Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Abgenöhtigte aber solche Leute sie wollen lesen die neundte Predigt des geistreichenTheologi Johannis Matthesii, welche er von Lutheri Leben ge- halten/ und darbey erkläret hat die Fabel/ welche Jothan denen Bür- gern zu Sichem erzehlete Judic. 9. Es ist mir nachgeredet worden/ als hätte ich einsmals auff der Cantzel gesagt: Die Predigt von dem reichen Schlemmer Luc 16. sey eine Fabel und keine Histori. Gesetzt daß ich dieses gesagt hätte/ was wäre es denn mehr/ Eine Fabel ist eine Parabol/ und eine Parabol ist eine Fabel. Jch wil Butyrolam- bium und allen seinen Anhang nicht bemühen/ daß sie die schöne O- ration lesen/ welche Marcus Zuerius Boxhornius zu Leyden in Holland gehalten hat de Sapientia AEsopi; Jch wil ihnen nicht anmuhten/ daß sie andere vornehme Criticos consuliren, sondern sie schlagen nur auff den Ehrwürdigen Vater/ aller Bacchanten Tröster und Patron, Ambrosium Calepinum, der sagt: Fabula proprie est sermo & rumor Populi, & res passim divulgata, a sando dicta. Es ist nicht wahr/ daß ich gesagt habe/ es sey eine Fabel: Sondern als ich das Evange[l]ium am 1. Sontag nach Trinitatis er- klären wollen/ habe ich eine Frage angestellt: Ob es eine warhaffti- ge Histori/ oder nur eine Parabel und Gleichnüß sey? Etzliche geben vor/ es sey eine warhafftige Geschicht/ und werde durch den reichen Mann verstanden der Nabal, welcher dem verfolgten und hungeri- gen David sampt seinen bey sich habenden Soldaten eine Ritterzeh- rung abschlug. Allein der vortreffliche alte Theologus, D. AEgydius Hunnius, auß dessen Schul die vornehmste Hessische und andere teutsche Theologi, als VVinckelmannus, Mentzerus und ande- re entsprossen sind/ widerleget diese Meinung mit gutem Grund/ und erweiset in seiner Postill/ in der Erklärung dieses Evangelii vom rei- chen Mann/ daß es keine Histori/ sondern eine Parabel oder Gleich- nüß sey/ dahin ich den Leser geliebter Kürtze halben verweise. Es ist bekant/ daß in einer Parabel man nicht alle Worte examiniren, son- dern sehen müsse auff den Zweck oder die Meinung derselben; dahero auch der bekante Canon Theologicus entstanden: Quod Theo- logia Symbolica & allegorica non sit argumentativa. Der Zweck aber/ oder die Meinung dieser Parabel ist/ daß mancher bey seinem Bettelsack besser fahre/ als ein ander bey seinem Geldsack/ und daß so wol der Arme dencken solle: Hier zeitlich/ dort ewig/ darnach richte dich. Daß alle Fabuln in Gottes Wort und in denen Kirchen- Ordnungen verboten seyn/ wird kein verständiger Theologus, der ohne passion und affecten reden wil/ behaupten können/ wie ich im Fall der Noth/ mit Gottes Hülff/ der gantzen Welt remonstri- ren wil. Mein Doeg aber/ der Butyrolambius bemühet sich viel- fältig/ daß er nicht allein meine Lehr und Person zu Hamburg bey meiner Gemein/ sondern auch anderswo möge stinckend machen; und wolte
Abgenoͤhtigte aber ſolche Leute ſie wollen leſen die neundte Predigt des geiſtreichenTheologi Johannis Mattheſii, welche er von Lutheri Leben ge- halten/ und darbey erklaͤret hat die Fabel/ welche Jothan denen Buͤr- gern zu Sichem erzehlete Judic. 9. Es iſt mir nachgeredet worden/ als haͤtte ich einsmals auff der Cantzel geſagt: Die Predigt von dem reichen Schlemmer Luc 16. ſey eine Fabel und keine Hiſtori. Geſetzt daß ich dieſes geſagt haͤtte/ was waͤre es denn mehr/ Eine Fabel iſt eine Parabol/ und eine Parabol iſt eine Fabel. Jch wil Butyrolam- bium und allen ſeinen Anhang nicht bemuͤhen/ daß ſie die ſchoͤne O- ration leſen/ welche Marcus Zuerius Boxhornius zu Leyden in Holland gehalten hat de Sapientia Æſopi; Jch wil ihnen nicht anmuhten/ daß ſie andere vornehme Criticos conſuliren, ſondern ſie ſchlagen nur auff den Ehrwuͤrdigen Vater/ aller Bacchanten Troͤſter und Patron, Ambroſium Calepinum, der ſagt: Fabula propriè eſt ſermo & rumor Populi, & res paſſim divulgata, à ſando dicta. Es iſt nicht wahr/ daß ich geſagt habe/ es ſey eine Fabel: Sondern als ich das Evange[l]ium am 1. Sontag nach Trinitatis er- klaͤren wollen/ habe ich eine Frage angeſtellt: Ob es eine warhaffti- ge Hiſtori/ oder nur eine Parabel und Gleichnuͤß ſey? Etzliche geben vor/ es ſey eine warhafftige Geſchicht/ und werde durch den reichen Mann verſtanden der Nabal, welcher dem verfolgten und hungeri- gen David ſampt ſeinen bey ſich habenden Soldaten eine Ritterzeh- rung abſchlug. Allein der vortreffliche alte Theologus, D. Ægydius Hunnius, auß deſſen Schul die vornehmſte Heſſiſche und andere teutſche Theologi, als VVinckelmannus, Mentzerus und ande- re entſproſſen ſind/ widerleget dieſe Meinung mit gutem Grund/ und erweiſet in ſeiner Poſtill/ in der Erklaͤrung dieſes Evangelii vom rei- chen Mann/ daß es keine Hiſtori/ ſondern eine Parabel oder Gleich- nuͤß ſey/ dahin ich den Leſer geliebter Kuͤrtze halben verweiſe. Es iſt bekant/ daß in einer Parabel man nicht alle Worte examiniren, ſon- dern ſehen muͤſſe auff den Zweck oder die Meinung derſelben; dahero auch der bekante Canon Theologicus entſtanden: Quod Theo- logia Symbolica & allegorica non ſit argumentativa. Der Zweck aber/ oder die Meinung dieſer Parabel iſt/ daß mancher bey ſeinem Bettelſack beſſer fahre/ als ein ander bey ſeinem Geldſack/ und daß ſo wol der Arme dencken ſolle: Hier zeitlich/ dort ewig/ darnach richte dich. Daß alle Fabuln in Gottes Wort und in denen Kirchen- Ordnungen verboten ſeyn/ wird kein verſtaͤndiger Theologus, der ohne paſſion und affecten reden wil/ behaupten koͤnnen/ wie ich im Fall der Noth/ mit Gottes Huͤlff/ der gantzen Welt remonſtri- ren wil. Mein Doeg aber/ der Butyrolambius bemuͤhet ſich viel- faͤltig/ daß er nicht allein meine Lehr und Perſon zu Hamburg bey meiner Gemein/ ſondern auch anderswo moͤge ſtinckend machen; und wolte
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Abgenoͤhtigte
aber ſolche Leute ſie wollen leſen die neundte Predigt des geiſtreichen
Theologi Johannis Mattheſii, welche er von Lutheri Leben ge-
halten/ und darbey erklaͤret hat die Fabel/ welche Jothan denen Buͤr-
gern zu Sichem erzehlete Judic. 9. Es iſt mir nachgeredet worden/
als haͤtte ich einsmals auff der Cantzel geſagt: Die Predigt von dem
reichen Schlemmer Luc 16. ſey eine Fabel und keine Hiſtori. Geſetzt
daß ich dieſes geſagt haͤtte/ was waͤre es denn mehr/ Eine Fabel iſt
eine Parabol/ und eine Parabol iſt eine Fabel. Jch wil Butyrolam-
bium und allen ſeinen Anhang nicht bemuͤhen/ daß ſie die ſchoͤne O-
ration leſen/ welche Marcus Zuerius Boxhornius zu Leyden in
Holland gehalten hat de Sapientia Æſopi; Jch wil ihnen nicht
anmuhten/ daß ſie andere vornehme Criticos conſuliren, ſondern
ſie ſchlagen nur auff den Ehrwuͤrdigen Vater/ aller Bacchanten
Troͤſter und Patron, Ambroſium Calepinum, der ſagt: Fabula
propriè eſt ſermo & rumor Populi, & res paſſim divulgata, à
ſando dicta. Es iſt nicht wahr/ daß ich geſagt habe/ es ſey eine Fabel:
Sondern als ich das Evangelium am 1. Sontag nach Trinitatis er-
klaͤren wollen/ habe ich eine Frage angeſtellt: Ob es eine warhaffti-
ge Hiſtori/ oder nur eine Parabel und Gleichnuͤß ſey? Etzliche geben
vor/ es ſey eine warhafftige Geſchicht/ und werde durch den reichen
Mann verſtanden der Nabal, welcher dem verfolgten und hungeri-
gen David ſampt ſeinen bey ſich habenden Soldaten eine Ritterzeh-
rung abſchlug. Allein der vortreffliche alte Theologus, D. Ægydius
Hunnius, auß deſſen Schul die vornehmſte Heſſiſche und andere
teutſche Theologi, als VVinckelmannus, Mentzerus und ande-
re entſproſſen ſind/ widerleget dieſe Meinung mit gutem Grund/ und
erweiſet in ſeiner Poſtill/ in der Erklaͤrung dieſes Evangelii vom rei-
chen Mann/ daß es keine Hiſtori/ ſondern eine Parabel oder Gleich-
nuͤß ſey/ dahin ich den Leſer geliebter Kuͤrtze halben verweiſe. Es iſt
bekant/ daß in einer Parabel man nicht alle Worte examiniren, ſon-
dern ſehen muͤſſe auff den Zweck oder die Meinung derſelben; dahero
auch der bekante Canon Theologicus entſtanden: Quod Theo-
logia Symbolica & allegorica non ſit argumentativa. Der Zweck
aber/ oder die Meinung dieſer Parabel iſt/ daß mancher bey ſeinem
Bettelſack beſſer fahre/ als ein ander bey ſeinem Geldſack/ und daß
ſo wol der Arme dencken ſolle: Hier zeitlich/ dort ewig/ darnach
richte dich. Daß alle Fabuln in Gottes Wort und in denen Kirchen-
Ordnungen verboten ſeyn/ wird kein verſtaͤndiger Theologus, der
ohne paſſion und affecten reden wil/ behaupten koͤnnen/ wie ich im
Fall der Noth/ mit Gottes Huͤlff/ der gantzen Welt remonſtri-
ren wil. Mein Doeg aber/ der Butyrolambius bemuͤhet ſich viel-
faͤltig/ daß er nicht allein meine Lehr und Perſon zu Hamburg bey
meiner Gemein/ ſondern auch anderswo moͤge ſtinckend machen; und
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Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/712>, abgerufen am 03.07.2024. |