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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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größesten Theil ihrer Zeit; die jüngern, die
noch keine Hauptrollen spielen können, finden
kein Vergnügen an den Arbeiten, die ihrer
Eitelkeit nicht schmeicheln; die eingeschränktern
brauchen zum ["]Ja" sagen keine Vorbereitung;
die fleißigen und unterrichteten, auf die alle
Arbeit zurückfällt, erliegen darunter und ge-
ben sie aus Mißmuth entweder ganz auf, oder
vertrauen sie Advokaten, Abbees oder andern
vermeinten geschickten Männern an, die nur
die Bezahlung dafür im Auge haben und dar-
über hin pfuschen. Alle sind, bey der allge-
meinen Erziehung, bey der gemächlichen Art,
die Geschäfte zu treiben, die einmal herge-
bracht ist, zu anhaltenden Arbeiten, die Samm-
lung und Nachdenken, oder auch nur Stille-
sitzen erfordern, nie gewöhnt worden. Selbst
der glückliche Vorzug in ihrer geistigen Orga-
nisation, daß sie alle Dinge schnell fassen,
vergrößert den Schaden, indem sie durch einen
raschen Ueberblick auch von Gegenständen sich
unterrichten wollen, in deren innere Bestand-

groͤßeſten Theil ihrer Zeit; die juͤngern, die
noch keine Hauptrollen ſpielen koͤnnen, finden
kein Vergnuͤgen an den Arbeiten, die ihrer
Eitelkeit nicht ſchmeicheln; die eingeſchraͤnktern
brauchen zum [„]Ja“ ſagen keine Vorbereitung;
die fleißigen und unterrichteten, auf die alle
Arbeit zuruͤckfaͤllt, erliegen darunter und ge-
ben ſie aus Mißmuth entweder ganz auf, oder
vertrauen ſie Advokaten, Abbees oder andern
vermeinten geſchickten Maͤnnern an, die nur
die Bezahlung dafuͤr im Auge haben und dar-
uͤber hin pfuſchen. Alle ſind, bey der allge-
meinen Erziehung, bey der gemaͤchlichen Art,
die Geſchaͤfte zu treiben, die einmal herge-
bracht iſt, zu anhaltenden Arbeiten, die Samm-
lung und Nachdenken, oder auch nur Stille-
ſitzen erfordern, nie gewoͤhnt worden. Selbſt
der gluͤckliche Vorzug in ihrer geiſtigen Orga-
niſation, daß ſie alle Dinge ſchnell faſſen,
vergroͤßert den Schaden, indem ſie durch einen
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[158/0168] groͤßeſten Theil ihrer Zeit; die juͤngern, die noch keine Hauptrollen ſpielen koͤnnen, finden kein Vergnuͤgen an den Arbeiten, die ihrer Eitelkeit nicht ſchmeicheln; die eingeſchraͤnktern brauchen zum „Ja“ ſagen keine Vorbereitung; die fleißigen und unterrichteten, auf die alle Arbeit zuruͤckfaͤllt, erliegen darunter und ge- ben ſie aus Mißmuth entweder ganz auf, oder vertrauen ſie Advokaten, Abbees oder andern vermeinten geſchickten Maͤnnern an, die nur die Bezahlung dafuͤr im Auge haben und dar- uͤber hin pfuſchen. Alle ſind, bey der allge- meinen Erziehung, bey der gemaͤchlichen Art, die Geſchaͤfte zu treiben, die einmal herge- bracht iſt, zu anhaltenden Arbeiten, die Samm- lung und Nachdenken, oder auch nur Stille- ſitzen erfordern, nie gewoͤhnt worden. Selbſt der gluͤckliche Vorzug in ihrer geiſtigen Orga- niſation, daß ſie alle Dinge ſchnell faſſen, vergroͤßert den Schaden, indem ſie durch einen raſchen Ueberblick auch von Gegenſtaͤnden ſich unterrichten wollen, in deren innere Beſtand-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/168>, abgerufen am 06.05.2024.