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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Ehrenrettung.
die Regenten im weltlichen Stande/ welche zwar gute Evangeli-
sche Prediger vociren und in Ehren halten/ allein sie folgen ihnen
nicht. Sie machen es wie Herodes/ der Johannem den Täuffer
gerne hörete/ wann vielleicht Johannes predigte wieder Pontium
Pilatum/ wieder die hohe Priester/ Phariseer und Schrifftgelehrten
zu Jerusalem. Als er aber Herodem selbst angriff/ und ihm die War-
heit sagte/ da ward alle Gnade auß. Mit diesem Text wil Chri-
stus denen
Politicis und Statisten an das Hertz greiffen/
welche Buß-Fast- und Bettage anstellen/ wann sie ein Machiavelli-
sches Stücklein wollen ins Werck stellen/ welche alles anfangen in
Nomine Domini,
und der theure Name Gottes/ die wahre Reli-
gion/ die Augspurgische Confession muß ihr Schalckheit Deckel seyn.
Solche Leute werden sich am Jüngsten Tage verwundern/ warum
sie der Teuffel in die Hölle führen wolle? HErr/ HErr/ werden sie sa-
gen/ haben wir nicht mit grossem Eyfer Reformiret? Haben
wir nicht falschen Propheten die Stad und Cantzel verbohten? Haben
wir nicht böse Buben in die Zuchthäuser geschicket? Sind wir nicht
von jederman außgeschriehen worden/ daß wir rechte Priester Freun-
de/ Patroni, Maecenates und Beförderer der Kirchen und Schulen
seyn? wie manche Theologische Disputation ist uns dediciret worden/
wie manches statliches Neues Jahr/ wie manchen Paschsemmel ha-
ben wir den Priestern geschicket/ wie manche Stifftung haben wir ge-
than! Zum dritten sagt Christus/ es werden ihr viel am Jüngsten
Tage sagen: HErr/ HErr/ haben wir nicht in deinem Na-
men viel Thaten gethan?
Das ist ein Text für die Haußväter
und Haußmütter/ und in gesampt für alle Maul-Christen/ welche ei-
nen scheinheiligen Wandel äusserlich führen/ aber in heimlichen Sün-
den stecken biß über die Ohren/ und mit dem Teufel buhlen. Die wer-
den dann sich dermaleins auch verwundern/ warum sie in der Hölle
ihr Quartier nicht weit von dem reichen Mann haben sollen/ der Mo-
sen und die Propheten nicht hören wolt/ der dem armen Lazaro die
Brosamlein/ die von seinem Tische fielen/ nicht gönnen wolt? Das
wird ihnen Spanisch fürkommen/ und werden sagen: HErr/ HErr/
haben wir nicht in deinem Namen Thaten gethan?
Jch er-
innere mich itzo einer sehr reichen Frauen/ welcher jederman das
Zeugnüß gab/ daß sie alle Tag fleissig zur Kirchen/ alle Quartal zum
H. Abendmal gienge. Alle Geistliche/ welche mit ihr umbgiengen
verwunderten sich über die schöne Sprüch und Reimgebetlein/ wel-
che sie in allen Conversationes anziehen konte. Endlich wurde ihre
erschreckliche Boßheit offenbar/ und muste sterben ehe sie [k]ranck wur-
de. Wieviel find noch deren/ welche an jenem grossen Tage sagen wer-
den. HErr/ HErr/ sind wir nicht fast alle Tage in die Kirche kom-

men?
S s

Ehrenrettung.
die Regenten im weltlichen Stande/ welche zwar gute Evangeli-
ſche Prediger vociren und in Ehren halten/ allein ſie folgen ihnen
nicht. Sie machen es wie Herodes/ der Johannem den Taͤuffer
gerne hoͤrete/ wann vielleicht Johannes predigte wieder Pontium
Pilatum/ wieder die hohe Prieſter/ Phariſeer und Schrifftgelehrten
zu Jeruſalem. Als er aber Herodem ſelbſt angriff/ und ihm die War-
heit ſagte/ da ward alle Gnade auß. Mit dieſem Text wil Chri-
ſtus denen
Politicis und Statiſten an das Hertz greiffen/
welche Buß-Faſt- und Bettage anſtellen/ wann ſie ein Machiavelli-
ſches Stuͤcklein wollen ins Werck ſtellen/ welche alles anfangen in
Nomine Domini,
und der theure Name Gottes/ die wahre Reli-
gion/ die Augſpurgiſche Confeſſion muß ihr Schalckheit Deckel ſeyn.
Solche Leute werden ſich am Juͤngſten Tage verwundern/ warum
ſie der Teuffel in die Hoͤlle fuͤhren wolle? HErꝛ/ HErꝛ/ werden ſie ſa-
gen/ haben wir nicht mit groſſem Eyfer Reformiret? Haben
wir nicht falſchen Propheten die Stad und Cantzel verbohten? Haben
wir nicht boͤſe Buben in die Zuchthaͤuſer geſchicket? Sind wir nicht
von jederman außgeſchriehen worden/ daß wir rechte Prieſter Freun-
de/ Patroni, Mæcenates und Befoͤrderer der Kirchen und Schulen
ſeyn? wie manche Theologiſche Diſputation iſt uns dediciret worden/
wie manches ſtatliches Neues Jahr/ wie manchen Paſchſemmel ha-
ben wir den Prieſtern geſchicket/ wie manche Stifftung haben wir ge-
than! Zum dritten ſagt Chriſtus/ es werden ihr viel am Juͤngſten
Tage ſagen: HErr/ HErr/ haben wir nicht in deinem Na-
men viel Thaten gethan?
Das iſt ein Text fuͤr die Haußvaͤter
und Haußmuͤtter/ und in geſampt fuͤr alle Maul-Chriſten/ welche ei-
nen ſcheinheiligen Wandel aͤuſſeꝛlich fuͤhꝛen/ aber in heimlichen Suͤn-
den ſtecken biß uͤber die Ohren/ und mit dem Teufel buhlen. Die wer-
den dann ſich dermaleins auch verwundern/ warum ſie in der Hoͤlle
ihr Quartier nicht weit von dem reichen Mann haben ſollen/ der Mo-
ſen und die Propheten nicht hoͤren wolt/ der dem armen Lazaro die
Broſamlein/ die von ſeinem Tiſche fielen/ nicht goͤnnen wolt? Das
wird ihnen Spaniſch fuͤrkom̃en/ und werden ſagen: HErꝛ/ HErꝛ/
haben wir nicht in deinem Namen Thaten gethan?
Jch er-
innere mich itzo einer ſehr reichen Frauen/ welcher jederman das
Zeugnuͤß gab/ daß ſie alle Tag fleiſſig zur Kirchen/ alle Quartal zum
H. Abendmal gienge. Alle Geiſtliche/ welche mit ihr umbgiengen
verwunderten ſich uͤber die ſchoͤne Spruͤch und Reimgebetlein/ wel-
che ſie in allen Converſationes anziehen konte. Endlich wurde ihre
erſchreckliche Boßheit offenbar/ und muſte ſterben ehe ſie [k]ranck wur-
de. Wieviel find noch deren/ welche an jenem groſſen Tage ſagen weꝛ-
den. HErr/ HErr/ ſind wir nicht faſt alle Tage in die Kirche kom-

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[641/0683] Ehrenrettung. die Regenten im weltlichen Stande/ welche zwar gute Evangeli- ſche Prediger vociren und in Ehren halten/ allein ſie folgen ihnen nicht. Sie machen es wie Herodes/ der Johannem den Taͤuffer gerne hoͤrete/ wann vielleicht Johannes predigte wieder Pontium Pilatum/ wieder die hohe Prieſter/ Phariſeer und Schrifftgelehrten zu Jeruſalem. Als er aber Herodem ſelbſt angriff/ und ihm die War- heit ſagte/ da ward alle Gnade auß. Mit dieſem Text wil Chri- ſtus denen Politicis und Statiſten an das Hertz greiffen/ welche Buß-Faſt- und Bettage anſtellen/ wann ſie ein Machiavelli- ſches Stuͤcklein wollen ins Werck ſtellen/ welche alles anfangen in Nomine Domini, und der theure Name Gottes/ die wahre Reli- gion/ die Augſpurgiſche Confeſſion muß ihr Schalckheit Deckel ſeyn. Solche Leute werden ſich am Juͤngſten Tage verwundern/ warum ſie der Teuffel in die Hoͤlle fuͤhren wolle? HErꝛ/ HErꝛ/ werden ſie ſa- gen/ haben wir nicht mit groſſem Eyfer Reformiret? Haben wir nicht falſchen Propheten die Stad und Cantzel verbohten? Haben wir nicht boͤſe Buben in die Zuchthaͤuſer geſchicket? Sind wir nicht von jederman außgeſchriehen worden/ daß wir rechte Prieſter Freun- de/ Patroni, Mæcenates und Befoͤrderer der Kirchen und Schulen ſeyn? wie manche Theologiſche Diſputation iſt uns dediciret worden/ wie manches ſtatliches Neues Jahr/ wie manchen Paſchſemmel ha- ben wir den Prieſtern geſchicket/ wie manche Stifftung haben wir ge- than! Zum dritten ſagt Chriſtus/ es werden ihr viel am Juͤngſten Tage ſagen: HErr/ HErr/ haben wir nicht in deinem Na- men viel Thaten gethan? Das iſt ein Text fuͤr die Haußvaͤter und Haußmuͤtter/ und in geſampt fuͤr alle Maul-Chriſten/ welche ei- nen ſcheinheiligen Wandel aͤuſſeꝛlich fuͤhꝛen/ aber in heimlichen Suͤn- den ſtecken biß uͤber die Ohren/ und mit dem Teufel buhlen. Die wer- den dann ſich dermaleins auch verwundern/ warum ſie in der Hoͤlle ihr Quartier nicht weit von dem reichen Mann haben ſollen/ der Mo- ſen und die Propheten nicht hoͤren wolt/ der dem armen Lazaro die Broſamlein/ die von ſeinem Tiſche fielen/ nicht goͤnnen wolt? Das wird ihnen Spaniſch fuͤrkom̃en/ und werden ſagen: HErꝛ/ HErꝛ/ haben wir nicht in deinem Namen Thaten gethan? Jch er- innere mich itzo einer ſehr reichen Frauen/ welcher jederman das Zeugnuͤß gab/ daß ſie alle Tag fleiſſig zur Kirchen/ alle Quartal zum H. Abendmal gienge. Alle Geiſtliche/ welche mit ihr umbgiengen verwunderten ſich uͤber die ſchoͤne Spruͤch und Reimgebetlein/ wel- che ſie in allen Converſationes anziehen konte. Endlich wurde ihre erſchreckliche Boßheit offenbar/ und muſte ſterben ehe ſie kranck wur- de. Wieviel find noch deren/ welche an jenem groſſen Tage ſagen weꝛ- den. HErr/ HErr/ ſind wir nicht faſt alle Tage in die Kirche kom- men? S s

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/683>, abgerufen am 23.11.2024.