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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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schlossenen Quellen, aus denen einige ausschlie-
ßend schöpften, über Alle; machten zwar Ein-
zelne nicht mehr reich, verschafften aber Allen
die Nothdurft. So waren die Apothekerey
und der Buchhandel unter Maria Theresia
sehr einträgliche Gewerbe, aber unter Joseph
sanken beyde durch die eröfnete Konkurrenz.
Die wohlhabenden Buchhändler, die noch in
Wien sind, stammen aus ältern Zeiten; die
Büchertrödler, Buchdrucker und Nachdrucker
aber, die man in engen Gassen, in finstern
Gewölben, welche oft nicht vier Schuh ins
Gevierte haben und deren einziges Fenster durch
abgeschmackte Büchertitel verklebt ist, so häu-
fig findet, sind sämmtlich aus den Zeiten der
"Büchl" und Josephs des Zweyten, der
über diesen Handel sehr einseitig dachte.

Der Charakter der Geldmasse, die in
Wien umläuft, und die Art, wie sie verthan
wird, ist wie in den meisten andern Europäi-
schen Residenzen, London ausgenommen, das
zugleich die Hülfsquellen einer Manufaktur-

ſchloſſenen Quellen, aus denen einige ausſchlie-
ßend ſchoͤpften, uͤber Alle; machten zwar Ein-
zelne nicht mehr reich, verſchafften aber Allen
die Nothdurft. So waren die Apothekerey
und der Buchhandel unter Maria Thereſia
ſehr eintraͤgliche Gewerbe, aber unter Joſeph
ſanken beyde durch die eroͤfnete Konkurrenz.
Die wohlhabenden Buchhaͤndler, die noch in
Wien ſind, ſtammen aus aͤltern Zeiten; die
Buͤchertroͤdler, Buchdrucker und Nachdrucker
aber, die man in engen Gaſſen, in finſtern
Gewoͤlben, welche oft nicht vier Schuh ins
Gevierte haben und deren einziges Fenſter durch
abgeſchmackte Buͤchertitel verklebt iſt, ſo haͤu-
fig findet, ſind ſaͤmmtlich aus den Zeiten der
„Buͤchl“ und Joſephs des Zweyten, der
uͤber dieſen Handel ſehr einſeitig dachte.

Der Charakter der Geldmaſſe, die in
Wien umlaͤuft, und die Art, wie ſie verthan
wird, iſt wie in den meiſten andern Europaͤi-
ſchen Reſidenzen, London ausgenommen, das
zugleich die Huͤlfsquellen einer Manufaktur-

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[182/0454] ſchloſſenen Quellen, aus denen einige ausſchlie- ßend ſchoͤpften, uͤber Alle; machten zwar Ein- zelne nicht mehr reich, verſchafften aber Allen die Nothdurft. So waren die Apothekerey und der Buchhandel unter Maria Thereſia ſehr eintraͤgliche Gewerbe, aber unter Joſeph ſanken beyde durch die eroͤfnete Konkurrenz. Die wohlhabenden Buchhaͤndler, die noch in Wien ſind, ſtammen aus aͤltern Zeiten; die Buͤchertroͤdler, Buchdrucker und Nachdrucker aber, die man in engen Gaſſen, in finſtern Gewoͤlben, welche oft nicht vier Schuh ins Gevierte haben und deren einziges Fenſter durch abgeſchmackte Buͤchertitel verklebt iſt, ſo haͤu- fig findet, ſind ſaͤmmtlich aus den Zeiten der „Buͤchl“ und Joſephs des Zweyten, der uͤber dieſen Handel ſehr einſeitig dachte. Der Charakter der Geldmaſſe, die in Wien umlaͤuft, und die Art, wie ſie verthan wird, iſt wie in den meiſten andern Europaͤi- ſchen Reſidenzen, London ausgenommen, das zugleich die Huͤlfsquellen einer Manufaktur-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/454>, abgerufen am 22.11.2024.