Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Uebrigens hat der König in diesem Hetz-
amphitheater eine Loge, wie in der Wiener
der Kaiser auch. Er besucht es aber selten
oder nie. Auf beyden Seiten neben der seini-
gen, sind andre Logen, die zuweilen aus den
höhern Ständen besetzt werden. Diese kom-
men in die Hetze, wie sie überall hinkommen,
um ein paar Stunden zu tödten, nicht, weil
sie Geschmack daran fänden. Die große Welt
weiß an Sonn- und Feyertagen am wenigsten,
was sie mit ihrer Zeit anfangen soll, da es
einmal üblich ist, daß an solchen Tagen selte-
ner Feste und Gesellschaften gegeben werden;
die Stunden von vier bis sechs des Nachmit-
tags, in welche die Hetze fällt, sind an sich
schon zu unbequem, um mit einer Lustbarkeit
ausgefüllt zu werden; überdieß ist es Sitte,
dahin zu fahren, wo man Gesellschaft findet,
und man kömmt bloß dieser zu gefallen, und
nutzt das übrige nur als die Gelegenheit dazu.
Diese Umstände muß man erwägen, um sich
zu erklären, wie in Warschau, und wie in

Uebrigens hat der Koͤnig in dieſem Hetz-
amphitheater eine Loge, wie in der Wiener
der Kaiſer auch. Er beſucht es aber ſelten
oder nie. Auf beyden Seiten neben der ſeini-
gen, ſind andre Logen, die zuweilen aus den
hoͤhern Staͤnden beſetzt werden. Dieſe kom-
men in die Hetze, wie ſie uͤberall hinkommen,
um ein paar Stunden zu toͤdten, nicht, weil
ſie Geſchmack daran faͤnden. Die große Welt
weiß an Sonn- und Feyertagen am wenigſten,
was ſie mit ihrer Zeit anfangen ſoll, da es
einmal uͤblich iſt, daß an ſolchen Tagen ſelte-
ner Feſte und Geſellſchaften gegeben werden;
die Stunden von vier bis ſechs des Nachmit-
tags, in welche die Hetze faͤllt, ſind an ſich
ſchon zu unbequem, um mit einer Luſtbarkeit
ausgefuͤllt zu werden; uͤberdieß iſt es Sitte,
dahin zu fahren, wo man Geſellſchaft findet,
und man koͤmmt bloß dieſer zu gefallen, und
nutzt das uͤbrige nur als die Gelegenheit dazu.
Dieſe Umſtaͤnde muß man erwaͤgen, um ſich
zu erklaͤren, wie in Warſchau, und wie in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0048" n="38"/>
        <p>Uebrigens hat der Ko&#x0364;nig in die&#x017F;em Hetz-<lb/>
amphitheater eine Loge, wie in der Wiener<lb/>
der Kai&#x017F;er auch. Er be&#x017F;ucht es aber &#x017F;elten<lb/>
oder nie. Auf beyden Seiten neben der &#x017F;eini-<lb/>
gen, &#x017F;ind andre Logen, die zuweilen aus den<lb/>
ho&#x0364;hern Sta&#x0364;nden be&#x017F;etzt werden. Die&#x017F;e kom-<lb/>
men in die Hetze, wie &#x017F;ie u&#x0364;berall hinkommen,<lb/>
um ein paar Stunden zu to&#x0364;dten, nicht, weil<lb/>
&#x017F;ie Ge&#x017F;chmack daran fa&#x0364;nden. Die große Welt<lb/>
weiß an Sonn- und Feyertagen am wenig&#x017F;ten,<lb/>
was &#x017F;ie mit ihrer Zeit anfangen &#x017F;oll, da es<lb/>
einmal u&#x0364;blich i&#x017F;t, daß an &#x017F;olchen Tagen &#x017F;elte-<lb/>
ner Fe&#x017F;te und Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften gegeben werden;<lb/>
die Stunden von vier bis &#x017F;echs des Nachmit-<lb/>
tags, in welche die Hetze fa&#x0364;llt, &#x017F;ind an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chon zu unbequem, um mit einer Lu&#x017F;tbarkeit<lb/>
ausgefu&#x0364;llt zu werden; u&#x0364;berdieß i&#x017F;t es Sitte,<lb/>
dahin zu fahren, wo man Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft findet,<lb/>
und man ko&#x0364;mmt bloß die&#x017F;er zu gefallen, und<lb/>
nutzt das u&#x0364;brige nur als die Gelegenheit dazu.<lb/>
Die&#x017F;e Um&#x017F;ta&#x0364;nde muß man erwa&#x0364;gen, um &#x017F;ich<lb/>
zu erkla&#x0364;ren, wie in War&#x017F;chau, und wie in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0048] Uebrigens hat der Koͤnig in dieſem Hetz- amphitheater eine Loge, wie in der Wiener der Kaiſer auch. Er beſucht es aber ſelten oder nie. Auf beyden Seiten neben der ſeini- gen, ſind andre Logen, die zuweilen aus den hoͤhern Staͤnden beſetzt werden. Dieſe kom- men in die Hetze, wie ſie uͤberall hinkommen, um ein paar Stunden zu toͤdten, nicht, weil ſie Geſchmack daran faͤnden. Die große Welt weiß an Sonn- und Feyertagen am wenigſten, was ſie mit ihrer Zeit anfangen ſoll, da es einmal uͤblich iſt, daß an ſolchen Tagen ſelte- ner Feſte und Geſellſchaften gegeben werden; die Stunden von vier bis ſechs des Nachmit- tags, in welche die Hetze faͤllt, ſind an ſich ſchon zu unbequem, um mit einer Luſtbarkeit ausgefuͤllt zu werden; uͤberdieß iſt es Sitte, dahin zu fahren, wo man Geſellſchaft findet, und man koͤmmt bloß dieſer zu gefallen, und nutzt das uͤbrige nur als die Gelegenheit dazu. Dieſe Umſtaͤnde muß man erwaͤgen, um ſich zu erklaͤren, wie in Warſchau, und wie in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/48
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/48>, abgerufen am 29.03.2024.