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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Regenten-Spiegel.
gierung gleichwol nicht allein tragen/ sondern muß geistliche und
weltliche Räth/ Beampte und Diener haben. Dann wo nicht Rath
ist/ da gehet das Volck unter/ Prov. 11. v. 14. und wer verständig ist
der läst ihm rathen/ Prov. 1. v. 5. Herr Cantzler Reinking sagt in seiner
Biblischen Policey lib. 2. axiom. 56. Je grösser ein Herr ist/ je mehr
Land und Leute er zu regieren hat/ je mehr Räthe/ Beampte und Die-
ner bedarff er. Ein Regent ist nur ein Mann/ kan auff einmal nur an
einem Orte seyn/ und muß in seiner Regierung das meiste mit andern
Augen sehen/ mit andern Ohren hören/ und darzu treue Räthe/ Ampt-
leute und Bediente gebrauchen. Hierin gleichen sie in etwas Gott/
dem allerhöchsten Regenten. Dann obwol derselbe alles in allem ist/
auch Himmel und Erden mit seinem Wesen erfüllet/ so thut er doch
nicht alles ohne Mittel/ sondern bedienet sich in vielen der heiligen
Engel/ der Natur und Menschen Es sind viel Regenten/ Fürsten und
Herren/ die halten darvor/ weil sie Gott zu grossen Herrn gemacht/ so
habe er sie auch mit gnugsamen darzu gehörigem hohen Verstand und
Weißheit außgerüstet und erleuchtet/ daß sie es vor sich allein selber
wol verstehen. Sie bedencken aber nicht darbey/ daß sie auch Menschen
seyn/ die leichtlich fehlen/ fallen und irren können. Moses war ein hoch-
begabter Cavallier. Er war am königlichen Hofe in Egypten als ein
königliches Kind aufferzogen. Gott machte ihn zu einem Ambassa-
deur/ und schickte ihn in einer hochwichtigen Sache an den grossen
König Pharao. Er machte ihn zu einem General über sechsmal hun-
dert tausend Mann. Es wuste Moses nit nur das Schwerdt/ sondern
auch die Federn zu führen/ er hatte trefflich wol studiret/ er war be-
schlagen in aller Weißheit der Chaldeer und Egyptier. Gott selbsten
hat sich unterschiedliche mal in Discurs mit ihm eingelassen. Als aber
sein Schwieger Vater der Priester Jethro/ ihn besuchte/ in der Wü-
sten/ am Berge Gottes/ und sahe was Moses für ein geplagter Mann
sey/ wie er in Person dem Volcke/ von Morgen an biß auff den Abend
Audientz gabe/ da sagte Jethro: Es ist nicht gut/ das du thust. Du
machest dich zu müde/ dazu das Volck auch/ das mit dir ist. Das Ge-
schäfft ist dir zu schwer/ du kanst es allein nicht außrichten. Aber gehor-
che meiner Stimm/ ich wil dir rathen/ und Gott wird mit dir seyn.
Pflege du deß Volcks für Gott/ und bringe die Geschäffte für Gott.
Und stelle ihnen Rechte und Gesetze/ daß du sie lehrest den Weg/ darin
sie wandeln/ und die Wercke/ die sie thun sollen. Siehe dich aber umb/
unter allem Volcke/ nach redlichen Leuten/ die Gott fürchten/ war-
hafftig/ und dem Geitz feind sind. Die setze über sie/ etliche über tau-
send/ über hundert/ über funfftzig/ und über zehen. Daß sie das Volck
allezeit richten. Wo aber eine grosse Sache ist/ daß sie dieselbe an dich
bringen/ und sie alle geringe Sachen richten/ so wird dirs leichter wer-

den/
C

Regenten-Spiegel.
gierung gleichwol nicht allein tragen/ ſondern muß geiſtliche und
weltliche Raͤth/ Beampte und Diener haben. Dann wo nicht Rath
iſt/ da gehet das Volck unter/ Prov. 11. v. 14. und wer verſtaͤndig iſt
der laͤſt ihm rathen/ Prov. 1. v. 5. Herꝛ Cantzler Reinking ſagt in ſeiner
Bibliſchen Policey lib. 2. axiom. 56. Je groͤſſer ein Herꝛ iſt/ je mehr
Land und Leute er zu regieren hat/ je mehr Raͤthe/ Beampte und Die-
ner bedarff er. Ein Regent iſt nur ein Mann/ kan auff einmal nur an
einem Orte ſeyn/ und muß in ſeiner Regierung das meiſte mit andern
Augen ſehen/ mit andern Ohren hoͤren/ und darzu treue Raͤthe/ Ampt-
leute und Bediente gebrauchen. Hierin gleichen ſie in etwas Gott/
dem allerhoͤchſten Regenten. Dann obwol derſelbe alles in allem iſt/
auch Himmel und Erden mit ſeinem Weſen erfuͤllet/ ſo thut er doch
nicht alles ohne Mittel/ ſondern bedienet ſich in vielen der heiligen
Engel/ der Natur und Menſchen Es ſind viel Regenten/ Fuͤrſten und
Herꝛen/ die halten darvor/ weil ſie Gott zu groſſen Herꝛn gemacht/ ſo
habe er ſie auch mit gnugſamen darzu gehoͤrigem hohen Verſtand und
Weißheit außgeruͤſtet und erleuchtet/ daß ſie es vor ſich allein ſelber
wol verſtehen. Sie bedencken aber nicht darbey/ daß ſie auch Menſchen
ſeyn/ die leichtlich fehlen/ fallen und irꝛen koͤnnen. Moſes war ein hoch-
begabter Cavallier. Er war am koͤniglichen Hofe in Egypten als ein
koͤnigliches Kind aufferzogen. Gott machte ihn zu einem Ambaſſa-
deur/ und ſchickte ihn in einer hochwichtigen Sache an den groſſen
Koͤnig Pharao. Er machte ihn zu einem General uͤber ſechsmal hun-
dert tauſend Mann. Es wuſte Moſes nit nur das Schwerdt/ ſondern
auch die Federn zu fuͤhren/ er hatte trefflich wol ſtudiret/ er war be-
ſchlagen in aller Weißheit der Chaldeer und Egyptier. Gott ſelbſten
hat ſich unterſchiedliche mal in Diſcurs mit ihm eingelaſſen. Als aber
ſein Schwieger Vater der Prieſter Jethro/ ihn beſuchte/ in der Wuͤ-
ſten/ am Berge Gottes/ und ſahe was Moſes fuͤr ein geplagter Mann
ſey/ wie er in Perſon dem Volcke/ von Morgen an biß auff den Abend
Audientz gabe/ da ſagte Jethro: Es iſt nicht gut/ das du thuſt. Du
macheſt dich zu muͤde/ dazu das Volck auch/ das mit dir iſt. Das Ge-
ſchaͤfft iſt dir zu ſchwer/ du kanſt es allein nicht außrichten. Aber gehor-
che meiner Stimm/ ich wil dir rathen/ und Gott wird mit dir ſeyn.
Pflege du deß Volcks fuͤr Gott/ und bringe die Geſchaͤffte fuͤr Gott.
Und ſtelle ihnen Rechte und Geſetze/ daß du ſie lehreſt den Weg/ darin
ſie wandeln/ und die Wercke/ die ſie thun ſollen. Siehe dich aber umb/
unter allem Volcke/ nach redlichen Leuten/ die Gott fuͤrchten/ war-
hafftig/ und dem Geitz feind ſind. Die ſetze uͤber ſie/ etliche uͤber tau-
ſend/ uͤber hundert/ uͤber funfftzig/ und uͤber zehen. Daß ſie das Volck
allezeit richten. Wo aber eine groſſe Sache iſt/ daß ſie dieſelbe an dich
bringen/ und ſie alle geringe Sachen richten/ ſo wird dirs leichter wer-

den/
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[33/0075] Regenten-Spiegel. gierung gleichwol nicht allein tragen/ ſondern muß geiſtliche und weltliche Raͤth/ Beampte und Diener haben. Dann wo nicht Rath iſt/ da gehet das Volck unter/ Prov. 11. v. 14. und wer verſtaͤndig iſt der laͤſt ihm rathen/ Prov. 1. v. 5. Herꝛ Cantzler Reinking ſagt in ſeiner Bibliſchen Policey lib. 2. axiom. 56. Je groͤſſer ein Herꝛ iſt/ je mehr Land und Leute er zu regieren hat/ je mehr Raͤthe/ Beampte und Die- ner bedarff er. Ein Regent iſt nur ein Mann/ kan auff einmal nur an einem Orte ſeyn/ und muß in ſeiner Regierung das meiſte mit andern Augen ſehen/ mit andern Ohren hoͤren/ und darzu treue Raͤthe/ Ampt- leute und Bediente gebrauchen. Hierin gleichen ſie in etwas Gott/ dem allerhoͤchſten Regenten. Dann obwol derſelbe alles in allem iſt/ auch Himmel und Erden mit ſeinem Weſen erfuͤllet/ ſo thut er doch nicht alles ohne Mittel/ ſondern bedienet ſich in vielen der heiligen Engel/ der Natur und Menſchen Es ſind viel Regenten/ Fuͤrſten und Herꝛen/ die halten darvor/ weil ſie Gott zu groſſen Herꝛn gemacht/ ſo habe er ſie auch mit gnugſamen darzu gehoͤrigem hohen Verſtand und Weißheit außgeruͤſtet und erleuchtet/ daß ſie es vor ſich allein ſelber wol verſtehen. Sie bedencken aber nicht darbey/ daß ſie auch Menſchen ſeyn/ die leichtlich fehlen/ fallen und irꝛen koͤnnen. Moſes war ein hoch- begabter Cavallier. Er war am koͤniglichen Hofe in Egypten als ein koͤnigliches Kind aufferzogen. Gott machte ihn zu einem Ambaſſa- deur/ und ſchickte ihn in einer hochwichtigen Sache an den groſſen Koͤnig Pharao. Er machte ihn zu einem General uͤber ſechsmal hun- dert tauſend Mann. Es wuſte Moſes nit nur das Schwerdt/ ſondern auch die Federn zu fuͤhren/ er hatte trefflich wol ſtudiret/ er war be- ſchlagen in aller Weißheit der Chaldeer und Egyptier. Gott ſelbſten hat ſich unterſchiedliche mal in Diſcurs mit ihm eingelaſſen. Als aber ſein Schwieger Vater der Prieſter Jethro/ ihn beſuchte/ in der Wuͤ- ſten/ am Berge Gottes/ und ſahe was Moſes fuͤr ein geplagter Mann ſey/ wie er in Perſon dem Volcke/ von Morgen an biß auff den Abend Audientz gabe/ da ſagte Jethro: Es iſt nicht gut/ das du thuſt. Du macheſt dich zu muͤde/ dazu das Volck auch/ das mit dir iſt. Das Ge- ſchaͤfft iſt dir zu ſchwer/ du kanſt es allein nicht außrichten. Aber gehor- che meiner Stimm/ ich wil dir rathen/ und Gott wird mit dir ſeyn. Pflege du deß Volcks fuͤr Gott/ und bringe die Geſchaͤffte fuͤr Gott. Und ſtelle ihnen Rechte und Geſetze/ daß du ſie lehreſt den Weg/ darin ſie wandeln/ und die Wercke/ die ſie thun ſollen. Siehe dich aber umb/ unter allem Volcke/ nach redlichen Leuten/ die Gott fuͤrchten/ war- hafftig/ und dem Geitz feind ſind. Die ſetze uͤber ſie/ etliche uͤber tau- ſend/ uͤber hundert/ uͤber funfftzig/ und uͤber zehen. Daß ſie das Volck allezeit richten. Wo aber eine groſſe Sache iſt/ daß ſie dieſelbe an dich bringen/ und ſie alle geringe Sachen richten/ ſo wird dirs leichter wer- den/ C

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/75>, abgerufen am 26.11.2024.