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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Vorrede.
wurde/ Hans/ widersagest du dem Teuffel/ allen seinen Wercken/ We-
sen und Willen? Da antwortet er Nein. Der Priester fragte noch-
mals/ Hans/ widersagestu dem Teuffel/ etc. Der Schäfer antwortet:
Herr Johann/ ihr hört wol/ Nein. Der Priester sagt/ warumb? Der
Schäfer antwortet/ Herr Johann/ ihr wisset wol daß ich ein armer
Schäfer bin/ und muß Tag und Nacht im Felde seyn. Nun ist der
Teuffel ein Schelm/ er möcht mir leichtlich einmal einen Possen thun.
Dieses wil ich zwar thun/ ich wil ihm im Hertzen heimlich feind seyn/
aber daß ich es so öffentlich sagen sol/ das werdet ihr mich nicht heissen/
Herr Johann. Fast eben also macht es euer Vater. Er siehet zwar viel
Dings was an seines Herrn Hoff vorgehet/ und hat keinen Gefallen
dran/ sondern denckt wie der Schäfer/ was sol ich machen/ der Teuffel
ist ein Schelm/ sagt man viel/ so muß man viel verantworten. Drumb
bitt ich euch Philanderson/ ihr wollet euch hier ein wenig bey niederse-
tzen. Nolite spernere lactucam meam. Esset ein Stück Brodt mit mir/
so gut ich es habe. Wir wollen euers ehrlichen Vaters ferner geden-
cken. Unterdessen wil ich meine Bibel holen lassen/ und euch ein wenig
zeigen/ wie ihr hinführo die Politic auß der Bibel lernen könnet. Wir
wollen ansehen das erste Buch der Könige/ darin deß weisen Königs
Salomons Regiment beschrieben wird/ und wollen ein Capitul nach
dem andern durchgehen/ nicht zu dem End/ daß ich euch in dieser kur-
tzen Zeit einen Commentarium über ein jeglich Capitul mache/ sondern
daß ich euch obiter gleichsam mit Fingern zeige/ was ihr hinführd in ei-
nem und andern Capitul betrachten/ und ferner examiniren sollet.
Wir wollen erstlich ansehen.

Das I. Capitul.

WAnn ich dieses erste Capitul betrachte/ sehe ich daß grosse Herren
viel Dings thun/ worauß man keine Regul oder Gesetz machen
dürffe. Dann da der König David/ Salomons Vater/ alt war/ und
wol betaget/ konte er nicht warm werden/ ob man ihn schon mit Klei-
dern bedecket. Da sprachen seine Knechte zu ihm/ last sie meinem Herrn
König eine Dirne/ eine Jungfrau suchen/ die für dem König stehe/
und sein pflege/ und schlaffe in seinen Armen/ und wärme meinen
Herrn den König. Und sie suchten eine schöne Dirne in allen Gren-
tzen Jsrael/ und funden Abisag von Sunem/ und brachten sie dem Kö-
nig. Und sie war eine schöne Dirne/ und pflegte deß Königs/ und die-
net ihm. Hier ist die Frag/ was von diesem Werck/ von der schönen
Dirnen und dem alten Mann zu halten sey? Was die Erwärmung
anlangt/ dazu hätte ja wol David andere Mittel finden können. Be-
vorab weil nicht allein die schöne Bathseba/ Uriä Weib/ in welche er

sich

Vorrede.
wurde/ Hans/ widerſageſt du dem Teuffel/ allen ſeinen Wercken/ We-
ſen und Willen? Da antwortet er Nein. Der Prieſter fragte noch-
mals/ Hans/ widerſageſtu dem Teuffel/ ꝛc. Der Schaͤfer antwortet:
Herr Johann/ ihr hoͤrt wol/ Nein. Der Prieſter ſagt/ warumb? Der
Schaͤfer antwortet/ Herr Johann/ ihr wiſſet wol daß ich ein armer
Schaͤfer bin/ und muß Tag und Nacht im Felde ſeyn. Nun iſt der
Teuffel ein Schelm/ er moͤcht mir leichtlich einmal einen Poſſen thun.
Dieſes wil ich zwar thun/ ich wil ihm im Hertzen heimlich feind ſeyn/
aber daß ich es ſo oͤffentlich ſagen ſol/ das werdet ihꝛ mich nicht heiſſen/
Herꝛ Johann. Faſt eben alſo macht es euer Vater. Er ſiehet zwar viel
Dings was an ſeines Herrn Hoff vorgehet/ und hat keinen Gefallen
dran/ ſondern denckt wie der Schaͤfer/ was ſol ich machen/ der Teuffel
iſt ein Schelm/ ſagt man viel/ ſo muß man viel verantwoꝛten. Drumb
bitt ich euch Philanderſon/ ihr wollet euch hier ein wenig bey niederſe-
tzen. Nolite ſpernere lactucam meam. Eſſet ein Stuͤck Brodt mit mir/
ſo gut ich es habe. Wir wollen euers ehrlichen Vaters ferner geden-
cken. Unterdeſſen wil ich meine Bibel holen laſſen/ und euch ein wenig
zeigen/ wie ihr hinfuͤhro die Politic auß der Bibel lernen koͤnnet. Wir
wollen anſehen das erſte Buch der Koͤnige/ darin deß weiſen Koͤnigs
Salomons Regiment beſchrieben wird/ und wollen ein Capitul nach
dem andern durchgehen/ nicht zu dem End/ daß ich euch in dieſer kur-
tzen Zeit einen Commentarium uͤber ein jeglich Capitul mache/ ſondern
daß ich euch obiter gleichſam mit Fingern zeige/ was ihr hinfuͤhrd in ei-
nem und andern Capitul betrachten/ und ferner examiniren ſollet.
Wir wollen erſtlich anſehen.

Das I. Capitul.

WAnn ich dieſes erſte Capitul betrachte/ ſehe ich daß groſſe Herꝛen
viel Dings thun/ worauß man keine Regul oder Geſetz machen
duͤrffe. Dann da der Koͤnig David/ Salomons Vater/ alt war/ und
wol betaget/ konte er nicht warm werden/ ob man ihn ſchon mit Klei-
dern bedecket. Da ſprachen ſeine Knechte zu ihm/ laſt ſie meinem Herꝛn
Koͤnig eine Dirne/ eine Jungfrau ſuchen/ die fuͤr dem Koͤnig ſtehe/
und ſein pflege/ und ſchlaffe in ſeinen Armen/ und waͤrme meinen
Herꝛn den Koͤnig. Und ſie ſuchten eine ſchoͤne Dirne in allen Gren-
tzen Jſrael/ und funden Abiſag von Sunem/ und brachten ſie dem Koͤ-
nig. Und ſie war eine ſchoͤne Dirne/ und pflegte deß Koͤnigs/ und die-
net ihm. Hier iſt die Frag/ was von dieſem Werck/ von der ſchoͤnen
Dirnen und dem alten Mann zu halten ſey? Was die Erwaͤrmung
anlangt/ dazu haͤtte ja wol David andere Mittel finden koͤnnen. Be-
vorab weil nicht allein die ſchoͤne Bathſeba/ Uriaͤ Weib/ in welche er

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/53>, abgerufen am 02.05.2024.