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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
sicherer nichts behalten werden/ als was unter den Händen der Bett-
ler zergehet. Die Bäuch der Armen seyn weite Scheuren; welcher zu
dieser traurigsten Zeit hiehero sein Treyd behält/ gewinnet wehr/ als
die grausamsten Vertheurer desselben/ deren auffreissender Rachen
nicht kan ersättiget werden. Wann der Röm. Käyser/ oder mächtigste
König in Spanten dir schriebe: Diesem meinem Ministro beweise
die Freundschafft so du kanst. Wann du 10. tausend Ducaten sollest
außgeben/ will ich dir 20. tausend Ducaten widerumb erstatten; ver-
meyntest du nit daß mit diesen Verheissungen du würdest reich seyn?
Aber was hast du für ein Unverstand und Unverschämigkeit/ daß du
diesem mehr Glauben gibst/ als dem König aller König/ und HErrn
aller Herren/ welcher ein Trunck Wasser so man den seinigen gibt/
verheisset zu erwideren? Bißhero haben zwar die Theologi zugleich
und Politici disputirt, ob man nicht möchte Gesetz finden/ durch
welche der Bettler Vermessenheit könne gedemmt werden? Aber ich
wolte lieber/ daß der Reichen vermessene Verschwindung gezämet
wurd/ und eben diß ist deß reichen Manns/ der in der Höllen gepeini-
get ist/ Meynung. Würde nicht ein eintziges Reichen Mahlzeit/
hundert Armer Ersättigung und Freude gnug seyn! würde nicht ei-
nes Reichen Zierung/ hundert Bettler Kleidung geben? würden nicht
eines eintzigen Reichen Haußbestreichungen/ hundert armer Häuß-
lein abgeben? Jch bekenne zwar/ daß viel Arme durch alle species
oder Gestallten der Mühseligkeiten dieser Zeit gezogen werden/ und
dannoch nicht in der jenigen Zahl seyn/ die Christus selig spricht/
Matth. 5. Dann die Demütigkeit deß Hertzens/ und die Christliche
Armut macht gute Menschen. Diese wann sie in Mittel der Reich-
thumben seyn/ machen sie dieselbige unschuldig. Wann sie aber im
Hnnger selbst ermanglen/ so kanstu nichts erbars erwarten. Interim
als ich die Arme überall höre angeklagt werden/ daß sie das Allmusen
schändlich verthun/ kompt mir der jenige Meerräuber zu Muth/ wel-
cher mit einem eintzigen Schifflein raubete/ und derohalben ver-
schreyt war/ da Alexander unter diesem die gantze Welt mit völliger
Schiff-Armada überzohe/ und dessentwegen der Grosse König ge-
nent wurde. Jch weiß zwar wol/ das menschliche Geschlecht seye ge-
gen Gott und den Menschen überall verschmäherisch/ welches seinem
Müssiggang und Außschweiffung/ ja Boßheit/ den theuren Namen
deß Elends vorsetzet/ und der guten Mitleiden rauber. Aber nicht ohne
Beschmürtzigung siehe ich/ wie viel Reiche seynd gar zu viel unmild/
hart und argwonisch. Man muß nicht also mißtrauen/ daß die Christ-
liche Lieb gantz und gar außgezogen werde/ sonderlich weil man nicht
den Betrügern/ sondern Christo giebet/ in dessen Namen begehrt
wird. Soltest du sagen/ daß du vergebenlich den und anckbaren und

unwür-

Von der Kunſt reich zu werden.
ſicherer nichts behalten werden/ als was unter den Haͤnden der Bett-
ler zergehet. Die Baͤuch der Armen ſeyn weite Scheuren; welcher zu
dieſer traurigſten Zeit hiehero ſein Treyd behaͤlt/ gewinnet wehr/ als
die grauſamſten Vertheurer deſſelben/ deren auffreiſſender Rachen
nicht kan erſaͤttiget werden. Wann der Roͤm. Kaͤyſer/ oder maͤchtigſte
Koͤnig in Spanten dir ſchriebe: Dieſem meinem Miniſtro beweiſe
die Freundſchafft ſo du kanſt. Wann du 10. tauſend Ducaten ſolleſt
außgeben/ will ich dir 20. tauſend Ducaten widerumb erſtatten; ver-
meynteſt du nit daß mit dieſen Verheiſſungen du wuͤrdeſt reich ſeyn?
Aber was haſt du fuͤr ein Unverſtand und Unverſchaͤmigkeit/ daß du
dieſem mehr Glauben gibſt/ als dem Koͤnig aller Koͤnig/ und HErꝛn
aller Herꝛen/ welcher ein Trunck Waſſer ſo man den ſeinigen gibt/
verheiſſet zu erwideren? Bißhero haben zwar die Theologi zugleich
und Politici diſputirt, ob man nicht moͤchte Geſetz finden/ durch
welche der Bettler Vermeſſenheit koͤnne gedemmt werden? Aber ich
wolte lieber/ daß der Reichen vermeſſene Verſchwindung gezaͤmet
wurd/ und eben diß iſt deß reichen Manns/ der in der Hoͤllen gepeini-
get iſt/ Meynung. Wuͤrde nicht ein eintziges Reichen Mahlzeit/
hundert Armer Erſaͤttigung und Freude gnug ſeyn! wuͤrde nicht ei-
nes Reichen Zierung/ hundert Bettler Kleidung geben? wuͤrden nicht
eines eintzigen Reichen Haußbeſtreichungen/ hundert armer Haͤuß-
lein abgeben? Jch bekenne zwar/ daß viel Arme durch alle ſpecies
oder Geſtallten der Muͤhſeligkeiten dieſer Zeit gezogen werden/ und
dannoch nicht in der jenigen Zahl ſeyn/ die Chriſtus ſelig ſpricht/
Matth. 5. Dann die Demuͤtigkeit deß Hertzens/ und die Chriſtliche
Armut macht gute Menſchen. Dieſe wann ſie in Mittel der Reich-
thumben ſeyn/ machen ſie dieſelbige unſchuldig. Wann ſie aber im
Hnnger ſelbſt ermanglen/ ſo kanſtu nichts erbars erwarten. Interim
als ich die Arme uͤberall hoͤre angeklagt werden/ daß ſie das Allmuſen
ſchaͤndlich verthun/ kompt mir der jenige Meerꝛaͤuber zu Muth/ wel-
cher mit einem eintzigen Schifflein raubete/ und derohalben ver-
ſchreyt war/ da Alexander unter dieſem die gantze Welt mit voͤlliger
Schiff-Armada uͤberzohe/ und deſſentwegen der Groſſe Koͤnig ge-
nent wurde. Jch weiß zwar wol/ das menſchliche Geſchlecht ſeye ge-
gen Gott und den Menſchen uͤberall verſchmaͤheriſch/ welches ſeinem
Muͤſſiggang und Außſchweiffung/ ja Boßheit/ den theuren Namen
deß Elends vorſetzet/ und der guten Mitleiden rauber. Aber nicht ohne
Beſchmuͤrtzigung ſiehe ich/ wie viel Reiche ſeynd gar zu viel unmild/
hart und argwoniſch. Man muß nicht alſo mißtrauen/ daß die Chriſt-
liche Lieb gantz und gar außgezogen werde/ ſonderlich weil man nicht
den Betruͤgern/ ſondern Chriſto giebet/ in deſſen Namen begehrt
wird. Solteſt du ſagen/ daß du vergebenlich den und anckbaren und

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[749/0791] Von der Kunſt reich zu werden. ſicherer nichts behalten werden/ als was unter den Haͤnden der Bett- ler zergehet. Die Baͤuch der Armen ſeyn weite Scheuren; welcher zu dieſer traurigſten Zeit hiehero ſein Treyd behaͤlt/ gewinnet wehr/ als die grauſamſten Vertheurer deſſelben/ deren auffreiſſender Rachen nicht kan erſaͤttiget werden. Wann der Roͤm. Kaͤyſer/ oder maͤchtigſte Koͤnig in Spanten dir ſchriebe: Dieſem meinem Miniſtro beweiſe die Freundſchafft ſo du kanſt. Wann du 10. tauſend Ducaten ſolleſt außgeben/ will ich dir 20. tauſend Ducaten widerumb erſtatten; ver- meynteſt du nit daß mit dieſen Verheiſſungen du wuͤrdeſt reich ſeyn? Aber was haſt du fuͤr ein Unverſtand und Unverſchaͤmigkeit/ daß du dieſem mehr Glauben gibſt/ als dem Koͤnig aller Koͤnig/ und HErꝛn aller Herꝛen/ welcher ein Trunck Waſſer ſo man den ſeinigen gibt/ verheiſſet zu erwideren? Bißhero haben zwar die Theologi zugleich und Politici diſputirt, ob man nicht moͤchte Geſetz finden/ durch welche der Bettler Vermeſſenheit koͤnne gedemmt werden? Aber ich wolte lieber/ daß der Reichen vermeſſene Verſchwindung gezaͤmet wurd/ und eben diß iſt deß reichen Manns/ der in der Hoͤllen gepeini- get iſt/ Meynung. Wuͤrde nicht ein eintziges Reichen Mahlzeit/ hundert Armer Erſaͤttigung und Freude gnug ſeyn! wuͤrde nicht ei- nes Reichen Zierung/ hundert Bettler Kleidung geben? wuͤrden nicht eines eintzigen Reichen Haußbeſtreichungen/ hundert armer Haͤuß- lein abgeben? Jch bekenne zwar/ daß viel Arme durch alle ſpecies oder Geſtallten der Muͤhſeligkeiten dieſer Zeit gezogen werden/ und dannoch nicht in der jenigen Zahl ſeyn/ die Chriſtus ſelig ſpricht/ Matth. 5. Dann die Demuͤtigkeit deß Hertzens/ und die Chriſtliche Armut macht gute Menſchen. Dieſe wann ſie in Mittel der Reich- thumben ſeyn/ machen ſie dieſelbige unſchuldig. Wann ſie aber im Hnnger ſelbſt ermanglen/ ſo kanſtu nichts erbars erwarten. Interim als ich die Arme uͤberall hoͤre angeklagt werden/ daß ſie das Allmuſen ſchaͤndlich verthun/ kompt mir der jenige Meerꝛaͤuber zu Muth/ wel- cher mit einem eintzigen Schifflein raubete/ und derohalben ver- ſchreyt war/ da Alexander unter dieſem die gantze Welt mit voͤlliger Schiff-Armada uͤberzohe/ und deſſentwegen der Groſſe Koͤnig ge- nent wurde. Jch weiß zwar wol/ das menſchliche Geſchlecht ſeye ge- gen Gott und den Menſchen uͤberall verſchmaͤheriſch/ welches ſeinem Muͤſſiggang und Außſchweiffung/ ja Boßheit/ den theuren Namen deß Elends vorſetzet/ und der guten Mitleiden rauber. Aber nicht ohne Beſchmuͤrtzigung ſiehe ich/ wie viel Reiche ſeynd gar zu viel unmild/ hart und argwoniſch. Man muß nicht alſo mißtrauen/ daß die Chriſt- liche Lieb gantz und gar außgezogen werde/ ſonderlich weil man nicht den Betruͤgern/ ſondern Chriſto giebet/ in deſſen Namen begehrt wird. Solteſt du ſagen/ daß du vergebenlich den und anckbaren und unwuͤr-

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/791>, abgerufen am 22.11.2024.