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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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sondern bloß einiger Absteigquartiere bedürfen,
wo sie vollends abgeschlossen werden. Miethet
sich aber solch ein Mädchen eine eigene Wohnung
für ihr Gewerbe, so muß es unter irgend einem
Titel und unter der Obhut irgend einer Mutter
oder Base seyn, die ein Handwerk treibt, wel-
ches die wahrscheinliche Vermuthung erregt, daß
sie des Besuchs von Mannspersonen jedes Stan-
des und Alters dabey bedürfe. Solche Mäd-
chen sind aber in der That in Dresden nach Ver-
hältniß selten, die auf einem gewissen Fuß leben;
und nur Eine der Art, die kurz vor meiner An-
kunft starb, hatte einige Jahre hindurch als ei-
ne Art von Phryne geglänzt, sowohl durch
Schönheit als durch Verstand und eine gewisse
Ausbildung des Betragens. Uebrigens haben
diese Mädchen, da sie nicht in eigenen sittenlo-
sen Häusern bey einander wohnen, sondern mit
andern Leuten in Umgang und Verkehr bleiben,
nicht das Plumpe und Eckelhaft-Zudringliche
in ihrem Ton und Wesen, das ihre Berliner
und Wiener Schwestern, die in Zwingern bey

ſondern bloß einiger Abſteigquartiere beduͤrfen,
wo ſie vollends abgeſchloſſen werden. Miethet
ſich aber ſolch ein Maͤdchen eine eigene Wohnung
fuͤr ihr Gewerbe, ſo muß es unter irgend einem
Titel und unter der Obhut irgend einer Mutter
oder Baſe ſeyn, die ein Handwerk treibt, wel-
ches die wahrſcheinliche Vermuthung erregt, daß
ſie des Beſuchs von Mannsperſonen jedes Stan-
des und Alters dabey beduͤrfe. Solche Maͤd-
chen ſind aber in der That in Dresden nach Ver-
haͤltniß ſelten, die auf einem gewiſſen Fuß leben;
und nur Eine der Art, die kurz vor meiner An-
kunft ſtarb, hatte einige Jahre hindurch als ei-
ne Art von Phryne geglaͤnzt, ſowohl durch
Schoͤnheit als durch Verſtand und eine gewiſſe
Ausbildung des Betragens. Uebrigens haben
dieſe Maͤdchen, da ſie nicht in eigenen ſittenlo-
ſen Haͤuſern bey einander wohnen, ſondern mit
andern Leuten in Umgang und Verkehr bleiben,
nicht das Plumpe und Eckelhaft-Zudringliche
in ihrem Ton und Weſen, das ihre Berliner
und Wiener Schweſtern, die in Zwingern bey

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[24/0032] ſondern bloß einiger Abſteigquartiere beduͤrfen, wo ſie vollends abgeſchloſſen werden. Miethet ſich aber ſolch ein Maͤdchen eine eigene Wohnung fuͤr ihr Gewerbe, ſo muß es unter irgend einem Titel und unter der Obhut irgend einer Mutter oder Baſe ſeyn, die ein Handwerk treibt, wel- ches die wahrſcheinliche Vermuthung erregt, daß ſie des Beſuchs von Mannsperſonen jedes Stan- des und Alters dabey beduͤrfe. Solche Maͤd- chen ſind aber in der That in Dresden nach Ver- haͤltniß ſelten, die auf einem gewiſſen Fuß leben; und nur Eine der Art, die kurz vor meiner An- kunft ſtarb, hatte einige Jahre hindurch als ei- ne Art von Phryne geglaͤnzt, ſowohl durch Schoͤnheit als durch Verſtand und eine gewiſſe Ausbildung des Betragens. Uebrigens haben dieſe Maͤdchen, da ſie nicht in eigenen ſittenlo- ſen Haͤuſern bey einander wohnen, ſondern mit andern Leuten in Umgang und Verkehr bleiben, nicht das Plumpe und Eckelhaft-Zudringliche in ihrem Ton und Weſen, das ihre Berliner und Wiener Schweſtern, die in Zwingern bey

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/32>, abgerufen am 29.03.2024.