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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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König war auf Seiten der Benini, aber sei-
ne alte, erprobte Freundin, die Generalin Gra-
bowska
(man sagt, bloß deswegen) ge-
gen
sie, auf Seiten der häßlichern "prima
donna."
Boguslawski und seine Gesellschaft
wurde ganz darüber vergessen; indessen hatten
die Jtaliener bald dasselbe Schicksal. Die Er-
klärung unseres Hofes erschien und mit ihr
rückten unsre Heere über die Gränzen. Der
Zuschuß, den die Oper aus der königlichen
Kasse bekam, konnte nicht ferner bezahlt wer-
den; viel große Familien entfernten sich aus
Warschau; die Zurückgebliebenen hatten wich-
tigere Dinge zu thun, als die Oper zu sehen;
und kurz, sie wurde entlassen und ging arm
nach Jtalien zurück. Boguslawski's Gesell-
schaft zerstreuete sich ebenfalls.

Jetzt *) ist eine deutsche Gesellschaft hier,
die auf dem großen Saale des Radziwilischen
Pallastes spielt: leicht eine der elendesten, die
je in Deutschland herumgezogen ist. Jhre

*) Jm May 1793.

Koͤnig war auf Seiten der Benini, aber ſei-
ne alte, erprobte Freundin, die Generalin Gra-
bowska
(man ſagt, bloß deswegen) ge-
gen
ſie, auf Seiten der haͤßlichern „prima
donna.“
Boguslawski und ſeine Geſellſchaft
wurde ganz daruͤber vergeſſen; indeſſen hatten
die Jtaliener bald daſſelbe Schickſal. Die Er-
klaͤrung unſeres Hofes erſchien und mit ihr
ruͤckten unſre Heere uͤber die Graͤnzen. Der
Zuſchuß, den die Oper aus der koͤniglichen
Kaſſe bekam, konnte nicht ferner bezahlt wer-
den; viel große Familien entfernten ſich aus
Warſchau; die Zuruͤckgebliebenen hatten wich-
tigere Dinge zu thun, als die Oper zu ſehen;
und kurz, ſie wurde entlaſſen und ging arm
nach Jtalien zuruͤck. Boguslawski's Geſell-
ſchaft zerſtreuete ſich ebenfalls.

Jetzt *) iſt eine deutſche Geſellſchaft hier,
die auf dem großen Saale des Radziwiliſchen
Pallaſtes ſpielt: leicht eine der elendeſten, die
je in Deutſchland herumgezogen iſt. Jhre

*) Jm May 1793.
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[76/0086] Koͤnig war auf Seiten der Benini, aber ſei- ne alte, erprobte Freundin, die Generalin Gra- bowska (man ſagt, bloß deswegen) ge- gen ſie, auf Seiten der haͤßlichern „prima donna.“ Boguslawski und ſeine Geſellſchaft wurde ganz daruͤber vergeſſen; indeſſen hatten die Jtaliener bald daſſelbe Schickſal. Die Er- klaͤrung unſeres Hofes erſchien und mit ihr ruͤckten unſre Heere uͤber die Graͤnzen. Der Zuſchuß, den die Oper aus der koͤniglichen Kaſſe bekam, konnte nicht ferner bezahlt wer- den; viel große Familien entfernten ſich aus Warſchau; die Zuruͤckgebliebenen hatten wich- tigere Dinge zu thun, als die Oper zu ſehen; und kurz, ſie wurde entlaſſen und ging arm nach Jtalien zuruͤck. Boguslawski's Geſell- ſchaft zerſtreuete ſich ebenfalls. Jetzt *) iſt eine deutſche Geſellſchaft hier, die auf dem großen Saale des Radziwiliſchen Pallaſtes ſpielt: leicht eine der elendeſten, die je in Deutſchland herumgezogen iſt. Jhre *) Jm May 1793.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/86>, abgerufen am 21.11.2024.