träumen der Schatten des Phrixus und verlangt
von mir, ich ſolle ſeine Seele zufrieden ſtellen, nach Kol¬
chis zum Könige Aeetes reiſen und von da ſeine Gebeine
und das Vließ des goldenen Widders zurückholen. Den
Ruhm dieſer Unternehmung habe ich dir zugedacht: Wenn
du mit der herrlichen Beute zurückkehrſt, ſollſt du Reich
und Scepter in Beſitz nehmen.“


Anlaß und Beginn des Argonautenzuges.

Mit dem goldenen Vließe aber verhielt es ſich alſo:
Phrixus, ein Sohn des Böotiſchen Königs Athamas, hatte
viel von der Nebengattin ſeines Vaters, ſeiner böſen
Stiefmutter Ino, zu dulden. Um ihn vor ihren Nach¬
ſtellungen zu bewahren, raubte ihn, mit Hülfe ſeiner
Schweſter Helle, die eigene Mutter Nephele. Sie ſetzte
die Kinder auf einen geflügelten Widder, deſſen Vließ
oder Fell von gediegenem Golde war und welchen ſie
von dem Gotte Merkurius zum Geſchenk erhalten hatte.
Auf dieſem Wunderthiere ritten Bruder und Schweſter
durch die Luft über Land und Meere hin. Unterwegs
wurde das Mägdlein von Schwindel überwältigt. Sie

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[93/0119] ich verlange nichts von dir zurück, als den Königſcepter und den Thron, auf welchem einſt mein Vater ſaß.“ Pelias war in ſeinem Geiſte ſchnell beſonnen. Er er¬ wiederte freundlich: „Ich bin willig deine Forderung zu erfüllen, dafür ſollſt aber auch du mir eine Bitte gewäh¬ ren und eine That für mich ausrichten, die deiner Ju¬ gend wohl anſteht und deren mein Greiſenalter nicht mehr fähig iſt. Denn mir erſcheint ſeit lange in nächt¬ lichen Träumen der Schatten des Phrixus und verlangt von mir, ich ſolle ſeine Seele zufrieden ſtellen, nach Kol¬ chis zum Könige Aeetes reiſen und von da ſeine Gebeine und das Vließ des goldenen Widders zurückholen. Den Ruhm dieſer Unternehmung habe ich dir zugedacht: Wenn du mit der herrlichen Beute zurückkehrſt, ſollſt du Reich und Scepter in Beſitz nehmen.“ Anlaß und Beginn des Argonautenzuges. Mit dem goldenen Vließe aber verhielt es ſich alſo: Phrixus, ein Sohn des Böotiſchen Königs Athamas, hatte viel von der Nebengattin ſeines Vaters, ſeiner böſen Stiefmutter Ino, zu dulden. Um ihn vor ihren Nach¬ ſtellungen zu bewahren, raubte ihn, mit Hülfe ſeiner Schweſter Helle, die eigene Mutter Nephele. Sie ſetzte die Kinder auf einen geflügelten Widder, deſſen Vließ oder Fell von gediegenem Golde war und welchen ſie von dem Gotte Merkurius zum Geſchenk erhalten hatte. Auf dieſem Wunderthiere ritten Bruder und Schweſter durch die Luft über Land und Meere hin. Unterwegs wurde das Mägdlein von Schwindel überwältigt. Sie

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/119>, abgerufen am 24.11.2024.