Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.nicht befriedigend. Rechnungen - Rechnungen! Er hütete sich, die bereits von außen unliebsam erkennbaren Dokumente zu öffnen, noch einmal Rechnungen, und zum Schluß ein Brief von seinem Advokaten mit einer unangenehmen Nachricht in betreff des großen Familienprozesses. Ein Diener in Livree mit einer recht verschossenen goldknöpfigen roten Weste trat aus dem Schloß an Annie heran und meldete: "Ihre gräflichen Gnaden ließen Komtesse fragen, ob keine Briefe für Ihre gräflichen Gnaden angekommen seien?" Annie sichtete noch einmal Zeitungen und Briefschaften. Ja, ein Brief war da, einer in einem großen, dicken, weißen, unangenehm stark parfümierten Umschlag, der mit einem von einer neunspitzigen Krone überschwebten Monogramm verziert war. Den sandte Annie durch den Lakaien mit der roten Weste an die Tante. Der alte Herr war jetzt noch verstimmter als früher. Alle Tage zählte er die Stunden, bis die Post kam, und alle Tage erwartete er von der Post eine angenehme Überraschung. Aber die Post brachte nie etwas Gutes. Er sah sich nach Annie um. Aber mit Annie, die doch immer einen scherzenden Trost, einen kleinen Aufmischer für ihn in Bereitschaft hatte, war's heute auch nicht weit her. Was hatte das Mädel nur? Sie konnte sich doch nicht am Ende doch nicht befriedigend. Rechnungen – Rechnungen! Er hütete sich, die bereits von außen unliebsam erkennbaren Dokumente zu öffnen, noch einmal Rechnungen, und zum Schluß ein Brief von seinem Advokaten mit einer unangenehmen Nachricht in betreff des großen Familienprozesses. Ein Diener in Livree mit einer recht verschossenen goldknöpfigen roten Weste trat aus dem Schloß an Annie heran und meldete: „Ihre gräflichen Gnaden ließen Komtesse fragen, ob keine Briefe für Ihre gräflichen Gnaden angekommen seien?“ Annie sichtete noch einmal Zeitungen und Briefschaften. Ja, ein Brief war da, einer in einem großen, dicken, weißen, unangenehm stark parfümierten Umschlag, der mit einem von einer neunspitzigen Krone überschwebten Monogramm verziert war. Den sandte Annie durch den Lakaien mit der roten Weste an die Tante. Der alte Herr war jetzt noch verstimmter als früher. Alle Tage zählte er die Stunden, bis die Post kam, und alle Tage erwartete er von der Post eine angenehme Überraschung. Aber die Post brachte nie etwas Gutes. Er sah sich nach Annie um. Aber mit Annie, die doch immer einen scherzenden Trost, einen kleinen Aufmischer für ihn in Bereitschaft hatte, war’s heute auch nicht weit her. Was hatte das Mädel nur? Sie konnte sich doch nicht am Ende doch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="81"/> nicht befriedigend. Rechnungen – Rechnungen! Er hütete sich, die bereits von außen unliebsam erkennbaren Dokumente zu öffnen, noch einmal Rechnungen, und zum Schluß ein Brief von seinem Advokaten mit einer unangenehmen Nachricht in betreff des großen Familienprozesses.</p> <p>Ein Diener in Livree mit einer recht verschossenen goldknöpfigen roten Weste trat aus dem Schloß an Annie heran und meldete: „Ihre gräflichen Gnaden ließen Komtesse fragen, ob keine Briefe für Ihre gräflichen Gnaden angekommen seien?“</p> <p>Annie sichtete noch einmal Zeitungen und Briefschaften. Ja, ein Brief war da, einer in einem großen, dicken, weißen, unangenehm stark parfümierten Umschlag, der mit einem von einer neunspitzigen Krone überschwebten Monogramm verziert war. Den sandte Annie durch den Lakaien mit der roten Weste an die Tante.</p> <p>Der alte Herr war jetzt noch verstimmter als früher. Alle Tage zählte er die Stunden, bis die Post kam, und alle Tage erwartete er von der Post eine angenehme Überraschung. Aber die Post brachte nie etwas Gutes. Er sah sich nach Annie um. Aber mit Annie, die doch immer einen scherzenden Trost, einen kleinen Aufmischer für ihn in Bereitschaft hatte, war’s heute auch nicht weit her. Was hatte das Mädel nur? Sie konnte sich doch nicht am Ende doch </p> </div> </body> </text> </TEI> [81/0081]
nicht befriedigend. Rechnungen – Rechnungen! Er hütete sich, die bereits von außen unliebsam erkennbaren Dokumente zu öffnen, noch einmal Rechnungen, und zum Schluß ein Brief von seinem Advokaten mit einer unangenehmen Nachricht in betreff des großen Familienprozesses.
Ein Diener in Livree mit einer recht verschossenen goldknöpfigen roten Weste trat aus dem Schloß an Annie heran und meldete: „Ihre gräflichen Gnaden ließen Komtesse fragen, ob keine Briefe für Ihre gräflichen Gnaden angekommen seien?“
Annie sichtete noch einmal Zeitungen und Briefschaften. Ja, ein Brief war da, einer in einem großen, dicken, weißen, unangenehm stark parfümierten Umschlag, der mit einem von einer neunspitzigen Krone überschwebten Monogramm verziert war. Den sandte Annie durch den Lakaien mit der roten Weste an die Tante.
Der alte Herr war jetzt noch verstimmter als früher. Alle Tage zählte er die Stunden, bis die Post kam, und alle Tage erwartete er von der Post eine angenehme Überraschung. Aber die Post brachte nie etwas Gutes. Er sah sich nach Annie um. Aber mit Annie, die doch immer einen scherzenden Trost, einen kleinen Aufmischer für ihn in Bereitschaft hatte, war’s heute auch nicht weit her. Was hatte das Mädel nur? Sie konnte sich doch nicht am Ende doch
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