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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Unterdessen entsetzte der Konvokations-
Reichstag, der sich für den ächten Stellver-
treter der Nation erklärte, den Kron-Groß-
marschall Bielinski seiner Würde, weil er, in-
dem er den Reichstag für zerrissen erklärte,
seine Wache zur Besetzung des Versammlungs-
saales verweigert hatte; eben so verlor ein paar
Tage nachher der Großfeldherr selbst seine Wür-
de, auf die vierfache Anklage, daß er die Un-
terhaltung und Zucht der Armee vernachläßigt,
die Gränzen nicht gedeckt, Truppen bey Grau-
denz zusammen gezogen, um seine Privatrache
zu befriedigen, und daß er die Republik ver-
lassen habe, zu einer Zeit, wo sie sich hätte
einmüthig einen König wählen können, ohne
auswärtige Mächte dabey um Beystand zu bit-
ten. Zugleich wurde der Woiwode von Ruß-
land, Fürst Czartoryski, Vater des Prinzen
Adam, zum Regimentar *) der Armee, er-
wählt, und er leistete der Republik den Eyd

*) S. oben Zweytes Heft, S. 75.

Unterdeſſen entſetzte der Konvokations-
Reichstag, der ſich fuͤr den aͤchten Stellver-
treter der Nation erklaͤrte, den Kron-Groß-
marſchall Bielinski ſeiner Wuͤrde, weil er, in-
dem er den Reichstag fuͤr zerriſſen erklaͤrte,
ſeine Wache zur Beſetzung des Verſammlungs-
ſaales verweigert hatte; eben ſo verlor ein paar
Tage nachher der Großfeldherr ſelbſt ſeine Wuͤr-
de, auf die vierfache Anklage, daß er die Un-
terhaltung und Zucht der Armee vernachlaͤßigt,
die Graͤnzen nicht gedeckt, Truppen bey Grau-
denz zuſammen gezogen, um ſeine Privatrache
zu befriedigen, und daß er die Republik ver-
laſſen habe, zu einer Zeit, wo ſie ſich haͤtte
einmuͤthig einen Koͤnig waͤhlen koͤnnen, ohne
auswaͤrtige Maͤchte dabey um Beyſtand zu bit-
ten. Zugleich wurde der Woiwode von Ruß-
land, Fuͤrſt Czartoryski, Vater des Prinzen
Adam, zum Regimentar *) der Armee, er-
waͤhlt, und er leiſtete der Republik den Eyd

*) S. oben Zweytes Heft, S. 75.
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[126/0136] Unterdeſſen entſetzte der Konvokations- Reichstag, der ſich fuͤr den aͤchten Stellver- treter der Nation erklaͤrte, den Kron-Groß- marſchall Bielinski ſeiner Wuͤrde, weil er, in- dem er den Reichstag fuͤr zerriſſen erklaͤrte, ſeine Wache zur Beſetzung des Verſammlungs- ſaales verweigert hatte; eben ſo verlor ein paar Tage nachher der Großfeldherr ſelbſt ſeine Wuͤr- de, auf die vierfache Anklage, daß er die Un- terhaltung und Zucht der Armee vernachlaͤßigt, die Graͤnzen nicht gedeckt, Truppen bey Grau- denz zuſammen gezogen, um ſeine Privatrache zu befriedigen, und daß er die Republik ver- laſſen habe, zu einer Zeit, wo ſie ſich haͤtte einmuͤthig einen Koͤnig waͤhlen koͤnnen, ohne auswaͤrtige Maͤchte dabey um Beyſtand zu bit- ten. Zugleich wurde der Woiwode von Ruß- land, Fuͤrſt Czartoryski, Vater des Prinzen Adam, zum Regimentar *) der Armee, er- waͤhlt, und er leiſtete der Republik den Eyd *) S. oben Zweytes Heft, S. 75.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/136>, abgerufen am 07.05.2024.