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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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gen Arbeit auch zu essen, wenn anders ein
armer Reisebeschreiber noch äußern darf, daß
er auch auf seiner Reise Eßlust gehabt und so
gar gegessen habe. Ich ließ, und zwar so
nahe als möglich bey jener fröhlichen Gesell-
schaft für mich decken; und damit man mich
nicht für einen kalten Horcher halten sollte, so
brachte ich mein erstes Glas dem Mönchberge
und dem schönen Abend, mein zweites der
Geselligkeit, und mein drittes der Gesellschaft
-- mitten unter ihr -- dar. Ich hatte nicht
Ursach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn
sie wurde von diesem offnen, zutrauungsvollen
Völkchen nicht dafür gehalten. Erst spät in
der Nacht kehrte ich, über den Rest des Mönch-
berges, durch seine angenehmen Wäldchen, vor
dem Johannisschlößchen vorbey, dessen
Mauern und Thürme der Mond romantisch
beleuchtete, bald neben Höfen und Meyereyen,
bald neben Felsen hin, die mit Gesträuch be-
wachsen waren, bald durch finstre Hohlwege,
bald über ausgehauene Stufen hinunter mit

B 2

gen Arbeit auch zu eſſen, wenn anders ein
armer Reiſebeſchreiber noch aͤußern darf, daß
er auch auf ſeiner Reiſe Eßluſt gehabt und ſo
gar gegeſſen habe. Ich ließ, und zwar ſo
nahe als moͤglich bey jener froͤhlichen Geſell-
ſchaft fuͤr mich decken; und damit man mich
nicht fuͤr einen kalten Horcher halten ſollte, ſo
brachte ich mein erſtes Glas dem Moͤnchberge
und dem ſchoͤnen Abend, mein zweites der
Geſelligkeit, und mein drittes der Geſellſchaft
— mitten unter ihr — dar. Ich hatte nicht
Urſach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn
ſie wurde von dieſem offnen, zutrauungsvollen
Voͤlkchen nicht dafuͤr gehalten. Erſt ſpaͤt in
der Nacht kehrte ich, uͤber den Reſt des Moͤnch-
berges, durch ſeine angenehmen Waͤldchen, vor
dem Johannisſchloͤßchen vorbey, deſſen
Mauern und Thuͤrme der Mond romantiſch
beleuchtete, bald neben Hoͤfen und Meyereyen,
bald neben Felſen hin, die mit Geſtraͤuch be-
wachſen waren, bald durch finſtre Hohlwege,
bald uͤber ausgehauene Stufen hinunter mit

B 2
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[19/0291] gen Arbeit auch zu eſſen, wenn anders ein armer Reiſebeſchreiber noch aͤußern darf, daß er auch auf ſeiner Reiſe Eßluſt gehabt und ſo gar gegeſſen habe. Ich ließ, und zwar ſo nahe als moͤglich bey jener froͤhlichen Geſell- ſchaft fuͤr mich decken; und damit man mich nicht fuͤr einen kalten Horcher halten ſollte, ſo brachte ich mein erſtes Glas dem Moͤnchberge und dem ſchoͤnen Abend, mein zweites der Geſelligkeit, und mein drittes der Geſellſchaft — mitten unter ihr — dar. Ich hatte nicht Urſach, meine Zudringlichkeit zu bereuen, denn ſie wurde von dieſem offnen, zutrauungsvollen Voͤlkchen nicht dafuͤr gehalten. Erſt ſpaͤt in der Nacht kehrte ich, uͤber den Reſt des Moͤnch- berges, durch ſeine angenehmen Waͤldchen, vor dem Johannisſchloͤßchen vorbey, deſſen Mauern und Thuͤrme der Mond romantiſch beleuchtete, bald neben Hoͤfen und Meyereyen, bald neben Felſen hin, die mit Geſtraͤuch be- wachſen waren, bald durch finſtre Hohlwege, bald uͤber ausgehauene Stufen hinunter mit B 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/291>, abgerufen am 25.11.2024.