was er mitbringt oder erwirbt, auf diesem Flecke erbauet, gehört ihm; mithin hat der Edelmann kein Recht darauf und eben deshalb auch nicht auf seine Person; aber der Boden bleibt sein und von dieser Seite bleibt er des Bürgers Herr. Der Unterschied zwischen sei- nem Bauer und seinem Bürger ist also der: ersterem giebt er Boden, Material und Werkzeug zu seiner Erhaltung, letzterem nur den Boden, worauf er sein Material und sein Werkzeug legen und stellen kann; erste- rer hat gar kein Eigenthum, vertauscht also seine Freiheit für seine Erhaltung; letzterer hat ein Eigenthum, kann also die Sicherheit desselben von dem fordern, in dessen Gebiet er es, nebst seiner Person, bringt, und dem er für die Stelle, die er damit einnimmt, einen verabredeten Schoß bezahlt, indem er zugleich die Vorrechte anerkennt, welche die Besitzer des Bodens hier zu Lande haben. Jn diesem Verhältnisse steht denn auch wirklich der ade- liche Bürger mit seinem Herrn, oder vielmehr
was er mitbringt oder erwirbt, auf dieſem Flecke erbauet, gehoͤrt ihm; mithin hat der Edelmann kein Recht darauf und eben deshalb auch nicht auf ſeine Perſon; aber der Boden bleibt ſein und von dieſer Seite bleibt er des Buͤrgers Herr. Der Unterſchied zwiſchen ſei- nem Bauer und ſeinem Buͤrger iſt alſo der: erſterem giebt er Boden, Material und Werkzeug zu ſeiner Erhaltung, letzterem nur den Boden, worauf er ſein Material und ſein Werkzeug legen und ſtellen kann; erſte- rer hat gar kein Eigenthum, vertauſcht alſo ſeine Freiheit fuͤr ſeine Erhaltung; letzterer hat ein Eigenthum, kann alſo die Sicherheit deſſelben von dem fordern, in deſſen Gebiet er es, nebſt ſeiner Perſon, bringt, und dem er fuͤr die Stelle, die er damit einnimmt, einen verabredeten Schoß bezahlt, indem er zugleich die Vorrechte anerkennt, welche die Beſitzer des Bodens hier zu Lande haben. Jn dieſem Verhaͤltniſſe ſteht denn auch wirklich der ade- liche Buͤrger mit ſeinem Herrn, oder vielmehr
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0112"n="102"/>
was er mitbringt oder erwirbt, auf dieſem<lb/>
Flecke erbauet, gehoͤrt ihm; mithin hat der<lb/>
Edelmann kein Recht darauf und eben deshalb<lb/>
auch nicht auf ſeine Perſon; aber der Boden<lb/>
bleibt ſein und von dieſer Seite bleibt er des<lb/>
Buͤrgers Herr. Der Unterſchied zwiſchen ſei-<lb/>
nem Bauer und ſeinem Buͤrger iſt alſo der:<lb/>
erſterem giebt er <hirendition="#g">Boden</hi>, <hirendition="#g">Material</hi> und<lb/><hirendition="#g">Werkzeug</hi> zu ſeiner Erhaltung, letzterem nur<lb/>
den <hirendition="#g">Boden</hi>, worauf er <hirendition="#g">ſein</hi> Material und<lb/><hirendition="#g">ſein</hi> Werkzeug legen und ſtellen kann; erſte-<lb/>
rer hat gar kein Eigenthum, vertauſcht alſo<lb/>ſeine Freiheit fuͤr ſeine Erhaltung; letzterer<lb/>
hat ein Eigenthum, kann alſo die Sicherheit<lb/>
deſſelben von dem fordern, in deſſen Gebiet er<lb/>
es, nebſt ſeiner Perſon, bringt, und dem er<lb/>
fuͤr die Stelle, die er damit einnimmt, einen<lb/>
verabredeten Schoß bezahlt, indem er zugleich<lb/>
die Vorrechte anerkennt, welche die Beſitzer<lb/>
des Bodens hier zu Lande haben. Jn dieſem<lb/>
Verhaͤltniſſe ſteht denn auch wirklich der ade-<lb/>
liche Buͤrger mit ſeinem Herrn, oder vielmehr<lb/></p></div></body></text></TEI>
[102/0112]
was er mitbringt oder erwirbt, auf dieſem
Flecke erbauet, gehoͤrt ihm; mithin hat der
Edelmann kein Recht darauf und eben deshalb
auch nicht auf ſeine Perſon; aber der Boden
bleibt ſein und von dieſer Seite bleibt er des
Buͤrgers Herr. Der Unterſchied zwiſchen ſei-
nem Bauer und ſeinem Buͤrger iſt alſo der:
erſterem giebt er Boden, Material und
Werkzeug zu ſeiner Erhaltung, letzterem nur
den Boden, worauf er ſein Material und
ſein Werkzeug legen und ſtellen kann; erſte-
rer hat gar kein Eigenthum, vertauſcht alſo
ſeine Freiheit fuͤr ſeine Erhaltung; letzterer
hat ein Eigenthum, kann alſo die Sicherheit
deſſelben von dem fordern, in deſſen Gebiet er
es, nebſt ſeiner Perſon, bringt, und dem er
fuͤr die Stelle, die er damit einnimmt, einen
verabredeten Schoß bezahlt, indem er zugleich
die Vorrechte anerkennt, welche die Beſitzer
des Bodens hier zu Lande haben. Jn dieſem
Verhaͤltniſſe ſteht denn auch wirklich der ade-
liche Buͤrger mit ſeinem Herrn, oder vielmehr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/112>, abgerufen am 01.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.