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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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gen um mich her, entwickelten und ergossen
sich dicke Wolken in einem kleinen nisselnden
Regen, der alle Gegenstände wie mit Nebel
bedeckte. Gegen acht Uhr hatte eine dicke Fin-
sterniß schon alles überzogen, aber mein Post-
knecht rannte mit mir so eilfertig in dieselbe
hinein, als ob es Tag gewesen wäre. Die An-
höhen mit ihrem Waldigt standen in dunkel-
schwarzen Massen um mich her, und das Ge-
hölz, durch welches ich kam, trug diese Farbe
in einem noch höheren Grade, so, daß der
mit schweren Wolken behangene Himmel wie
Tag dagegen erschien. Einige hundert Schritte
von mir hüpften Irrwische zu Dutzenden, und
von Strecke zu Strecke flimmerten Johannis-
würmchen wie Diamanten aus dem benach-
barten Gebüsch hervor. Auf mehreren schwan-
kenden Brücken mußte ich über Stürzbäche,
die tief unter mir rauschten. Da ich ausser
liederlichem Raubgesindel, das gern an den
Gränzen hauset, trotz Nacht und Wald, nichts
zu fürchten hatte, und auch jenes mit der

gen um mich her, entwickelten und ergoſſen
ſich dicke Wolken in einem kleinen niſſelnden
Regen, der alle Gegenſtaͤnde wie mit Nebel
bedeckte. Gegen acht Uhr hatte eine dicke Fin-
ſterniß ſchon alles uͤberzogen, aber mein Poſt-
knecht rannte mit mir ſo eilfertig in dieſelbe
hinein, als ob es Tag geweſen waͤre. Die An-
hoͤhen mit ihrem Waldigt ſtanden in dunkel-
ſchwarzen Maſſen um mich her, und das Ge-
hoͤlz, durch welches ich kam, trug dieſe Farbe
in einem noch hoͤheren Grade, ſo, daß der
mit ſchweren Wolken behangene Himmel wie
Tag dagegen erſchien. Einige hundert Schritte
von mir huͤpften Irrwiſche zu Dutzenden, und
von Strecke zu Strecke flimmerten Johannis-
wuͤrmchen wie Diamanten aus dem benach-
barten Gebuͤſch hervor. Auf mehreren ſchwan-
kenden Bruͤcken mußte ich uͤber Stuͤrzbaͤche,
die tief unter mir rauſchten. Da ich auſſer
liederlichem Raubgeſindel, das gern an den
Graͤnzen hauſet, trotz Nacht und Wald, nichts
zu fuͤrchten hatte, und auch jenes mit der

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[122/0394] gen um mich her, entwickelten und ergoſſen ſich dicke Wolken in einem kleinen niſſelnden Regen, der alle Gegenſtaͤnde wie mit Nebel bedeckte. Gegen acht Uhr hatte eine dicke Fin- ſterniß ſchon alles uͤberzogen, aber mein Poſt- knecht rannte mit mir ſo eilfertig in dieſelbe hinein, als ob es Tag geweſen waͤre. Die An- hoͤhen mit ihrem Waldigt ſtanden in dunkel- ſchwarzen Maſſen um mich her, und das Ge- hoͤlz, durch welches ich kam, trug dieſe Farbe in einem noch hoͤheren Grade, ſo, daß der mit ſchweren Wolken behangene Himmel wie Tag dagegen erſchien. Einige hundert Schritte von mir huͤpften Irrwiſche zu Dutzenden, und von Strecke zu Strecke flimmerten Johannis- wuͤrmchen wie Diamanten aus dem benach- barten Gebuͤſch hervor. Auf mehreren ſchwan- kenden Bruͤcken mußte ich uͤber Stuͤrzbaͤche, die tief unter mir rauſchten. Da ich auſſer liederlichem Raubgeſindel, das gern an den Graͤnzen hauſet, trotz Nacht und Wald, nichts zu fuͤrchten hatte, und auch jenes mit der

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/394>, abgerufen am 13.05.2024.