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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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Krakau die reichsten. Vor Zeiten konnten sie,
ohne Ausnahme, die Kanzlerwürde bekleiden,
jetzt sind die vordern davon ausgeschlossen, sie
müßten denn ihr höheres und reicheres Biß-
thum gegen ein niederes und minder reiches
vertauschen, was nicht selten der Fall gewesen
ist; aber eben so oft ist es geschehen, daß ein
Bischof, der Kanzler war, diese Stelle nie-
derlegte, wenn er zu einem der höheren Biß-
thümer vorrückte. Sie können Koadjutoren
haben, aber diese sind nicht Senatoren; der
immerwährende Rath bewilligt und setzt sie
ihnen, wenn sie Alters oder Krankheitshalber
darum anhalten; sie haben auch Weihbischöfe,
die sie selbst anstellen, die aber keine Ansprüche
auf das Bißthum haben. Drei von ihnen
(den Primas eingeschlossen) haben Sitz und
Stimme im immerwährenden Rathe; aber
sie ziehen dafür keine Besoldung, eben so we-
nig als der Primas und die Minister. Uebri-
gens haben sie in dem, zu ihren Bißthümern
gehörigen Gebiete, die Vorrechte und Frei-

Krakau die reichſten. Vor Zeiten konnten ſie,
ohne Ausnahme, die Kanzlerwuͤrde bekleiden,
jetzt ſind die vordern davon ausgeſchloſſen, ſie
muͤßten denn ihr hoͤheres und reicheres Biß-
thum gegen ein niederes und minder reiches
vertauſchen, was nicht ſelten der Fall geweſen
iſt; aber eben ſo oft iſt es geſchehen, daß ein
Biſchof, der Kanzler war, dieſe Stelle nie-
derlegte, wenn er zu einem der hoͤheren Biß-
thuͤmer vorruͤckte. Sie koͤnnen Koadjutoren
haben, aber dieſe ſind nicht Senatoren; der
immerwaͤhrende Rath bewilligt und ſetzt ſie
ihnen, wenn ſie Alters oder Krankheitshalber
darum anhalten; ſie haben auch Weihbiſchoͤfe,
die ſie ſelbſt anſtellen, die aber keine Anſpruͤche
auf das Bißthum haben. Drei von ihnen
(den Primas eingeſchloſſen) haben Sitz und
Stimme im immerwaͤhrenden Rathe; aber
ſie ziehen dafuͤr keine Beſoldung, eben ſo we-
nig als der Primas und die Miniſter. Uebri-
gens haben ſie in dem, zu ihren Bißthuͤmern
gehoͤrigen Gebiete, die Vorrechte und Frei-

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[38/0048] Krakau die reichſten. Vor Zeiten konnten ſie, ohne Ausnahme, die Kanzlerwuͤrde bekleiden, jetzt ſind die vordern davon ausgeſchloſſen, ſie muͤßten denn ihr hoͤheres und reicheres Biß- thum gegen ein niederes und minder reiches vertauſchen, was nicht ſelten der Fall geweſen iſt; aber eben ſo oft iſt es geſchehen, daß ein Biſchof, der Kanzler war, dieſe Stelle nie- derlegte, wenn er zu einem der hoͤheren Biß- thuͤmer vorruͤckte. Sie koͤnnen Koadjutoren haben, aber dieſe ſind nicht Senatoren; der immerwaͤhrende Rath bewilligt und ſetzt ſie ihnen, wenn ſie Alters oder Krankheitshalber darum anhalten; ſie haben auch Weihbiſchoͤfe, die ſie ſelbſt anſtellen, die aber keine Anſpruͤche auf das Bißthum haben. Drei von ihnen (den Primas eingeſchloſſen) haben Sitz und Stimme im immerwaͤhrenden Rathe; aber ſie ziehen dafuͤr keine Beſoldung, eben ſo we- nig als der Primas und die Miniſter. Uebri- gens haben ſie in dem, zu ihren Bißthuͤmern gehoͤrigen Gebiete, die Vorrechte und Frei-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/48>, abgerufen am 25.04.2024.