Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Abgenöhtigte Jch antwortete? Nein/ ich ruffe den allwissenden Gott zu Zeugen an/daß ich es nicht gemacht habe. Allein ich bekenne daß ich viel Gedan- cken von dieser Materi gehabt und auch in privat discursen davon gedacht habe. Es sagte einsmals ein vornehmer Theologus zu mir/ Er könne sich in allen Glaubens-Articuln wol finden. Allein in dem Articul de vocatione ministrorum Ecclesiae habe er einen und andnren Scrupulum. Er möchte gerne wissen/ unde debeat agno- scere Deum vocantem r Jst es nicht wahr/ sagte er/ daß offtmals einem zu einer zeit 2. Conditiones, offeriret werden/ und er erweh- let gemeiniglich diejenige/ welche ihm am meisten Eyer und Geld bringet? Er proponirte mir darauff etliche Casus, auff welche ich ihm nicht antworten konte. Er sagte unter andern/ es sey ein General Superintendens gewewesen/ der habe einen Tochtermann gehabt/ es habe aber ein Special Superintendens sollen erwehlet werden/ da habe der General Superintendens einen frommen einfältigen Prediger von dem Lande zu sich kommen lassen/ und gesaget: Herr Johann/ ihr wisset daß ein neuer Superintendens sol vorgeschla- gen werden/ Lieber/ schlaget meinen Tochtermann für/ lobet ihn nicht zuviel/ scheltet ihn auch nicht/ es sol euer Schade nicht seyn. Als die Wahl angegangen/ habe einer diesen/ der ander jenen vorgeschlagen. Da nun das Votum an Herr Johan kommen war/ hat er gesaget/ Jhr lieben Herren/ warumb suchet ihr doch Leut ausser dem Land? ha- ben wir nicht Leut genung in dem Lande? da ist des Herrn General Superintendentens Tochtermann/ der ist zwar noch jung/ allein er hat schöne Gaben. Der General Superintendens hatte die Hän- de gewunden und empor gehoben und gesaget Divina Vocatio? und das hatte hernach divina vocatio seyn müssen/ es möchte dem Für- sten oder dem Land lieb oder leid seyn. Jch lasse solche Dinge an ihrem Ort stehen. Das Tractätlein aber de Ratione status hab ich auff die- se Weise bekommen/ Jch hatte auff einen Freytag geprediget/ und nach der Predigt kam eine Magd zu mir und brachte mir ein Paquet Schreiben/ dessen Oberschrifft war an mich gerichtet. Als ich dieses Paquet erbrach/ war nichts darin/ als ein Exemplar von dem Trac- tätlein de Ratione status. Jch durchlase das Tractätlein ein wenig/ und sahe wol/ was des Autoris Meinung sey/ und sagte zu der Magd: woher bringet ihr dieses Schreiben? sie antwortete: Es gieng ein Mann in die Kirchen/ gab mir einen duppelen Schilling und sagte: Er habe gemercket/ daß viel Leut nach der Predigt mir in meinem Hause gefolget/ und ich deßwegen sehr geschäfftig sey/ darumb sol sie doch so lange warten/ biß andere Leute weg seyn/ und solle denn mir dieses Schreiben geben Jch grieff in den Säckel und sagte: Sehet da/ Mägdlein/ da habt ihr noch einen dupplen Schilling. Sagt den Mann/ ich lasse ihn bitten/ er wolle mir doch noch ein paar Exemplar schicken/ ich
Abgenoͤhtigte Jch antwortete? Nein/ ich ruffe den allwiſſenden Gott zu Zeugen an/daß ich es nicht gemacht habe. Allein ich bekenne daß ich viel Gedan- cken von dieſer Materi gehabt und auch in privat diſcurſen davon gedacht habe. Es ſagte einsmals ein vornehmer Theologus zu mir/ Er koͤnne ſich in allen Glaubens-Articuln wol finden. Allein in dem Articul de vocatione miniſtrorum Eccleſiæ habe er einen und andnren Scrupulum. Er moͤchte gerne wiſſen/ unde debeat agno- ſcere Deum vocantem ꝛ Jſt es nicht wahr/ ſagte er/ daß offtmals einem zu einer zeit 2. Conditiones, offeriret werden/ und er erweh- let gemeiniglich diejenige/ welche ihm am meiſten Eyer und Geld bringet? Er proponirte mir darauff etliche Caſus, auff welche ich ihm nicht antworten konte. Er ſagte unter andern/ es ſey ein General Superintendens geweweſen/ der habe einen Tochtermann gehabt/ es habe aber ein Special Superintendens ſollen erwehlet werden/ da habe der General Superintendens einen frommen einfaͤltigen Prediger von dem Lande zu ſich kommen laſſen/ und geſaget: Herꝛ Johann/ ihr wiſſet daß ein neuer Superintendens ſol vorgeſchla- gen werden/ Lieber/ ſchlaget meinen Tochtermann fuͤr/ lobet ihn nicht zuviel/ ſcheltet ihn auch nicht/ es ſol euer Schade nicht ſeyn. Als die Wahl angegangen/ habe einer dieſen/ der ander jenen vorgeſchlagen. Da nun das Votum an Herꝛ Johan kommen war/ hat er geſaget/ Jhr lieben Herꝛen/ warumb ſuchet ihr doch Leut auſſer dem Land? ha- ben wir nicht Leut genung in dem Lande? da iſt des Herꝛn General Superintendentens Tochtermann/ der iſt zwar noch jung/ allein er hat ſchoͤne Gaben. Der General Superintendens hatte die Haͤn- de gewunden und empor gehoben und geſaget Divina Vocatio? und das hatte hernach divina vocatio ſeyn muͤſſen/ es moͤchte dem Fuͤr- ſten oder dem Land lieb oder leid ſeyn. Jch laſſe ſolche Dinge an ihrem Ort ſtehen. Das Tractaͤtlein aber de Ratione ſtatus hab ich auff die- ſe Weiſe bekommen/ Jch hatte auff einen Freytag geprediget/ und nach der Predigt kam eine Magd zu mir und brachte mir ein Paquet Schreiben/ deſſen Oberſchrifft war an mich gerichtet. Als ich dieſes Paquet erbrach/ war nichts darin/ als ein Exemplar von dem Trac- taͤtlein de Ratione ſtatus. Jch durchlaſe das Tractaͤtlein ein wenig/ und ſahe wol/ was des Autoris Meinung ſey/ uñ ſagte zu der Magd: woher bringet ihr dieſes Schreiben? ſie antwortete: Es gieng ein Mann in die Kirchen/ gab mir einen duppelen Schilling und ſagte: Er habe gemercket/ daß viel Leut nach der Predigt mir in meinem Hauſe gefolget/ und ich deßwegen ſehr geſchaͤfftig ſey/ darumb ſol ſie doch ſo lange warten/ biß andere Leute weg ſeyn/ und ſolle denn mir dieſes Schreiben geben Jch grieff in den Saͤckel und ſagte: Sehet da/ Maͤgdlein/ da habt ihꝛ noch einen dupplen Schilling. Sagt den Mañ/ ich laſſe ihn bitten/ er wolle mir doch noch ein paaꝛ Exemplar ſchicken/ ich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0688" n="646"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Abgenoͤhtigte</hi></fw><lb/> Jch antwortete? Nein/ ich ruffe den allwiſſenden Gott zu Zeugen an/<lb/> daß ich es nicht gemacht habe. Allein ich bekenne daß ich viel Gedan-<lb/> cken von dieſer Materi gehabt und auch in <hi rendition="#aq">privat diſcurſen</hi> davon<lb/> gedacht habe. Es ſagte einsmals ein vornehmer Theologus zu mir/<lb/> Er koͤnne ſich in allen Glaubens-Articuln wol finden. Allein in dem<lb/> Articul <hi rendition="#aq">de vocatione miniſtrorum Eccleſiæ</hi> habe er einen und<lb/> andnren <hi rendition="#aq">Scrupulum.</hi> Er moͤchte gerne wiſſen/ <hi rendition="#aq">unde debeat agno-<lb/> ſcere Deum vocantem</hi> ꝛ Jſt es nicht wahr/ ſagte er/ daß offtmals<lb/> einem zu einer zeit 2. <hi rendition="#aq">Conditiones, offeriret</hi> werden/ und er erweh-<lb/> let gemeiniglich diejenige/ welche ihm am meiſten Eyer und Geld<lb/> bringet? Er <hi rendition="#aq">proponirte</hi> mir darauff etliche <hi rendition="#aq">Caſus,</hi> auff welche ich<lb/> ihm nicht antworten konte. Er ſagte unter andern/ es ſey ein <hi rendition="#aq">General<lb/> Superintendens</hi> geweweſen/ der habe einen Tochtermann gehabt/<lb/> es habe aber ein <hi rendition="#aq">Special Superintendens</hi> ſollen erwehlet werden/<lb/> da habe der <hi rendition="#aq">General Superintendens</hi> einen frommen einfaͤltigen<lb/> Prediger von dem Lande zu ſich kommen laſſen/ und geſaget: Herꝛ<lb/> Johann/ ihr wiſſet daß ein neuer <hi rendition="#aq">Superintendens</hi> ſol vorgeſchla-<lb/> gen werden/ Lieber/ ſchlaget meinen Tochtermann fuͤr/ lobet ihn nicht<lb/> zuviel/ ſcheltet ihn auch nicht/ es ſol euer Schade nicht ſeyn. Als die<lb/> Wahl angegangen/ habe einer dieſen/ der ander jenen vorgeſchlagen.<lb/> Da nun das <hi rendition="#aq">Votum</hi> an Herꝛ Johan kommen war/ hat er geſaget/<lb/> Jhr lieben Herꝛen/ warumb ſuchet ihr doch Leut auſſer dem Land? ha-<lb/> ben wir nicht Leut genung in dem Lande? da iſt des Herꝛn <hi rendition="#aq">General<lb/> Superintendentens</hi> Tochtermann/ der iſt zwar noch jung/ allein<lb/> er hat ſchoͤne Gaben. Der <hi rendition="#aq">General Superintendens</hi> hatte die Haͤn-<lb/> de gewunden und empor gehoben und geſaget <hi rendition="#aq">Divina Vocatio?</hi> und<lb/> das hatte hernach <hi rendition="#aq">divina vocatio</hi> ſeyn muͤſſen/ es moͤchte dem Fuͤr-<lb/> ſten oder dem Land lieb oder leid ſeyn. Jch laſſe ſolche Dinge an ihrem<lb/> Ort ſtehen. Das Tractaͤtlein aber <hi rendition="#aq">de Ratione ſtatus</hi> hab ich auff die-<lb/> ſe Weiſe bekommen/ Jch hatte auff einen Freytag geprediget/ und<lb/> nach der Predigt kam eine Magd zu mir und brachte mir ein Paquet<lb/> Schreiben/ deſſen Oberſchrifft war an mich gerichtet. Als ich dieſes<lb/> Paquet erbrach/ war nichts darin/ als ein Exemplar von dem Trac-<lb/> taͤtlein <hi rendition="#aq">de Ratione ſtatus.</hi> Jch durchlaſe das Tractaͤtlein ein wenig/<lb/> und ſahe wol/ was des <hi rendition="#aq">Autoris</hi> Meinung ſey/ uñ ſagte zu der Magd:<lb/> woher bringet ihr dieſes Schreiben? ſie antwortete: Es gieng ein<lb/> Mann in die Kirchen/ gab mir einen duppelen Schilling und ſagte:<lb/> Er habe gemercket/ daß viel Leut nach der Predigt mir in meinem<lb/> Hauſe gefolget/ und ich deßwegen ſehr geſchaͤfftig ſey/ darumb ſol ſie<lb/> doch ſo lange warten/ biß andere Leute weg ſeyn/ und ſolle denn mir<lb/> dieſes Schreiben geben Jch grieff in den Saͤckel und ſagte: Sehet da/<lb/> Maͤgdlein/ da habt ihꝛ noch einen dupplen Schilling. Sagt den Mañ/<lb/> ich laſſe ihn bitten/ er wolle mir doch noch ein paaꝛ Exemplar ſchicken/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [646/0688]
Abgenoͤhtigte
Jch antwortete? Nein/ ich ruffe den allwiſſenden Gott zu Zeugen an/
daß ich es nicht gemacht habe. Allein ich bekenne daß ich viel Gedan-
cken von dieſer Materi gehabt und auch in privat diſcurſen davon
gedacht habe. Es ſagte einsmals ein vornehmer Theologus zu mir/
Er koͤnne ſich in allen Glaubens-Articuln wol finden. Allein in dem
Articul de vocatione miniſtrorum Eccleſiæ habe er einen und
andnren Scrupulum. Er moͤchte gerne wiſſen/ unde debeat agno-
ſcere Deum vocantem ꝛ Jſt es nicht wahr/ ſagte er/ daß offtmals
einem zu einer zeit 2. Conditiones, offeriret werden/ und er erweh-
let gemeiniglich diejenige/ welche ihm am meiſten Eyer und Geld
bringet? Er proponirte mir darauff etliche Caſus, auff welche ich
ihm nicht antworten konte. Er ſagte unter andern/ es ſey ein General
Superintendens geweweſen/ der habe einen Tochtermann gehabt/
es habe aber ein Special Superintendens ſollen erwehlet werden/
da habe der General Superintendens einen frommen einfaͤltigen
Prediger von dem Lande zu ſich kommen laſſen/ und geſaget: Herꝛ
Johann/ ihr wiſſet daß ein neuer Superintendens ſol vorgeſchla-
gen werden/ Lieber/ ſchlaget meinen Tochtermann fuͤr/ lobet ihn nicht
zuviel/ ſcheltet ihn auch nicht/ es ſol euer Schade nicht ſeyn. Als die
Wahl angegangen/ habe einer dieſen/ der ander jenen vorgeſchlagen.
Da nun das Votum an Herꝛ Johan kommen war/ hat er geſaget/
Jhr lieben Herꝛen/ warumb ſuchet ihr doch Leut auſſer dem Land? ha-
ben wir nicht Leut genung in dem Lande? da iſt des Herꝛn General
Superintendentens Tochtermann/ der iſt zwar noch jung/ allein
er hat ſchoͤne Gaben. Der General Superintendens hatte die Haͤn-
de gewunden und empor gehoben und geſaget Divina Vocatio? und
das hatte hernach divina vocatio ſeyn muͤſſen/ es moͤchte dem Fuͤr-
ſten oder dem Land lieb oder leid ſeyn. Jch laſſe ſolche Dinge an ihrem
Ort ſtehen. Das Tractaͤtlein aber de Ratione ſtatus hab ich auff die-
ſe Weiſe bekommen/ Jch hatte auff einen Freytag geprediget/ und
nach der Predigt kam eine Magd zu mir und brachte mir ein Paquet
Schreiben/ deſſen Oberſchrifft war an mich gerichtet. Als ich dieſes
Paquet erbrach/ war nichts darin/ als ein Exemplar von dem Trac-
taͤtlein de Ratione ſtatus. Jch durchlaſe das Tractaͤtlein ein wenig/
und ſahe wol/ was des Autoris Meinung ſey/ uñ ſagte zu der Magd:
woher bringet ihr dieſes Schreiben? ſie antwortete: Es gieng ein
Mann in die Kirchen/ gab mir einen duppelen Schilling und ſagte:
Er habe gemercket/ daß viel Leut nach der Predigt mir in meinem
Hauſe gefolget/ und ich deßwegen ſehr geſchaͤfftig ſey/ darumb ſol ſie
doch ſo lange warten/ biß andere Leute weg ſeyn/ und ſolle denn mir
dieſes Schreiben geben Jch grieff in den Saͤckel und ſagte: Sehet da/
Maͤgdlein/ da habt ihꝛ noch einen dupplen Schilling. Sagt den Mañ/
ich laſſe ihn bitten/ er wolle mir doch noch ein paaꝛ Exemplar ſchicken/
ich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/688 |
Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/688>, abgerufen am 22.07.2024. |