chen sie spielt, am meisten gefällt, so pflege ich auf die Urtheile von Reisenden aus andern Provinzen nicht nachzusprechen: ja, ich traue mir selbst nicht Unbefangenheit genug zu, über ein Theater zu urtheilen, worauf ich andre Sitten, in einer andern Mundart, als die mir geläufig ist, dargestellt sehe; und deßhalb lege ich das Benehmen der Wiener selbst ge- gen ihre oberste Bühne zum Grunde, und schließe bloß aus diesem, daß sie wesentliche Mängel haben müsse, die ihr überhaupt eine erklärte Gleichgültigkeit und, zu manchen Zei- ten, eine gänzliche Vernachläßigung, wohl gar Verachtung, zugezogen. Mehrere, oft sehr schnell auf einander erfolgte, Veränderungen, die den Liebhabern der deutschen Theaterge- schichte bekannt genug sind, waren die Folge davon; aber keine, so zuversichtlich und rau- schend sie auch zuweilen angekündigt wurde, bewirkte was sie sollte: bessern Geschmack, Wetteifer unter den Schauspieldichtern, mehr Zulauf, und nebenher bessere innere Einrich-
tung
chen ſie ſpielt, am meiſten gefaͤllt, ſo pflege ich auf die Urtheile von Reiſenden aus andern Provinzen nicht nachzuſprechen: ja, ich traue mir ſelbſt nicht Unbefangenheit genug zu, uͤber ein Theater zu urtheilen, worauf ich andre Sitten, in einer andern Mundart, als die mir gelaͤufig iſt, dargeſtellt ſehe; und deßhalb lege ich das Benehmen der Wiener ſelbſt ge- gen ihre oberſte Buͤhne zum Grunde, und ſchließe bloß aus dieſem, daß ſie weſentliche Maͤngel haben muͤſſe, die ihr uͤberhaupt eine erklaͤrte Gleichguͤltigkeit und, zu manchen Zei- ten, eine gaͤnzliche Vernachlaͤßigung, wohl gar Verachtung, zugezogen. Mehrere, oft ſehr ſchnell auf einander erfolgte, Veraͤnderungen, die den Liebhabern der deutſchen Theaterge- ſchichte bekannt genug ſind, waren die Folge davon; aber keine, ſo zuverſichtlich und rau- ſchend ſie auch zuweilen angekuͤndigt wurde, bewirkte was ſie ſollte: beſſern Geſchmack, Wetteifer unter den Schauſpieldichtern, mehr Zulauf, und nebenher beſſere innere Einrich-
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chen ſie ſpielt, am meiſten gefaͤllt, ſo pflege
ich auf die Urtheile von Reiſenden aus andern
Provinzen nicht nachzuſprechen: ja, ich traue
mir ſelbſt nicht Unbefangenheit genug zu, uͤber
ein Theater zu urtheilen, worauf ich andre
Sitten, in einer andern Mundart, als die
mir gelaͤufig iſt, dargeſtellt ſehe; und deßhalb
lege ich das Benehmen der Wiener ſelbſt ge-
gen ihre oberſte Buͤhne zum Grunde, und
ſchließe bloß aus dieſem, daß ſie weſentliche
Maͤngel haben muͤſſe, die ihr uͤberhaupt eine
erklaͤrte Gleichguͤltigkeit und, zu manchen Zei-
ten, eine gaͤnzliche Vernachlaͤßigung, wohl gar
Verachtung, zugezogen. Mehrere, oft ſehr
ſchnell auf einander erfolgte, Veraͤnderungen,
die den Liebhabern der deutſchen Theaterge-
ſchichte bekannt genug ſind, waren die Folge
davon; aber keine, ſo zuverſichtlich und rau-
ſchend ſie auch zuweilen angekuͤndigt wurde,
bewirkte was ſie ſollte: beſſern Geſchmack,
Wetteifer unter den Schauſpieldichtern, mehr
Zulauf, und nebenher beſſere innere Einrich-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/464>, abgerufen am 25.11.2024.
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