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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Jch hole noch einige Unterhaltungen nach,
welche der großen Welt in Warschau mehr
oder weniger nothwendig geworden sind.

Das Schauspiel füllt bey ihr wöchent-
lich einige Stunden aus. Jch sage: wöchent-
lich, weil es, wegen des Gedränges anderer
Vergnügungen, nicht täglich von ihr besucht
werden kann. Als Sammelplatz der Societät
wird es benutzt, wie anderwärts: zum Sehen,
zum Gesehenwerden und zu Bestellungen von
der jungen und mitteljährigen Welt, zum wirk-
lichen Zeitvertreib und Genuß, und nebenher
zum Beobachten und Beurtheilen, von der al-
ten. Jene sehen es fast nur als die Gelegen-
heit an, ihre und ihrer Modenhändlerinnen
Kunst in Erhöhung und Verbesserung der Na-
tur, zu zeigen, und als einen Standpunkt,
der durch Nähe oder Entfernung, durch Höhe
oder Tiefe, durch Licht oder Dunkel, sehr ge-
schickt wird, zu blenden oder zu rühren, Sehn-
sucht oder Neugier zu erwecken, und dem

Jch hole noch einige Unterhaltungen nach,
welche der großen Welt in Warſchau mehr
oder weniger nothwendig geworden ſind.

Das Schauſpiel fuͤllt bey ihr woͤchent-
lich einige Stunden aus. Jch ſage: woͤchent-
lich, weil es, wegen des Gedraͤnges anderer
Vergnuͤgungen, nicht taͤglich von ihr beſucht
werden kann. Als Sammelplatz der Societaͤt
wird es benutzt, wie anderwaͤrts: zum Sehen,
zum Geſehenwerden und zu Beſtellungen von
der jungen und mitteljaͤhrigen Welt, zum wirk-
lichen Zeitvertreib und Genuß, und nebenher
zum Beobachten und Beurtheilen, von der al-
ten. Jene ſehen es faſt nur als die Gelegen-
heit an, ihre und ihrer Modenhaͤndlerinnen
Kunſt in Erhoͤhung und Verbeſſerung der Na-
tur, zu zeigen, und als einen Standpunkt,
der durch Naͤhe oder Entfernung, durch Hoͤhe
oder Tiefe, durch Licht oder Dunkel, ſehr ge-
ſchickt wird, zu blenden oder zu ruͤhren, Sehn-
ſucht oder Neugier zu erwecken, und dem

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[4/0014] Jch hole noch einige Unterhaltungen nach, welche der großen Welt in Warſchau mehr oder weniger nothwendig geworden ſind. Das Schauſpiel fuͤllt bey ihr woͤchent- lich einige Stunden aus. Jch ſage: woͤchent- lich, weil es, wegen des Gedraͤnges anderer Vergnuͤgungen, nicht taͤglich von ihr beſucht werden kann. Als Sammelplatz der Societaͤt wird es benutzt, wie anderwaͤrts: zum Sehen, zum Geſehenwerden und zu Beſtellungen von der jungen und mitteljaͤhrigen Welt, zum wirk- lichen Zeitvertreib und Genuß, und nebenher zum Beobachten und Beurtheilen, von der al- ten. Jene ſehen es faſt nur als die Gelegen- heit an, ihre und ihrer Modenhaͤndlerinnen Kunſt in Erhoͤhung und Verbeſſerung der Na- tur, zu zeigen, und als einen Standpunkt, der durch Naͤhe oder Entfernung, durch Hoͤhe oder Tiefe, durch Licht oder Dunkel, ſehr ge- ſchickt wird, zu blenden oder zu ruͤhren, Sehn- ſucht oder Neugier zu erwecken, und dem

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/14>, abgerufen am 26.04.2024.