Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Unschuld Seeligkeit abspricht/ das habe ich zu recapituliren weniger zubeantworten nicht würdig achten mögen. Der Welt und dir Butyrolambio wil ich den eigentlichen An- Alleine heutiges Tages heist es/ wer die Warheit geiget/ dem Sondern ich wil sagen/ daß er offt in Gast- und Wirtshäuser Sagen wil ich/ wie viel er an seinem Tisch/ und zu Haus ohne entgeld
Unſchuld Seeligkeit abſpricht/ das habe ich zu recapituliren weniger zubeantworten nicht wuͤrdig achten moͤgen. Der Welt und dir Butyrolambio wil ich den eigentlichen An- Alleine heutiges Tages heiſt es/ wer die Warheit geiget/ dem Sondern ich wil ſagen/ daß er offt in Gaſt- und Wirtshaͤuſer Sagen wil ich/ wie viel er an ſeinem Tiſch/ und zu Haus ohne entgeld
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Unſchuld
Seeligkeit abſpricht/ das habe ich zu recapituliren weniger zu
beantworten nicht wuͤrdig achten moͤgen.
Der Welt und dir Butyrolambio wil ich den eigentlichen An-
tenor vorſtellen. GOtt der aller Hertzen-Kuͤndiger/ ſey mein Zeuge/
wann ich einige affecten oder flattirung oder ertichtetes vorbringe/
Selbiger iſt nun ein rechter Longobarder mit der Zungen zu
frey und mit dem Hertzen zu auffrichtig. ſeyn in der war-
heit zwey herrliche Tugenden bey den alten unſern Vorfahrenden
Teutſchen deren Wirckung Kaͤyſer Carl des V. hochanſehnlicher
Cantzler Mercurinus bey dem Gvicciardino lib. 16. Hiſtor. anderer
zu uͤbergehen/ uns fuͤr Augen ſtellet
Alleine heutiges Tages heiſt es/ wer die Warheit geiget/ dem
ſchlaͤgt man den Fiedelbogen auff den Kopff/ dannenhero dieſe
ruhmwuͤrdige Tugenden bey den meiſten vor ein abſcheuliges Laſter
nunmehro gehalten werden/ welches der weitberuͤhmte Engelaͤndi-
ſche Cantzler Thomas Morus unter ſeinem Koͤnig Heinrico VII. er-
baͤrmlich erfahren. Und will ich hier nicht etwa reden/ wie Antenor
ſeine Zuhoͤrer mit der Schaͤrffe des Geſetzes er bittert machet/ her-
nach mit dem gelinden Oel des heil. Evangelii zu troͤſten weis/ dann
dieſes ſeine gantze Gemeine unſtreitig bekennet. So will ich auch
nicht reden/ wie er ſeine untergebene pri vatim troͤſtet. Auch hie
nicht etwa reden/ daß/ wenn er zur Leiche gehet und mit ſaurem
Schweis/ Muͤhe und Ungelegenheit das beſte accidẽs ſeines officii:
den Gebrauch des Ortes gemeß: Des Tages uͤberlauffen/ und etwa
ein Exulant ein vertriebner Kiſter/ oder abgerißener Vagant auff
der Straße ihm begegnet und umb ein Viaticum anſpricht/ er ſich
nicht etwa beſinnet ob ers werth ſey/ ſondern ſaget mit dem Edlen
Hochſinnreichen H. Harsdoͤrffer Seel. Es ſteht dem milden Ge-
ber nicht zu/ ob der Betler es werth ſey oder nicht/ beſondern wie
dieſer die Verantwortung/ ſo hat jener die Belohnung bey GOtt be-
vor. Gibt alſo Antenor das verdiente mit willigem Hertzen dahin/
und thut offt ſeine Tags-Arbeit umſonſt/ Man ſaget ein Freygebi-
ger der ſeinem Nechſten gerne guts thut/ iſt ein Freund Gottes/ ein
Freund der Menſchen/ ein Freund des Paradieſes/ und ſicher fuͤr
dem hoͤlliſchen Feuer.
Sondern ich wil ſagen/ daß er offt in Gaſt- und Wirtshaͤuſer
ſchicket/ und vor duͤrftige Studenten heimlich das verzehrte aus-
zahlen/ und darbey ihn zu nennen verbieten laͤſt. Jch will ſagen wie
manchen Nackenden er bekleidet/ und zu einem ſtuͤcke Brot ſeine
Nahrung fort zuſetzen geholffen.
Sagen wil ich/ wie viel er an ſeinem Tiſch/ und zu Haus ohne
entgeld
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