Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Stimmen hat, so trift man den schon oft er-
wähnten Mittelweg; die Gönner beyder Par-
teyen vereinigen sich, indem sie wohl wissen,
was wechselsweise ihre Ueberzeugung lenkt;
man schränkt die Forderungen beyder ein, und
ein Gutachten nebst einer Entscheidung, die
nichts entscheidet, ist fertig. Dieß war die
dritte Handlung.

Die vierte Handlung, die neue Angst, Ar-
beit und Geldausgaben im Gefolge hat, ist der
Vortrag jenes Gutachtens und der Entschei-
dung des Ausschusses, am Reichstage selbst.
Hier muß man an Stimmen noch zu gewin-
nen suchen, was man gewinnen kann. Dieje-
nigen Boten, die man bey der Einleitung und
Untersuchung seiner Sache nicht bedurfte, be-
darf man jetzt bey deren Entscheidung, da der
Unbedeutendste ein höchst wichtiges Talent,
seine Stimme, hat. Man muß jeden per-
sönlich besuchen, sprechen, durch Worte und
Geschenke überreden. Die Thätigkeit der Sol-
licitanten ersteigt jetzt ihren höchsten Grad.

Stimmen hat, ſo trift man den ſchon oft er-
waͤhnten Mittelweg; die Goͤnner beyder Par-
teyen vereinigen ſich, indem ſie wohl wiſſen,
was wechſelsweiſe ihre Ueberzeugung lenkt;
man ſchraͤnkt die Forderungen beyder ein, und
ein Gutachten nebſt einer Entſcheidung, die
nichts entſcheidet, iſt fertig. Dieß war die
dritte Handlung.

Die vierte Handlung, die neue Angſt, Ar-
beit und Geldausgaben im Gefolge hat, iſt der
Vortrag jeneſ Gutachtens und der Entſchei-
dung des Ausſchuſſes, am Reichstage ſelbſt.
Hier muß man an Stimmen noch zu gewin-
nen ſuchen, was man gewinnen kann. Dieje-
nigen Boten, die man bey der Einleitung und
Unterſuchung ſeiner Sache nicht bedurfte, be-
darf man jetzt bey deren Entſcheidung, da der
Unbedeutendſte ein hoͤchſt wichtiges Talent,
ſeine Stimme, hat. Man muß jeden per-
ſoͤnlich beſuchen, ſprechen, durch Worte und
Geſchenke uͤberreden. Die Thaͤtigkeit der Sol-
licitanten erſteigt jetzt ihren hoͤchſten Grad.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="178"/>
Stimmen hat, &#x017F;o trift man den &#x017F;chon oft er-<lb/>
wa&#x0364;hnten Mittelweg; die Go&#x0364;nner beyder Par-<lb/>
teyen vereinigen &#x017F;ich, indem &#x017F;ie wohl wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
was wech&#x017F;elswei&#x017F;e ihre Ueberzeugung lenkt;<lb/>
man &#x017F;chra&#x0364;nkt die Forderungen beyder ein, und<lb/>
ein Gutachten neb&#x017F;t einer Ent&#x017F;cheidung, die<lb/>
nichts ent&#x017F;cheidet, i&#x017F;t fertig. Dieß war die<lb/>
dritte Handlung.</p><lb/>
        <p>Die vierte Handlung, die neue Ang&#x017F;t, Ar-<lb/>
beit und Geldausgaben im Gefolge hat, i&#x017F;t der<lb/>
Vortrag jene&#x017F; Gutachtens und der Ent&#x017F;chei-<lb/>
dung des Aus&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es, am Reichstage &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Hier muß man an Stimmen noch zu gewin-<lb/>
nen &#x017F;uchen, was man gewinnen kann. Dieje-<lb/>
nigen Boten, die man bey der Einleitung und<lb/>
Unter&#x017F;uchung &#x017F;einer Sache nicht bedurfte, be-<lb/>
darf man jetzt bey deren Ent&#x017F;cheidung, da der<lb/>
Unbedeutend&#x017F;te ein ho&#x0364;ch&#x017F;t wichtiges Talent,<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;eine Stimme</hi>, hat. Man muß jeden per-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;nlich be&#x017F;uchen, &#x017F;prechen, durch Worte und<lb/>
Ge&#x017F;chenke u&#x0364;berreden. Die Tha&#x0364;tigkeit der Sol-<lb/>
licitanten er&#x017F;teigt jetzt ihren ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grad.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0188] Stimmen hat, ſo trift man den ſchon oft er- waͤhnten Mittelweg; die Goͤnner beyder Par- teyen vereinigen ſich, indem ſie wohl wiſſen, was wechſelsweiſe ihre Ueberzeugung lenkt; man ſchraͤnkt die Forderungen beyder ein, und ein Gutachten nebſt einer Entſcheidung, die nichts entſcheidet, iſt fertig. Dieß war die dritte Handlung. Die vierte Handlung, die neue Angſt, Ar- beit und Geldausgaben im Gefolge hat, iſt der Vortrag jeneſ Gutachtens und der Entſchei- dung des Ausſchuſſes, am Reichstage ſelbſt. Hier muß man an Stimmen noch zu gewin- nen ſuchen, was man gewinnen kann. Dieje- nigen Boten, die man bey der Einleitung und Unterſuchung ſeiner Sache nicht bedurfte, be- darf man jetzt bey deren Entſcheidung, da der Unbedeutendſte ein hoͤchſt wichtiges Talent, ſeine Stimme, hat. Man muß jeden per- ſoͤnlich beſuchen, ſprechen, durch Worte und Geſchenke uͤberreden. Die Thaͤtigkeit der Sol- licitanten erſteigt jetzt ihren hoͤchſten Grad.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/188
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/188>, abgerufen am 16.02.2025.