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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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wegen, nicht nöthig; es ist sogar, aus eben
der Ursache, üblich, sich wenig um den Für-
sten zu bekümmern und ihn mit einem ge-
wissen stolzen Selbstgefühle zu behandeln.
Wenn man sich diesen Ton gegen den jetzigen
König seltener erlaubt, so hat er es nicht
seiner Würde als König zu danken, sondern
bloß seinen höchst liebenswürdigen Manieren
und Eigenschaften als Privatmann, und sei-
nem feinen, überaus geschickten Benehmen als
Menschenkenner.

Mit den englischen Großen und Reichen
haben die polnischen dies gemein, daß sie viel
auf Pferde und Fuhrwerk halten, hohes
Spiel lieben, gerne für Herkules bei den
Weibern gelten, gern viel essen und trinken
mögen; aber der Hang zum Wetten, zum
Anbau prächtiger Landsitze; (die man freilich
in Polen nicht so häufig aufsuchen würde,
um sie zu -- besehen) das Streben nach der
üppigsten Bequemlichkeit, nach Einfalt in der
Kleidung; ein kaltes Benehmen und Begün-

Zweites Heft. M

wegen, nicht noͤthig; es iſt ſogar, aus eben
der Urſache, uͤblich, ſich wenig um den Fuͤr-
ſten zu bekuͤmmern und ihn mit einem ge-
wiſſen ſtolzen Selbſtgefuͤhle zu behandeln.
Wenn man ſich dieſen Ton gegen den jetzigen
Koͤnig ſeltener erlaubt, ſo hat er es nicht
ſeiner Wuͤrde als Koͤnig zu danken, ſondern
bloß ſeinen hoͤchſt liebenswuͤrdigen Manieren
und Eigenſchaften als Privatmann, und ſei-
nem feinen, uͤberaus geſchickten Benehmen als
Menſchenkenner.

Mit den engliſchen Großen und Reichen
haben die polniſchen dies gemein, daß ſie viel
auf Pferde und Fuhrwerk halten, hohes
Spiel lieben, gerne fuͤr Herkules bei den
Weibern gelten, gern viel eſſen und trinken
moͤgen; aber der Hang zum Wetten, zum
Anbau praͤchtiger Landſitze; (die man freilich
in Polen nicht ſo haͤufig aufſuchen wuͤrde,
um ſie zu — beſehen) das Streben nach der
uͤppigſten Bequemlichkeit, nach Einfalt in der
Kleidung; ein kaltes Benehmen und Beguͤn-

Zweites Heft. M
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[177/0187] wegen, nicht noͤthig; es iſt ſogar, aus eben der Urſache, uͤblich, ſich wenig um den Fuͤr- ſten zu bekuͤmmern und ihn mit einem ge- wiſſen ſtolzen Selbſtgefuͤhle zu behandeln. Wenn man ſich dieſen Ton gegen den jetzigen Koͤnig ſeltener erlaubt, ſo hat er es nicht ſeiner Wuͤrde als Koͤnig zu danken, ſondern bloß ſeinen hoͤchſt liebenswuͤrdigen Manieren und Eigenſchaften als Privatmann, und ſei- nem feinen, uͤberaus geſchickten Benehmen als Menſchenkenner. Mit den engliſchen Großen und Reichen haben die polniſchen dies gemein, daß ſie viel auf Pferde und Fuhrwerk halten, hohes Spiel lieben, gerne fuͤr Herkules bei den Weibern gelten, gern viel eſſen und trinken moͤgen; aber der Hang zum Wetten, zum Anbau praͤchtiger Landſitze; (die man freilich in Polen nicht ſo haͤufig aufſuchen wuͤrde, um ſie zu — beſehen) das Streben nach der uͤppigſten Bequemlichkeit, nach Einfalt in der Kleidung; ein kaltes Benehmen und Beguͤn- Zweites Heft. M

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/187>, abgerufen am 03.05.2024.