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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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ren bezahlt, sehr gutes Auskommen hier fin-
den. Zahnärzte liefert diese Nation auch noch
hieher und sie durchziehen ganz Polen, und
besuchen ein adeliches Gut nach dem andern.
Es wäre ein Glück, wenn sie sich bloß an die
Zähne hielten, aber sie sind auch, was sich von
selbst versteht, zugleich große Aerzte und Wund-
ärzte, und heilen alles, vom Reitpferde an bis
zum Reiter. Der Schade, den diese Leute
zum Theil stiften, ist um so größer, da keine
medizinische Polizey über sie wacht. Jn War-
schau ist kein Schatten davon, und es war,
im Laufe des Konstitutionsreichstags, im Wer-
ke, ein medizinisches Kollegium zu bilden; aber
die Mitglieder waren unter einander so ge-
spannt, und ihre Entwürfe und Grundsätze
so verwirrt, widersprechend und leidenschaft-
lich, daß es leichter gewesen wäre, Felix Po-
tocki und Jgnaz Potocki zu vereinigen, als
diese Herren unter Einen Huth zu bringen.

Die Dissidenten, welche die Gottesgelehrt-
heit studieren, können auch nur in geringer

ren bezahlt, ſehr gutes Auskommen hier fin-
den. Zahnaͤrzte liefert dieſe Nation auch noch
hieher und ſie durchziehen ganz Polen, und
beſuchen ein adeliches Gut nach dem andern.
Es waͤre ein Gluͤck, wenn ſie ſich bloß an die
Zaͤhne hielten, aber ſie ſind auch, was ſich von
ſelbſt verſteht, zugleich große Aerzte und Wund-
aͤrzte, und heilen alles, vom Reitpferde an bis
zum Reiter. Der Schade, den dieſe Leute
zum Theil ſtiften, iſt um ſo groͤßer, da keine
mediziniſche Polizey uͤber ſie wacht. Jn War-
ſchau iſt kein Schatten davon, und es war,
im Laufe des Konſtitutionsreichstags, im Wer-
ke, ein mediziniſcheſ Kollegium zu bilden; aber
die Mitglieder waren unter einander ſo ge-
ſpannt, und ihre Entwuͤrfe und Grundſaͤtze
ſo verwirrt, widerſprechend und leidenſchaft-
lich, daß es leichter geweſen waͤre, Felix Po-
tocki und Jgnaz Potocki zu vereinigen, als
dieſe Herren unter Einen Huth zu bringen.

Die Diſſidenten, welche die Gottesgelehrt-
heit ſtudieren, koͤnnen auch nur in geringer

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[27/0037] ren bezahlt, ſehr gutes Auskommen hier fin- den. Zahnaͤrzte liefert dieſe Nation auch noch hieher und ſie durchziehen ganz Polen, und beſuchen ein adeliches Gut nach dem andern. Es waͤre ein Gluͤck, wenn ſie ſich bloß an die Zaͤhne hielten, aber ſie ſind auch, was ſich von ſelbſt verſteht, zugleich große Aerzte und Wund- aͤrzte, und heilen alles, vom Reitpferde an bis zum Reiter. Der Schade, den dieſe Leute zum Theil ſtiften, iſt um ſo groͤßer, da keine mediziniſche Polizey uͤber ſie wacht. Jn War- ſchau iſt kein Schatten davon, und es war, im Laufe des Konſtitutionsreichstags, im Wer- ke, ein mediziniſcheſ Kollegium zu bilden; aber die Mitglieder waren unter einander ſo ge- ſpannt, und ihre Entwuͤrfe und Grundſaͤtze ſo verwirrt, widerſprechend und leidenſchaft- lich, daß es leichter geweſen waͤre, Felix Po- tocki und Jgnaz Potocki zu vereinigen, als dieſe Herren unter Einen Huth zu bringen. Die Diſſidenten, welche die Gottesgelehrt- heit ſtudieren, koͤnnen auch nur in geringer

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/37>, abgerufen am 18.04.2024.