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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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ist dabey die Hauptsache für die junge und
schöne Welt, die Karte für die ältere und
häßliche. Letztre bleibt hier um so gewisser
unaufgefordert, da die Mitglieder der Gesell-
schaft einander selten so genau kennen, daß sie
aus Höflichkeit oder Politik etwas für einan-
der thun sollten. Bloß Reiz und Geschicklich-
keit im Tanze werden hervorgezogen, und man
ist versucht, die Warschauer schöne Welt für
die schönste zu halten, wenn man auf diesen
Pickenicken keine andre, als reitzende, treflich
gebildete und gewachsene Personen erblickt.
Man gehe indessen nur in die Nebenzimmer,
so wird man die Schlacken von diesem Silber
finden.

Warschau hat mit Wien eine Anstalt ge-
mein, die eigentlich nur für das rohe Volk
bestimmt ist, und für dieses bestimmt bleiben
sollte, die aber doch auch hier, wie in Wien,
von den höhern Klassen besucht wird -- ich
meyne die Hetze *). Man giebt sie hier eben-

*) Vergl. Berl. Monatsschrift, Juny. 1792. S. 572. fg.

iſt dabey die Hauptſache fuͤr die junge und
ſchoͤne Welt, die Karte fuͤr die aͤltere und
haͤßliche. Letztre bleibt hier um ſo gewiſſer
unaufgefordert, da die Mitglieder der Geſell-
ſchaft einander ſelten ſo genau kennen, daß ſie
aus Hoͤflichkeit oder Politik etwas fuͤr einan-
der thun ſollten. Bloß Reiz und Geſchicklich-
keit im Tanze werden hervorgezogen, und man
iſt verſucht, die Warſchauer ſchoͤne Welt fuͤr
die ſchoͤnſte zu halten, wenn man auf dieſen
Pickenicken keine andre, als reitzende, treflich
gebildete und gewachſene Perſonen erblickt.
Man gehe indeſſen nur in die Nebenzimmer,
ſo wird man die Schlacken von dieſem Silber
finden.

Warſchau hat mit Wien eine Anſtalt ge-
mein, die eigentlich nur fuͤr das rohe Volk
beſtimmt iſt, und fuͤr dieſes beſtimmt bleiben
ſollte, die aber doch auch hier, wie in Wien,
von den hoͤhern Klaſſen beſucht wird — ich
meyne die Hetze *). Man giebt ſie hier eben-

*) Vergl. Berl. Monatsſchrift, Juny. 1792. S. 572. fg.
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[34/0044] iſt dabey die Hauptſache fuͤr die junge und ſchoͤne Welt, die Karte fuͤr die aͤltere und haͤßliche. Letztre bleibt hier um ſo gewiſſer unaufgefordert, da die Mitglieder der Geſell- ſchaft einander ſelten ſo genau kennen, daß ſie aus Hoͤflichkeit oder Politik etwas fuͤr einan- der thun ſollten. Bloß Reiz und Geſchicklich- keit im Tanze werden hervorgezogen, und man iſt verſucht, die Warſchauer ſchoͤne Welt fuͤr die ſchoͤnſte zu halten, wenn man auf dieſen Pickenicken keine andre, als reitzende, treflich gebildete und gewachſene Perſonen erblickt. Man gehe indeſſen nur in die Nebenzimmer, ſo wird man die Schlacken von dieſem Silber finden. Warſchau hat mit Wien eine Anſtalt ge- mein, die eigentlich nur fuͤr das rohe Volk beſtimmt iſt, und fuͤr dieſes beſtimmt bleiben ſollte, die aber doch auch hier, wie in Wien, von den hoͤhern Klaſſen beſucht wird — ich meyne die Hetze *). Man giebt ſie hier eben- *) Vergl. Berl. Monatsſchrift, Juny. 1792. S. 572. fg.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/44>, abgerufen am 25.04.2024.