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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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SALOMO oder
umbgekehret/ verwüstet und auff frembde transportiret und gebracht
werden. Allein ich erinnere mich/ was der Hoch-Edelgeborne Herr/
Herr Dumbshirn/ Fürstl. Sachsen-Aldenburgischer höchstverdienter
Cantzler/ mein sonderbarer grosser Patron/ einsmals an mich ge-
schrieben/ wie diese gantze Biblische Policey an vieler grosser Herrn
Höfen gebraucht und mißbraucht werde.

Cap. III.

JN dem dritten Capitul sehet ihr/ wie der HErr Salomon erschie-
nen sey/ und gesagt habe/ bitte/ was ich dir geben sol. Und Salomo
habe gebeten umb Weißheit. Das gefiel dem HErrn wol. O wie weiß-
lich thät Salomo/ daß er umb Weißheit bat/ und nicht umb Reich-
thumb. Mancher bildet ihm ein/ er habe zwey Salomon im Kopff/ und
wann er Land und Leute regieren solte/ er wolte es besser machen als
heutiges Tages geschehe. Allein wann er zu einem geringen Aempt-
lein kombt/ so gehet es ihm wie jenem vorwitzigen Schulmeister/ wel-
cher immer gelahrter seyn wolte als sein Pastor. Als ihn nun die Bau-
ren überreden wolten/ er solte doch einmal predigen/ da entschuldiget
er sich lang/ er kenne nicht/ sondern er könne so wol disputiren als der
Pastor. Die Bauren antworteten/ er könne eben so wol predigen/ er
solle es nur einmal versuchen. Der Schulmeister ließ sich überreden/
und trat auff die Cantzel/ da vermeynet er/ die gantze Kirche lige ihm
auff dem Hals/ und konte nicht ein Wort reden. Als er endlich offt ge-
hustet/ und den Mantel zurecht gerücket hatte/ sagte er: Jhr liebe
Nachbarn/ ihr habt immer gesagt/ ich könne es. Ey wie schöne kan ich
es nun? Und damit gieng er wider von der Cantzel. Von dem Kayser
Gatba sagt Tacitus: Eum omnium consensu capacem fuisse imperii, nisi
imperasset.
Jener fabuliret, S. Peter habe einmal die Welt regieren
wollen/ da hab ihm unser HErr Gott zur Prob eine Ziegen gegeben/
deren er hüten sollen/ die Ziege habe ihm so viel zu thun gemachet/ daß
er deß Welt-Regiments gern vergessen hab. Es haben unterdessen
bey der Bitt Salomonis grosse Herren zu lernen/ daß wann eine Re-
gierung solle wol angefangen werden/ und glücklich fort gehen/ so
müsse alles vom HErrn erbeten seyn. Dann alles was dazu nöthig
ist/ das stehet in Gottes Händen. Weißheit ist dazu nöthig/ und die
stehet in Gottes Händen. So jemand von euch Weißheit mangelt/
der bitte sie von Gott/ der gibt einfältig jederman/ und rückets nie-
mand auff/ Jacob. 1. Gott weiß den Weg darzu (zur Weißheit) und
kennet ihre Stette/ Job. 28. Zum andern/ hat ein Regent von nöthen
ein sehend Auge/ und ein hörend Ohr. Das kömbt auch von Gott/
Prov. 28. v. 12. Wie viel haben das Unglück/ daß sie von denen am

meisten

SALOMO oder
umbgekehret/ verwuͤſtet und auff frembde tranſportiret und gebracht
werden. Allein ich erinnere mich/ was der Hoch-Edelgeborne Herꝛ/
Herꝛ Dumbshirn/ Fuͤrſtl. Sachſen-Aldenburgiſcher hoͤchſtverdienter
Cantzler/ mein ſonderbarer groſſer Patron/ einsmals an mich ge-
ſchrieben/ wie dieſe gantze Bibliſche Policey an vieler groſſer Herꝛn
Hoͤfen gebraucht und mißbraucht werde.

Cap. III.

JN dem dritten Capitul ſehet ihr/ wie der HErꝛ Salomon erſchie-
nen ſey/ und geſagt habe/ bitte/ was ich dir geben ſol. Und Salomo
habe gebeten umb Weißheit. Das gefiel dem HErꝛn wol. O wie weiß-
lich thaͤt Salomo/ daß er umb Weißheit bat/ und nicht umb Reich-
thumb. Mancher bildet ihm ein/ er habe zwey Salomon im Kopff/ uñ
wann er Land und Leute regieren ſolte/ er wolte es beſſer machen als
heutiges Tages geſchehe. Allein wann er zu einem geringen Aempt-
lein kombt/ ſo gehet es ihm wie jenem vorwitzigen Schulmeiſter/ wel-
cher immer gelahrter ſeyn wolte als ſein Paſtor. Als ihn nun die Bau-
ren uͤberreden wolten/ er ſolte doch einmal predigen/ da entſchuldiget
er ſich lang/ er kenne nicht/ ſondern er koͤnne ſo wol diſputiren als der
Paſtor. Die Bauren antworteten/ er koͤnne eben ſo wol predigen/ er
ſolle es nur einmal verſuchen. Der Schulmeiſter ließ ſich uͤberꝛeden/
und trat auff die Cantzel/ da vermeynet er/ die gantze Kirche lige ihm
auff dem Hals/ und konte nicht ein Wort reden. Als er endlich offt ge-
huſtet/ und den Mantel zurecht geruͤcket hatte/ ſagte er: Jhr liebe
Nachbarn/ ihr habt immer geſagt/ ich koͤnne es. Ey wie ſchoͤne kan ich
es nun? Und damit gieng er wider von der Cantzel. Von dem Kayſer
Gatba ſagt Tacitus: Eum omnium conſenſu capacem fuiſſe imperii, niſi
imperaſſet.
Jener fabuliret, S. Peter habe einmal die Welt regieren
wollen/ da hab ihm unſer HErꝛ Gott zur Prob eine Ziegen gegeben/
deren er huͤten ſollen/ die Ziege habe ihm ſo viel zu thun gemachet/ daß
er deß Welt-Regiments gern vergeſſen hab. Es haben unterdeſſen
bey der Bitt Salomonis groſſe Herꝛen zu lernen/ daß wann eine Re-
gierung ſolle wol angefangen werden/ und gluͤcklich fort gehen/ ſo
muͤſſe alles vom HErꝛn erbeten ſeyn. Dann alles was dazu noͤthig
iſt/ das ſtehet in Gottes Haͤnden. Weißheit iſt dazu noͤthig/ und die
ſtehet in Gottes Haͤnden. So jemand von euch Weißheit mangelt/
der bitte ſie von Gott/ der gibt einfaͤltig jederman/ und ruͤckets nie-
mand auff/ Jacob. 1. Gott weiß den Weg darzu (zur Weißheit) und
kennet ihre Stette/ Job. 28. Zum andern/ hat ein Regent von noͤthen
ein ſehend Auge/ und ein hoͤrend Ohr. Das koͤmbt auch von Gott/
Prov. 28. v. 12. Wie viel haben das Ungluͤck/ daß ſie von denen am

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[18/0060] SALOMO oder umbgekehret/ verwuͤſtet und auff frembde tranſportiret und gebracht werden. Allein ich erinnere mich/ was der Hoch-Edelgeborne Herꝛ/ Herꝛ Dumbshirn/ Fuͤrſtl. Sachſen-Aldenburgiſcher hoͤchſtverdienter Cantzler/ mein ſonderbarer groſſer Patron/ einsmals an mich ge- ſchrieben/ wie dieſe gantze Bibliſche Policey an vieler groſſer Herꝛn Hoͤfen gebraucht und mißbraucht werde. Cap. III. JN dem dritten Capitul ſehet ihr/ wie der HErꝛ Salomon erſchie- nen ſey/ und geſagt habe/ bitte/ was ich dir geben ſol. Und Salomo habe gebeten umb Weißheit. Das gefiel dem HErꝛn wol. O wie weiß- lich thaͤt Salomo/ daß er umb Weißheit bat/ und nicht umb Reich- thumb. Mancher bildet ihm ein/ er habe zwey Salomon im Kopff/ uñ wann er Land und Leute regieren ſolte/ er wolte es beſſer machen als heutiges Tages geſchehe. Allein wann er zu einem geringen Aempt- lein kombt/ ſo gehet es ihm wie jenem vorwitzigen Schulmeiſter/ wel- cher immer gelahrter ſeyn wolte als ſein Paſtor. Als ihn nun die Bau- ren uͤberreden wolten/ er ſolte doch einmal predigen/ da entſchuldiget er ſich lang/ er kenne nicht/ ſondern er koͤnne ſo wol diſputiren als der Paſtor. Die Bauren antworteten/ er koͤnne eben ſo wol predigen/ er ſolle es nur einmal verſuchen. Der Schulmeiſter ließ ſich uͤberꝛeden/ und trat auff die Cantzel/ da vermeynet er/ die gantze Kirche lige ihm auff dem Hals/ und konte nicht ein Wort reden. Als er endlich offt ge- huſtet/ und den Mantel zurecht geruͤcket hatte/ ſagte er: Jhr liebe Nachbarn/ ihr habt immer geſagt/ ich koͤnne es. Ey wie ſchoͤne kan ich es nun? Und damit gieng er wider von der Cantzel. Von dem Kayſer Gatba ſagt Tacitus: Eum omnium conſenſu capacem fuiſſe imperii, niſi imperaſſet. Jener fabuliret, S. Peter habe einmal die Welt regieren wollen/ da hab ihm unſer HErꝛ Gott zur Prob eine Ziegen gegeben/ deren er huͤten ſollen/ die Ziege habe ihm ſo viel zu thun gemachet/ daß er deß Welt-Regiments gern vergeſſen hab. Es haben unterdeſſen bey der Bitt Salomonis groſſe Herꝛen zu lernen/ daß wann eine Re- gierung ſolle wol angefangen werden/ und gluͤcklich fort gehen/ ſo muͤſſe alles vom HErꝛn erbeten ſeyn. Dann alles was dazu noͤthig iſt/ das ſtehet in Gottes Haͤnden. Weißheit iſt dazu noͤthig/ und die ſtehet in Gottes Haͤnden. So jemand von euch Weißheit mangelt/ der bitte ſie von Gott/ der gibt einfaͤltig jederman/ und ruͤckets nie- mand auff/ Jacob. 1. Gott weiß den Weg darzu (zur Weißheit) und kennet ihre Stette/ Job. 28. Zum andern/ hat ein Regent von noͤthen ein ſehend Auge/ und ein hoͤrend Ohr. Das koͤmbt auch von Gott/ Prov. 28. v. 12. Wie viel haben das Ungluͤck/ daß ſie von denen am meiſten

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/60>, abgerufen am 27.11.2024.