Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

platt, zuweilen ohne Verstand, zuweilen unge-
zogen, aber immer unter dem Mittelmäßigen;
ein Stück ausgenommen, das während meiner
Anwesenheit mehreremal gegeben wurde, und
den Titel "die Fiaker" führte. Es war ein
täuschend-getreues Gemälde dieser und der an-
dern niedern Einwohnerklassen von Wien, und
wurde auch, in Rücksicht der Kleidung, des
Anstandes und der Sprache, sehr natürlich
dargestellt. Mit einigen Veränderungen könnte
es in der That ein sehr unterhaltendes und
sogar lehrreiches Stück für die gemeineren
Stände in Wien werden.

In der Josephsstadt ist noch ein drittes,
geringeres Nebentheater, das sich erhält, aber
einer nähern Erwähnung nicht werth ist. Von
den Marktkomödianten habe ich schon zwey
Worte fallen lassen. Sie spielen in hölzernen
Hütten.

Uebrigens irrt man, wenn man den Ge-
schmack des Wienerischen Publikums strenge
nach diesen Nebentheatern beurtheilt. Ich

platt, zuweilen ohne Verſtand, zuweilen unge-
zogen, aber immer unter dem Mittelmaͤßigen;
ein Stuͤck ausgenommen, das waͤhrend meiner
Anweſenheit mehreremal gegeben wurde, und
den Titel „die Fiaker“ fuͤhrte. Es war ein
taͤuſchend-getreues Gemaͤlde dieſer und der an-
dern niedern Einwohnerklaſſen von Wien, und
wurde auch, in Ruͤckſicht der Kleidung, des
Anſtandes und der Sprache, ſehr natuͤrlich
dargeſtellt. Mit einigen Veraͤnderungen koͤnnte
es in der That ein ſehr unterhaltendes und
ſogar lehrreiches Stuͤck fuͤr die gemeineren
Staͤnde in Wien werden.

In der Joſephsſtadt iſt noch ein drittes,
geringeres Nebentheater, das ſich erhaͤlt, aber
einer naͤhern Erwaͤhnung nicht werth iſt. Von
den Marktkomoͤdianten habe ich ſchon zwey
Worte fallen laſſen. Sie ſpielen in hoͤlzernen
Huͤtten.

Uebrigens irrt man, wenn man den Ge-
ſchmack des Wieneriſchen Publikums ſtrenge
nach dieſen Nebentheatern beurtheilt. Ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0486" n="214"/>
platt, zuweilen ohne Ver&#x017F;tand, zuweilen unge-<lb/>
zogen, aber immer unter dem Mittelma&#x0364;ßigen;<lb/>
ein Stu&#x0364;ck ausgenommen, das wa&#x0364;hrend meiner<lb/>
Anwe&#x017F;enheit mehreremal gegeben wurde, und<lb/>
den Titel &#x201E;<hi rendition="#g">die Fiaker</hi>&#x201C; fu&#x0364;hrte. Es war ein<lb/>
ta&#x0364;u&#x017F;chend-getreues Gema&#x0364;lde die&#x017F;er und der an-<lb/>
dern niedern Einwohnerkla&#x017F;&#x017F;en von Wien, und<lb/>
wurde auch, in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht der Kleidung, des<lb/>
An&#x017F;tandes und der Sprache, &#x017F;ehr natu&#x0364;rlich<lb/>
darge&#x017F;tellt. Mit einigen Vera&#x0364;nderungen ko&#x0364;nnte<lb/>
es in der That ein &#x017F;ehr unterhaltendes und<lb/>
&#x017F;ogar lehrreiches Stu&#x0364;ck fu&#x0364;r die gemeineren<lb/>
Sta&#x0364;nde in Wien werden.</p><lb/>
              <p>In der <hi rendition="#g">Jo&#x017F;ephs&#x017F;tadt</hi> i&#x017F;t noch ein drittes,<lb/>
geringeres Nebentheater, das &#x017F;ich erha&#x0364;lt, aber<lb/>
einer na&#x0364;hern Erwa&#x0364;hnung nicht werth i&#x017F;t. Von<lb/>
den Marktkomo&#x0364;dianten habe ich &#x017F;chon zwey<lb/>
Worte fallen la&#x017F;&#x017F;en. Sie &#x017F;pielen in ho&#x0364;lzernen<lb/>
Hu&#x0364;tten.</p><lb/>
              <p>Uebrigens irrt man, wenn man den Ge-<lb/>
&#x017F;chmack des Wieneri&#x017F;chen Publikums &#x017F;trenge<lb/>
nach die&#x017F;en Nebentheatern beurtheilt. Ich<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0486] platt, zuweilen ohne Verſtand, zuweilen unge- zogen, aber immer unter dem Mittelmaͤßigen; ein Stuͤck ausgenommen, das waͤhrend meiner Anweſenheit mehreremal gegeben wurde, und den Titel „die Fiaker“ fuͤhrte. Es war ein taͤuſchend-getreues Gemaͤlde dieſer und der an- dern niedern Einwohnerklaſſen von Wien, und wurde auch, in Ruͤckſicht der Kleidung, des Anſtandes und der Sprache, ſehr natuͤrlich dargeſtellt. Mit einigen Veraͤnderungen koͤnnte es in der That ein ſehr unterhaltendes und ſogar lehrreiches Stuͤck fuͤr die gemeineren Staͤnde in Wien werden. In der Joſephsſtadt iſt noch ein drittes, geringeres Nebentheater, das ſich erhaͤlt, aber einer naͤhern Erwaͤhnung nicht werth iſt. Von den Marktkomoͤdianten habe ich ſchon zwey Worte fallen laſſen. Sie ſpielen in hoͤlzernen Huͤtten. Uebrigens irrt man, wenn man den Ge- ſchmack des Wieneriſchen Publikums ſtrenge nach dieſen Nebentheatern beurtheilt. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/486
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/486>, abgerufen am 25.11.2024.