Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.wurde zum Brigadier ernannt und sah sich schweren Herzens veranlaßt, sein geliebtes Regiment verlassen und einen neuen Wirkungskreis in Preßburg antreten zu müssen. Nun, die Zeit wirkt Wunder. Baron Stahl hatte sein geliebtes Regiment entbehren gelernt, hatte sich in die glänzenden und gastfreundlichen ungarischen Verhältnisse eingelebt, aber einen wunden Punkt gab's für ihn in seiner Existenz, daß nämlich der ihm ehemals so freundschaftlich zugethane Adjutant nichts von sich hören ließ. Endlich eines Tages erhielt er die Todesanzeige des alten Grafen Swoyschin, von Zdenkos eigener Hand adressiert. Der Oberst setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb an seinen ehemaligen Liebling einen warmgefühlten Kondolenzbrief. Zur Antwort erhielt er ein Telegramm mit den Worten. "Herzlichen Dank für freundliche Teilnahme, Brief folgt. Aber der angekündigte Brief kam nie. Ein paar Tage lang erwartete der General mit Aufregung die Post, dann grämte er sich ein wenig, dann tröstete er sich mit dem Gedanken: "Armer Teufel, ich erinnere ihn an zu traurige Dinge, es mußte ihn aufregen, an mich zu schreiben," und endlich vergaß er es. wurde zum Brigadier ernannt und sah sich schweren Herzens veranlaßt, sein geliebtes Regiment verlassen und einen neuen Wirkungskreis in Preßburg antreten zu müssen. Nun, die Zeit wirkt Wunder. Baron Stahl hatte sein geliebtes Regiment entbehren gelernt, hatte sich in die glänzenden und gastfreundlichen ungarischen Verhältnisse eingelebt, aber einen wunden Punkt gab’s für ihn in seiner Existenz, daß nämlich der ihm ehemals so freundschaftlich zugethane Adjutant nichts von sich hören ließ. Endlich eines Tages erhielt er die Todesanzeige des alten Grafen Swoyschin, von Zdenkos eigener Hand adressiert. Der Oberst setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb an seinen ehemaligen Liebling einen warmgefühlten Kondolenzbrief. Zur Antwort erhielt er ein Telegramm mit den Worten. „Herzlichen Dank für freundliche Teilnahme, Brief folgt. Aber der angekündigte Brief kam nie. Ein paar Tage lang erwartete der General mit Aufregung die Post, dann grämte er sich ein wenig, dann tröstete er sich mit dem Gedanken: „Armer Teufel, ich erinnere ihn an zu traurige Dinge, es mußte ihn aufregen, an mich zu schreiben,“ und endlich vergaß er es. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="130"/> wurde zum Brigadier ernannt und sah sich schweren Herzens veranlaßt, sein geliebtes Regiment verlassen und einen neuen Wirkungskreis in Preßburg antreten zu müssen.</p> <p>Nun, die Zeit wirkt Wunder. Baron Stahl hatte sein geliebtes Regiment entbehren gelernt, hatte sich in die glänzenden und gastfreundlichen ungarischen Verhältnisse eingelebt, aber einen wunden Punkt gab’s für ihn in seiner Existenz, daß nämlich der ihm ehemals so freundschaftlich zugethane Adjutant nichts von sich hören ließ.</p> <p>Endlich eines Tages erhielt er die Todesanzeige des alten Grafen Swoyschin, von Zdenkos eigener Hand adressiert.</p> <p>Der Oberst setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb an seinen ehemaligen Liebling einen warmgefühlten Kondolenzbrief. Zur Antwort erhielt er ein Telegramm mit den Worten.</p> <p>„Herzlichen Dank für freundliche Teilnahme, Brief folgt.<lb/> Swoyschin.“</p> <p>Aber der angekündigte Brief kam nie. Ein paar Tage lang erwartete der General mit Aufregung die Post, dann grämte er sich ein wenig, dann tröstete er sich mit dem Gedanken: „Armer Teufel, ich erinnere ihn an zu traurige Dinge, es mußte ihn aufregen, an mich zu schreiben,“ und endlich vergaß er es.</p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0130]
wurde zum Brigadier ernannt und sah sich schweren Herzens veranlaßt, sein geliebtes Regiment verlassen und einen neuen Wirkungskreis in Preßburg antreten zu müssen.
Nun, die Zeit wirkt Wunder. Baron Stahl hatte sein geliebtes Regiment entbehren gelernt, hatte sich in die glänzenden und gastfreundlichen ungarischen Verhältnisse eingelebt, aber einen wunden Punkt gab’s für ihn in seiner Existenz, daß nämlich der ihm ehemals so freundschaftlich zugethane Adjutant nichts von sich hören ließ.
Endlich eines Tages erhielt er die Todesanzeige des alten Grafen Swoyschin, von Zdenkos eigener Hand adressiert.
Der Oberst setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb an seinen ehemaligen Liebling einen warmgefühlten Kondolenzbrief. Zur Antwort erhielt er ein Telegramm mit den Worten.
„Herzlichen Dank für freundliche Teilnahme, Brief folgt.
Swoyschin.“
Aber der angekündigte Brief kam nie. Ein paar Tage lang erwartete der General mit Aufregung die Post, dann grämte er sich ein wenig, dann tröstete er sich mit dem Gedanken: „Armer Teufel, ich erinnere ihn an zu traurige Dinge, es mußte ihn aufregen, an mich zu schreiben,“ und endlich vergaß er es.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |