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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
neuer Asclepiades, ein neuer Machaon (oder Artzt) die bürgerliche
Kranckheiten zu vertreiben geschickt. Es ware der Wachtmeister so
arglistig gnug/ darbey/ welcher die Thor zumachen liesse. Dann
sprach er/ ich kenne dieses Weibs/ dieser Resormation eitele Wort.
Neulich gienge sie in Städtlein/ da verhiesse sie/ daß auch deß Satur-
ni
Reich zur vorigen Glückseligkeit solte gebracht werden. Und ban-
nisirte zwar etliche Flügen von dem gemeinen Nutzen/ aber bestellte
widerumb etliche Schnacken. Aber was ist diß für ein species der
Medicin, wann einer am Haupt kranck were/ und wolte die Füß
unten her mit heilsamen Oel bestreichen? Wißt ihr nicht/ jene der
Reformation Verheissung/ seye ein Gestalt die gar mächtig ist/ An-
lagen herauß zu pressen/ mit welcher die einfältigen Gemüther mit
billichem Unwillen entblöst: und zu einer neuen und schändlichen
Gedult remittirt werden? Aber das Volck/ so mit so vielem Elend
zur Verzweifflung gebracht worden/ und der Neuerung begierig/
schrye die Reformation solte man mit ihren Dienerinnen alsbald
herein lassen. Mein Gemüth fleucht und förchtet sich zuerzehlen die
Menge der Schmachen/ mit welchen mich und hernach die andere
Diener meines Herrn das närrisch Pöfel molestirte. Derowegen
Bacone ich Exulant und verarmeter/ fliehe zu dir. Schreibe mir vor
was du vermeynst das ein guter Diener thun/ meynen/ und reden
solle. Du wirst mich allein deinem Begehren nach willig finden. Leyde
unter diesem daß ich dir erzehle/ was ich uff ein Zeit in den Schulen
gehört zu haben ingedenck bin? Die Poeten fingiren, daß die Jnwoh-
ner deß Himmels vor Zeiten zusammen geschworen haben/ und den
Jupiter wollen umbbringen. Der Jupiter aber seye von den Freun-
den avisirt worden dieser conjuration, und habe auff Rath der Mi-
nervae,
den Briareum, so hundert Händ hätte/ zu sich beruffen/ daß
er zu hülff käme. Jch glaub daß mit diesem Gedicht/ das spitzfindige
Geschlecht der Poeten/ die Potentaten habe wollen ermahnen/ wie
sicher und heylsam es ihnen seye deß Pöfels Gemeinschafft zubekom-
men und zubehalten. Und als ich eben diß sage/ kompt mir der Epi-
metheus
zu Gemüth/ welcher als er die Ubel und alle Mühseligkei-
ten außzufliehen gesehen/ hat er alsbald ein Decken auff das Geschirr
gethan/ und in dem untersten deß Faß die Hoffnung behalten. Glau-
be mir/ daß wider das Gifft der Nachredenheit nicht das schlechteste/
sondern schier das stärckeste remedium ist/ die Hoffnung künstlich
und schön ernehren/ und die Menschen von einer Hoffnung in die
ander ingeniose können herumb führen. Geld von den Bauren
herauß pressen ist kein grosse Kunst. Es kan leichtlich ein wol ge-
würtzte Speiß/ die einem Baurenmagen schmecket/ auffgesetzet wer-
den/ mit welcher er nicht anderst als ein Fisch kan gefangen werden/

daß

Von der Kunſt reich zu werden.
neuer Aſclepiades, ein neuer Machaon (oder Artzt) die buͤrgerliche
Kranckheiten zu vertreiben geſchickt. Es ware der Wachtmeiſter ſo
argliſtig gnug/ darbey/ welcher die Thor zumachen lieſſe. Dann
ſprach er/ ich kenne dieſes Weibs/ dieſer Reſormation eitele Wort.
Neulich gienge ſie in Staͤdtlein/ da verhieſſe ſie/ daß auch deß Satur-
ni
Reich zur vorigen Gluͤckſeligkeit ſolte gebracht werden. Und ban-
niſirte zwar etliche Fluͤgen von dem gemeinen Nutzen/ aber beſtellte
widerumb etliche Schnacken. Aber was iſt diß fuͤr ein ſpecies der
Medicin, wann einer am Haupt kranck were/ und wolte die Fuͤß
unten her mit heilſamen Oel beſtreichen? Wißt ihr nicht/ jene der
Reformation Verheiſſung/ ſeye ein Geſtalt die gar maͤchtig iſt/ An-
lagen herauß zu preſſen/ mit welcher die einfaͤltigen Gemuͤther mit
billichem Unwillen entbloͤſt: und zu einer neuen und ſchaͤndlichen
Gedult remittirt werden? Aber das Volck/ ſo mit ſo vielem Elend
zur Verzweifflung gebracht worden/ und der Neuerung begierig/
ſchrye die Reformation ſolte man mit ihren Dienerinnen alsbald
herein laſſen. Mein Gemuͤth fleucht und foͤrchtet ſich zuerzehlen die
Menge der Schmachen/ mit welchen mich und hernach die andere
Diener meines Herꝛn das naͤrꝛiſch Poͤfel moleſtirte. Derowegen
Bacone ich Exulant und verarmeter/ fliehe zu dir. Schreibe mir vor
was du vermeynſt das ein guter Diener thun/ meynen/ und reden
ſolle. Du wirſt mich allein deinem Begehren nach willig finden. Leyde
unter dieſem daß ich dir erzehle/ was ich uff ein Zeit in den Schulen
gehoͤrt zu haben ingedenck bin? Die Poeten fingiren, daß die Jnwoh-
ner deß Himmels vor Zeiten zuſammen geſchworen haben/ und den
Jupiter wollen umbbringen. Der Jupiter aber ſeye von den Freun-
den aviſirt worden dieſer conjuration, und habe auff Rath der Mi-
nervæ,
den Briareum, ſo hundert Haͤnd haͤtte/ zu ſich beruffen/ daß
er zu huͤlff kaͤme. Jch glaub daß mit dieſem Gedicht/ das ſpitzfindige
Geſchlecht der Poeten/ die Potentaten habe wollen ermahnen/ wie
ſicher und heylſam es ihnen ſeye deß Poͤfels Gemeinſchafft zubekom-
men und zubehalten. Und als ich eben diß ſage/ kompt mir der Epi-
metheus
zu Gemuͤth/ welcher als er die Ubel und alle Muͤhſeligkei-
ten außzufliehen geſehen/ hat er alsbald ein Decken auff das Geſchirꝛ
gethan/ und in dem unterſten deß Faß die Hoffnung behalten. Glau-
be mir/ daß wider das Gifft der Nachredenheit nicht das ſchlechteſte/
ſondern ſchier das ſtaͤrckeſte remedium iſt/ die Hoffnung kuͤnſtlich
und ſchoͤn ernehren/ und die Menſchen von einer Hoffnung in die
ander ingeniosè koͤnnen herumb fuͤhren. Geld von den Bauren
herauß preſſen iſt kein groſſe Kunſt. Es kan leichtlich ein wol ge-
wuͤrtzte Speiß/ die einem Baurenmagen ſchmecket/ auffgeſetzet wer-
den/ mit welcher er nicht anderſt als ein Fiſch kan gefangen werden/

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[747/0789] Von der Kunſt reich zu werden. neuer Aſclepiades, ein neuer Machaon (oder Artzt) die buͤrgerliche Kranckheiten zu vertreiben geſchickt. Es ware der Wachtmeiſter ſo argliſtig gnug/ darbey/ welcher die Thor zumachen lieſſe. Dann ſprach er/ ich kenne dieſes Weibs/ dieſer Reſormation eitele Wort. Neulich gienge ſie in Staͤdtlein/ da verhieſſe ſie/ daß auch deß Satur- ni Reich zur vorigen Gluͤckſeligkeit ſolte gebracht werden. Und ban- niſirte zwar etliche Fluͤgen von dem gemeinen Nutzen/ aber beſtellte widerumb etliche Schnacken. Aber was iſt diß fuͤr ein ſpecies der Medicin, wann einer am Haupt kranck were/ und wolte die Fuͤß unten her mit heilſamen Oel beſtreichen? Wißt ihr nicht/ jene der Reformation Verheiſſung/ ſeye ein Geſtalt die gar maͤchtig iſt/ An- lagen herauß zu preſſen/ mit welcher die einfaͤltigen Gemuͤther mit billichem Unwillen entbloͤſt: und zu einer neuen und ſchaͤndlichen Gedult remittirt werden? Aber das Volck/ ſo mit ſo vielem Elend zur Verzweifflung gebracht worden/ und der Neuerung begierig/ ſchrye die Reformation ſolte man mit ihren Dienerinnen alsbald herein laſſen. Mein Gemuͤth fleucht und foͤrchtet ſich zuerzehlen die Menge der Schmachen/ mit welchen mich und hernach die andere Diener meines Herꝛn das naͤrꝛiſch Poͤfel moleſtirte. Derowegen Bacone ich Exulant und verarmeter/ fliehe zu dir. Schreibe mir vor was du vermeynſt das ein guter Diener thun/ meynen/ und reden ſolle. Du wirſt mich allein deinem Begehren nach willig finden. Leyde unter dieſem daß ich dir erzehle/ was ich uff ein Zeit in den Schulen gehoͤrt zu haben ingedenck bin? Die Poeten fingiren, daß die Jnwoh- ner deß Himmels vor Zeiten zuſammen geſchworen haben/ und den Jupiter wollen umbbringen. Der Jupiter aber ſeye von den Freun- den aviſirt worden dieſer conjuration, und habe auff Rath der Mi- nervæ, den Briareum, ſo hundert Haͤnd haͤtte/ zu ſich beruffen/ daß er zu huͤlff kaͤme. Jch glaub daß mit dieſem Gedicht/ das ſpitzfindige Geſchlecht der Poeten/ die Potentaten habe wollen ermahnen/ wie ſicher und heylſam es ihnen ſeye deß Poͤfels Gemeinſchafft zubekom- men und zubehalten. Und als ich eben diß ſage/ kompt mir der Epi- metheus zu Gemuͤth/ welcher als er die Ubel und alle Muͤhſeligkei- ten außzufliehen geſehen/ hat er alsbald ein Decken auff das Geſchirꝛ gethan/ und in dem unterſten deß Faß die Hoffnung behalten. Glau- be mir/ daß wider das Gifft der Nachredenheit nicht das ſchlechteſte/ ſondern ſchier das ſtaͤrckeſte remedium iſt/ die Hoffnung kuͤnſtlich und ſchoͤn ernehren/ und die Menſchen von einer Hoffnung in die ander ingeniosè koͤnnen herumb fuͤhren. Geld von den Bauren herauß preſſen iſt kein groſſe Kunſt. Es kan leichtlich ein wol ge- wuͤrtzte Speiß/ die einem Baurenmagen ſchmecket/ auffgeſetzet wer- den/ mit welcher er nicht anderſt als ein Fiſch kan gefangen werden/ daß

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 747. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/789>, abgerufen am 22.11.2024.