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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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an dem Brunnen waschen, die Kleider des
Herrn auspochen, das niedliche Schlafgemach
der Frau in Ordnung bringen: alles mit den-
selben Händen, in demselben Kittel oder Pelze,
in denselben bloßen, oder mit Fetzen umwun-
denen Füßen, eben so ungewaschen und unge-
kämmt, wie sie im Stalle, vor den Oefen,
im Straßenkothe beschäftigt sind.

Solcher Feinde aller Sauberkeit findet man
in jedem großen Hause sechs bis acht; und sie
sind sich ihrer Umgebungen so wenig bewußt,
daß sie, bey ihren Beschäftigungen, durch die
Versammlungen in den Vorzimmern ohne Arg
durchdringen und, wie man denken kann,
überall gebahnten Weg finden. Gewöhnlich
sind sie gegen zehn Uhr des Morgens schon be-
trunken, und die Fehler, die sie in diesem Zu-
stande begehen, werden von dem ersten dem
besten bestraft, der sich die Mühe nehmen will,
sie zu züchtigen, vom Stallknecht an, bis zum
Marschall. Zuweilen liegen sie, ihrer Sinne
beraubt, stundenlang in einem Winkel des Pal-

an dem Brunnen waſchen, die Kleider des
Herrn auspochen, das niedliche Schlafgemach
der Frau in Ordnung bringen: alles mit den-
ſelben Haͤnden, in demſelben Kittel oder Pelze,
in denſelben bloßen, oder mit Fetzen umwun-
denen Fuͤßen, eben ſo ungewaſchen und unge-
kaͤmmt, wie ſie im Stalle, vor den Oefen,
im Straßenkothe beſchaͤftigt ſind.

Solcher Feinde aller Sauberkeit findet man
in jedem großen Hauſe ſechs bis acht; und ſie
ſind ſich ihrer Umgebungen ſo wenig bewußt,
daß ſie, bey ihren Beſchaͤftigungen, durch die
Verſammlungen in den Vorzimmern ohne Arg
durchdringen und, wie man denken kann,
uͤberall gebahnten Weg finden. Gewoͤhnlich
ſind ſie gegen zehn Uhr des Morgens ſchon be-
trunken, und die Fehler, die ſie in dieſem Zu-
ſtande begehen, werden von dem erſten dem
beſten beſtraft, der ſich die Muͤhe nehmen will,
ſie zu zuͤchtigen, vom Stallknecht an, bis zum
Marſchall. Zuweilen liegen ſie, ihrer Sinne
beraubt, ſtundenlang in einem Winkel des Pal-

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[137/0147] an dem Brunnen waſchen, die Kleider des Herrn auspochen, das niedliche Schlafgemach der Frau in Ordnung bringen: alles mit den- ſelben Haͤnden, in demſelben Kittel oder Pelze, in denſelben bloßen, oder mit Fetzen umwun- denen Fuͤßen, eben ſo ungewaſchen und unge- kaͤmmt, wie ſie im Stalle, vor den Oefen, im Straßenkothe beſchaͤftigt ſind. Solcher Feinde aller Sauberkeit findet man in jedem großen Hauſe ſechs bis acht; und ſie ſind ſich ihrer Umgebungen ſo wenig bewußt, daß ſie, bey ihren Beſchaͤftigungen, durch die Verſammlungen in den Vorzimmern ohne Arg durchdringen und, wie man denken kann, uͤberall gebahnten Weg finden. Gewoͤhnlich ſind ſie gegen zehn Uhr des Morgens ſchon be- trunken, und die Fehler, die ſie in dieſem Zu- ſtande begehen, werden von dem erſten dem beſten beſtraft, der ſich die Muͤhe nehmen will, ſie zu zuͤchtigen, vom Stallknecht an, bis zum Marſchall. Zuweilen liegen ſie, ihrer Sinne beraubt, ſtundenlang in einem Winkel des Pal-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/147>, abgerufen am 21.11.2024.