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Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848.

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Reden durchzusetzen bestrebt waren, wenige aber bedachten, daß eine zweistündige Debatte "über Abkürzung der Debatte" dem Gegenstande der Verhandlung dieselben 2 Stunden entziehe. Jeder, der weiß, wie unendlich komisch es ist, wenn Jemand mit einer endlosen Salbaderei zur Kürze und Eile auffordert, der wird auch eine Ahnung haben von der Marter, die der besonnen Strebende empfindet, wenn 7 Redner, erzürnt über eine lange Formdebatte, in eben so langen 7 Reden diesen Zorn möglichst gründlich auszulassen bemüht sind. Doch rückte während dieser kleinen Leiden des parlamentarischen Lebens der Congreß meinem vorgestellten Ziele immer näher.

Auffallend ist in den Protokollen die Verwirrung in der Aufeinanderfolge der Verhandlungsgegenstände, und wirklich wäre eine größere Klarheit zu wünschen gewesen. In den ersten Sitzungen hing dies hauptsächlich mit der Bedenklichkeit der Hallenser Abgeordneten*) zusammen, die um jeden Preis die Entscheidung über die ihnen am meisten wichtige Competenzfrage des Congresses herbeiziehen wollten, was natürlich einen geregelten Gang der Verhandlung gar oft unterbrach. Später aber stellte sich wegen der Unzulänglichkeit der Commissionsarbeiten und sonstiger Umstände häufig die Nothwendigkeit heraus, die Verhandlungen über einen Gegenstand abzubrechen und einen andern einzuschieben,

*) Der direkte Grund des Austritts der Hallenser Abgeordneten lag in der unbedingten Geltung der Congreß-Beschlüsse. Man wird dieses Thema in dem Abschnitt über das Organisations-Statut näher behandelt und somit eine indirekte Antwort auf die Hallenser Einwürfe geliefert finden. Ohne mich hier auf das Verfahren der Hallenser kritisch einlassen, ohne die Geschichtspunkte hervorheben zu wollen, unter welchen ein solches Ausscheiden nicht gar leicht zu rechtfertigen sein möchte, glaube ich doch die Meinung der meisten Congreß-Mitglieder anführen zu dürfen, daß der tiefere Grund jener Maßregel ein mit dem Geist der Versammlung nicht im mindesten übereinstimmendes Festhalten an den bestehenden Verhältnissen, an der spezifischen Studententhum gewesen sei. Doch stellte es sich sehr deutlich heraus, daß der Austritt nicht etwa durch den

Reden durchzusetzen bestrebt waren, wenige aber bedachten, daß eine zweistündige Debatte „über Abkürzung der Debatte“ dem Gegenstande der Verhandlung dieselben 2 Stunden entziehe. Jeder, der weiß, wie unendlich komisch es ist, wenn Jemand mit einer endlosen Salbaderei zur Kürze und Eile auffordert, der wird auch eine Ahnung haben von der Marter, die der besonnen Strebende empfindet, wenn 7 Redner, erzürnt über eine lange Formdebatte, in eben so langen 7 Reden diesen Zorn möglichst gründlich auszulassen bemüht sind. Doch rückte während dieser kleinen Leiden des parlamentarischen Lebens der Congreß meinem vorgestellten Ziele immer näher.

Auffallend ist in den Protokollen die Verwirrung in der Aufeinanderfolge der Verhandlungsgegenstände, und wirklich wäre eine größere Klarheit zu wünschen gewesen. In den ersten Sitzungen hing dies hauptsächlich mit der Bedenklichkeit der Hallenser Abgeordneten*) zusammen, die um jeden Preis die Entscheidung über die ihnen am meisten wichtige Competenzfrage des Congresses herbeiziehen wollten, was natürlich einen geregelten Gang der Verhandlung gar oft unterbrach. Später aber stellte sich wegen der Unzulänglichkeit der Commissionsarbeiten und sonstiger Umstände häufig die Nothwendigkeit heraus, die Verhandlungen über einen Gegenstand abzubrechen und einen andern einzuschieben,

*) Der direkte Grund des Austritts der Hallenser Abgeordneten lag in der unbedingten Geltung der Congreß-Beschlüsse. Man wird dieses Thema in dem Abschnitt über das Organisations-Statut näher behandelt und somit eine indirekte Antwort auf die Hallenser Einwürfe geliefert finden. Ohne mich hier auf das Verfahren der Hallenser kritisch einlassen, ohne die Geschichtspunkte hervorheben zu wollen, unter welchen ein solches Ausscheiden nicht gar leicht zu rechtfertigen sein möchte, glaube ich doch die Meinung der meisten Congreß-Mitglieder anführen zu dürfen, daß der tiefere Grund jener Maßregel ein mit dem Geist der Versammlung nicht im mindesten übereinstimmendes Festhalten an den bestehenden Verhältnissen, an der spezifischen Studententhum gewesen sei. Doch stellte es sich sehr deutlich heraus, daß der Austritt nicht etwa durch den
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[21/0023] Reden durchzusetzen bestrebt waren, wenige aber bedachten, daß eine zweistündige Debatte „über Abkürzung der Debatte“ dem Gegenstande der Verhandlung dieselben 2 Stunden entziehe. Jeder, der weiß, wie unendlich komisch es ist, wenn Jemand mit einer endlosen Salbaderei zur Kürze und Eile auffordert, der wird auch eine Ahnung haben von der Marter, die der besonnen Strebende empfindet, wenn 7 Redner, erzürnt über eine lange Formdebatte, in eben so langen 7 Reden diesen Zorn möglichst gründlich auszulassen bemüht sind. Doch rückte während dieser kleinen Leiden des parlamentarischen Lebens der Congreß meinem vorgestellten Ziele immer näher. Auffallend ist in den Protokollen die Verwirrung in der Aufeinanderfolge der Verhandlungsgegenstände, und wirklich wäre eine größere Klarheit zu wünschen gewesen. In den ersten Sitzungen hing dies hauptsächlich mit der Bedenklichkeit der Hallenser Abgeordneten *) zusammen, die um jeden Preis die Entscheidung über die ihnen am meisten wichtige Competenzfrage des Congresses herbeiziehen wollten, was natürlich einen geregelten Gang der Verhandlung gar oft unterbrach. Später aber stellte sich wegen der Unzulänglichkeit der Commissionsarbeiten und sonstiger Umstände häufig die Nothwendigkeit heraus, die Verhandlungen über einen Gegenstand abzubrechen und einen andern einzuschieben, *) Der direkte Grund des Austritts der Hallenser Abgeordneten lag in der unbedingten Geltung der Congreß-Beschlüsse. Man wird dieses Thema in dem Abschnitt über das Organisations-Statut näher behandelt und somit eine indirekte Antwort auf die Hallenser Einwürfe geliefert finden. Ohne mich hier auf das Verfahren der Hallenser kritisch einlassen, ohne die Geschichtspunkte hervorheben zu wollen, unter welchen ein solches Ausscheiden nicht gar leicht zu rechtfertigen sein möchte, glaube ich doch die Meinung der meisten Congreß-Mitglieder anführen zu dürfen, daß der tiefere Grund jener Maßregel ein mit dem Geist der Versammlung nicht im mindesten übereinstimmendes Festhalten an den bestehenden Verhältnissen, an der spezifischen Studententhum gewesen sei. Doch stellte es sich sehr deutlich heraus, daß der Austritt nicht etwa durch den

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Zitationshilfe: Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schurz_studentencongress_1848/23>, abgerufen am 03.05.2024.